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loyal-Ausgabe April 2024




Die Torheit der Regierenden

Editorial von Chefredakteur André Uzulis

Als Bundeskanzler Olaf Scholz neulich sein „Basta!“ in Sachen Taurus-Lieferungen an Kyjiw sprach und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Bundestag gar vom „Einfrieren“ des Kriegs fabulierte, griff ich nach langer Zeit wieder zu dem Buch „Die Torheit der Regierenden“ von Barbara Tuchman. Ich hatte es Ende der 1980er-Jahren als junger Student der Geschichte mit Begeisterung gelesen. Tuchman, eine der bedeutendsten Historikerinnen des 20. Jahrhunderts, weist darin nach, dass sich Unkenntnis, Ignoranz, Dummheit und ideologische Verbohrtheit – eben Torheit – wie ein roter Faden durch die Geschichte ziehen und Menschen und Mächte immer wieder ins Verderben stürzen. Wenn die Verantwortlichen in dieser und jener Situation aus der Vergangenheit gelernt und klug gehandelt hätten, wäre ihren Zeitgenossen viel Unheil erspart geblieben.

Die drei großen Kanzler der Bundesrepublik – Konrad Adenauer, Helmut Schmidt und Helmut Kohl – haben in ihren jeweiligen Amtszeiten mit Blick auf das große Ganze klug und geschichtsbewusst gehandelt: Adenauer, indem er die junge Bundesrepublik fest im Westen verankerte. Schmidt, indem er frühzeitig für den NATO-Doppelbeschluss von 1979 eintrat, was ihn in einen scharfen Konflikt mit seiner SPD brachte, der ihn schließlich sogar sein Amt kostete. Helmut Kohl, indem er den Moment der Geschichte erkannte, in dem die deutsche Wiedervereinigung möglich war – und entsprechend handelte.

Und heute? Durch die Invasion Russlands in die Ukraine ist die seit 1990 gültige Friedensordnung in Europa zerstört. Wladimir Putin rollt den Kontinent von Osten her auf, droht den westlichen Staaten mit Nuklearschlägen und träumt von einem russischen Großreich mit ihm als neuem Zaren. Wer etwas aus der Geschichte gelernt hat, tritt einem solchen Imperialismus mutig entgegen und schließt im Krieg gegen den Aggressor rein gar nichts aus. Das nennt man Strategische Ambiguität: Der Feind soll nicht wissen, was auf ihn zukommt. Dessen Kosten-Nutzen-Rechnung muss stets gegen ihn stehen, nur so dämmt man ihn ein. Der französische Präsident Emmanuel Macron handelt in diesem historisch vielfach verbürgten Sinne. Der deutsche Bundeskanzler und sein Fraktionschef tun es nicht. Sie haben Angst.

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Strategische Ambiguität heißt nicht, dass man tatsächlich Bodentruppen in die Ukraine schickt, wie Macron angedeutet hat. Aber Putin darf sich nicht sicher sein, dass es nicht doch passiert. Ebenso hätte Scholz in keinem Fall die Lieferung von Taurus an die Ukraine ausschließen dürfen, auch wenn er – vielleicht sogar aus gutem Grunde – nie liefern würde. Man zieht gegenüber einem Diktator keine roten Linien. Man redet sich nicht klein und schwach. Putin fürchtet diese einzige strategische Waffe Deutschlands, deswegen veröffentlichte er das abgehörte Gespräch mit hohen deutschen Luftwaffen-Offizieren. Er will Verwirrung stiften, und er hat damit bei der SPD Erfolg. Sonst würde der SPD-Fraktionschef nicht zum blanken Entsetzen seiner eigenen Koalitionspartner vom „Einfrieren“ des Krieges reden. Putin legt es als das aus, was es ist: Schwäche. Man stelle sich vor, Winston Churchill hätte 1940 Adolf Hitler ein „Einfrieren“ des Krieges vorgeschlagen. Wie wäre die Geschichte dann wohl verlaufen?

Barbara Tuchman, die amerikanische Historikerin, ist 1989 gestorben. Würde sie noch leben und sich die Aussagen des deutschen Bundeskanzlers und des SPD-Fraktionschefs anhören, käme sie im Sinne ihres Buches wohl nur zu einem Schluss: Sie sind geschichtsvergessen und töricht.


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