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loyal-Ausgabe Dezember 2023




Krieg im Nahen Osten

Editorial von Chefredakteur André Uzulis

Kürzlich zeigte die israelische Botschaft in Berlin Journalisten einen 43 Minuten langen Film mit zusammengeschnittenen Aufnahmen aus Bodycams von Hamas-Terroristen, Überwachungskameras, Handyvideos von Tätern und Opfern des Massakers vom 7. Oktober. Selbst abgebrühten Kriegsreportern gehen die Bilder nicht mehr aus dem Kopf, die sie gesehen haben. Die Bestialität der Verbrechen an Familien, an Babys und an Greisen macht sprachlos. Vor allem aber ist es der Jubel der Täter, ihr Stolz auf ihre Brutalität, die einen Zivilisationsbruch darstellen. Verrohung wurde wohl noch nie so gefeiert wie jetzt von der Hamas. Es ist daher verständlich, wenn Israelis sagen, ihre Armee kämpfe nicht gegen Terroristen, sondern gegen Monster.

Die Freude über das Foltern, Verstümmeln, Töten und Verschleppen von Zivilisten ist der barbarischste Aspekt des Kriegs der Hamas gegen Israel. Was sich im Nahen Osten abspielt, hat aber auch in anderer Hinsicht eine neue Qualität. Das gigantische Hamas-Tunnelsystem als Teil strategischer Kriegführung gehört dazu. Ebenso der systematische Missbrauch von Krankenhäusern, Krankenwagen und Moscheen sowie die Ruchlosigkeit, die eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Aus dem Jemen treten zudem plötzlich die Huthi-Rebellen als Akteure mit Mittelstreckenraketen gegen Israel auf den Plan. Auch das ist neu.

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Das Kalkül der Hamas, Israel werde auf die Grausamkeit des Verbrechens vom 7. Oktober blind vor Wut zurückschlagen, ist nicht aufgegangen. Die Führung in Israel hat wochenlang gewartet, analysiert, abgewogen, ehe sie in den Gaza­streifen einmarschierte. Für das israelische Vorgehen gibt es kaum ein Vorbild: In welchem Krieg ruft eine Armee schon bei Zivilisten an und fordert diese auf, sich vor einer Attacke in Sicherheit zu bringen? In welchem Krieg stellt eine Armee stundenlang die Kämpfe ein, damit Zivilisten über humanitäre Korridore das Kampfgebiet verlassen können?

Neu ist ebenfalls der rasante moralische Verfall der Vereinten Nationen. Er gipfelte in der infamen Aussage ihres Generalsekretärs Antonio Guterres, der Angriff vom ​7. Oktober habe nicht im luftleeren Raum stattgefunden – ein klassischer Fall von Täter-Opfer-Umkehr. Auch die Weigerung der Weltgesundheitsorganisation WHO, zu den massenhaften Waffenfunden der Israelis in Krankenhäusern in Gaza Stellung zu beziehen, spricht der Neutralität der Organisation Hohn.

Eines ist allerdings nicht neu, sondern bestätigt historische Erfahrungen: Abschreckung wirkt. Dass das Mullah-Regime in Teheran seine Kettenhunde von der Hizbollah im Libanon noch nicht von der Leine gegen Israel gelassen hat, liegt daran, dass die USA zwei Flugzeugträger im östlichen Mittelmeer in Stellung gebracht haben. Durch punktuelle Luftangriffe auf proiranische Stellungen in Syrien haben die Amerikaner dem Iran deutlich gezeigt, dass sie die schützende strategische Hand über Israel halten. Die Hizbollah, die über mehr Raketen verfügt als fast alle europäischen Staaten zusammen und die der größte nicht staatliche Militärakteur der Welt ist, greift nicht ein. Sie würde zwangsläufig ihren Patron, den Iran, mit in den Krieg ziehen. Teheran hat kein Interesse an einem Krieg mit Israel und den USA – jedenfalls nicht, solange es noch nicht über die Atombombe verfügt.