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loyal-Titelthema des Monats Februar 2019




80 Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ist das Schicksal Hunderttausender Soldaten noch immer ungeklärt. Die Bundesrepublik Deutschland lässt bis heute nach den Gebeinen derer suchen, die für den verbrecherischen Größenwahn Hitlers gestorben sind. Irmgard Herzogs Vater fiel in Stalingrad. Was ihr von ihm blieb, ist nur ein Brief

„Meine liebe kleine Tochter Irmi …“

von Julia Egleder

Als sie den 76 Jahre alten Brief aus der Hölle von Stalingrad vorliest, stockt ihre Stimme immer wieder. Mit einem Taschentuch trocknet Irmgard Herzog ihre Tränen.

„Meine liebe kleine Irmi, wenn Dein Vati Dir einen extra Brief schreibt, dann muß es schon eine wichtige Bedeutung haben und die hat es. Heute bist Du noch klein, vermagst den Brief noch gar nicht zu lesen. Deine Mutter soll ihn Dir später mal vorlesen, ihn Dir geben, wenn Du groß und reif bist.“

So beginnt er, der Brief des Papas an seine damals dreijährige Tochter. Es war ein Geburtstagsbrief und zugleich das letzte Lebenszeichen, das die heute 79-jährige Irmgard Herzog von ihrem Vater hat. Zeit ihres Lebens trug sie den Brief in ihrem Herzen und in ihren Gedanken. Die letzte Erinnerung an den Vater, den sie nie wirklich kennengelernt hat. Irmgard Herzog ist eine von Hunderttausenden in Deutschland, deren Vater im Zweiten Weltkrieg gefallen ist. Der Feldpostbrief, datiert vom 1. Januar 1943, ist ein bewegendes Dokument aus einer furchtbaren Zeit. Gerhard Küpper, der Vater von Irmgard Herzog, hatte damals nur noch wenige Tage zu leben. Er gehörte zu den Soldaten, die in Stalingrad eingekesselt waren. Gerhard Küppers Zeilen deuten daraufhin, dass er keine Hoffnung mehr hatte. Es war ein Abschiedsbrief.

„Heute wo ich den Brief schreibe, ist Neujahr, d.h. das Neue Jahr 1943 hat angefangen. Damals, als ich von der Mutti weggehen musste, als ich dem Rufe des Vaterlandes folgte, warst Du noch so klein, nicht ganz fünf Monate warst Du alt. Aber wie viel bedeutetest Du da schon für mich. Als die Mutti und ich heirateten, waren wir uns beide darüber im Klaren, ein Kindchen wollten wir haben. Du wurdest uns nun im Januar 1940 geboren. Ich weiß es heute noch, unter welchen schweren Opfern Deine Mutti Dich geboren hat.“

76 Jahre später sticht ein Mann namens Victor Komarow einen Spaten bis zum Holm in nasses Erdreich und wirft die Erde hinter sich an den Rand einer Grube. Es regnet in Wolgograd, die Erde ist matschig und schwer. „Massengrab in Stalingrad gefunden“, lautete die Überschrift einer Pressemitteilung, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge einige Wochen zuvor an deutsche Redaktionen verschickt hatte.

[…]

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