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Loyal – Das Titel-Thema September 2009




Seit Jahresbeginn versuchen Fregatten der Deutschen Marine, die ausufernde Piraterie am Horn von Afrika zu bekämpfen. Die zunehmend modern ausgerüsteten Seeräuber finden auf dem am meisten befahrenen Seeweg der Welt zwischen Somalia und Jemen reiche Beute. Die Bundeswehr-Soldaten und ihre Alliierten in der EU-Mission „Atalanta“ sind Teil eines „Katz-und-Maus-Spiels“ auf Hoher See. Ein Bericht von der Fregatte „Emden“
Das Schicksal der Besatzung auf dem kleinen Holzschiff hängt jetzt an einer Handvoll Eis. „Ich will das Eis sehen“, gibt Fregattenkapitän Ulrich Brosowsky energisch übers Funkgerät durch. Der braungebrannte, sonst eher ruhige Mittvierziger und studierte Pädagoge steht von seinem Kommandanten-Drehstuhl auf. Durch die Fenster der Brücke geht sein Blick hinaus aufs Wasser, wo etwa dreihundert Meter entfernt, das Marine-Beiboot mit seinen Soldaten seitwärts eines bunt bemalten Fischerkahn dümpelt. Direkt neben der Brücke, draußen auf der Nock (offenes Deck an Back- und Steuerbord, das für einen besseren Überblick sorgt; Anm. d.Red.) haben Maschinengewehrschützen die Szene im Visier. Bei knapp 40 Grad Hitze und sengender Sonne rinnt den Matrosen der Schweiß unter den Splitterschutzwesten. Die MG-Stände an Back- und Steuerbord hat die Bundeswehr nachrüsten lassen, lange war solche Bewaffnung auf Marine-Schiffen nicht vorgesehen. Noch einmal greift der Kapitän zum Funkgerät. „Lasst euch jetzt das Eis zeigen!“
Brosowsky und seine Besatzung auf der Fregatte „Emden“ sind im Auftrag der Europäischen Union (EU) unterwegs. Mitten im Golf von Aden, zwischen der afrikanischen und jemenitischen Küste, hat das Schiff aus Wilhelmshaven eine der vielen Hundert sogenannten Daus gestoppt, die in den Gewässern kreuzen. Die meisten der traditionellen Holzkutter gehören harmlosen Fischern. Doch diese spezielle Schaluppe, so schien es den Wachoffizieren der „Emden“ schon durch die Ferngläser, könnte auf andere Beute aus sein. Dutzende Fässer Treibstoff liegen auf dem Kutter verzurrt, viel zu viel für ihn allein.
Der Verdacht liegt nahe, dass das Boot als schwimmende Nachschubbasis für Piraten dient – also eines jener „Mutterschiffe“ sein könnte, von denen aus Seeräuber das viel befahrene Meer vor der Einfahrt ins Rote Meer, zum Suez-Kanal, seit Monaten unsicher machen. Aufgekratzt geht Kapitän Brosowsky auf der Brücke auf und ab. Wenn die zehn Somalis Eisbarren zur Kühlung an Bord haben, will er ihnen die Erklärung abnehmen, dass sie bloß zu einer Fischerflotte gehören. Wenn nicht, verspricht dieser Vormittag ungemütlich zu werden.
Auf der Brücke beobachtet die Wachmannschaft, junge Männer und eine Frau, kaum älter als 35 Jahre, mit Feldstechern und angespannten Mienen, was sich vor dem schlanken Bug der „Emden“ abspielt. Das graue 130-Meter-Schiff der Klasse F-122 mit der gewaltigen, drehbaren 76-Millimeter-Kanone auf dem Vordeck muss auf die Kutterbesatzung so bedrohlich wirken wie ein Kampfstern. Über eine Kamera zoomt ein Soldat ein Wärmebild der Dau heran. Bläuliche Schatten von Menschen bewegen sich über die Holzaufbauten.

Text: Jochen Bittner