loyal-Titelthema des Monats März 2019
Selbstmord oder Kapitulation
von Marco Seliger
Im Sommer vorigen Jahres wurden die Verteidigungsexperten der Bundestagsparteien in einen abhörsicheren Raum des Verteidigungsministeriums in Berlin gebeten. Sie mussten ihre Mobiltelefone abgeben und durften nicht einmal einen Notizblock mit hineinnehmen. Hinter verschlossenen Türen verteilten Ministeriumsmitarbeiter Unterlagen, die nummeriert waren und auf denen neben dem Siegel des Bundesnachrichtendienstes „geheim“ stand. Was die Abgeordneten dann zu lesen und zu hören bekamen, bezeichneten einige von ihnen später als zutiefst beunruhigend. Einer von ihnen fasste es so zusammen: „Die Russen haben mehr drauf, als wir dachten.“
Dass das Verteidigungsministerium auf eigenes Betreiben hin als geheim eingestufte Briefings für Abgeordnete hält, zeugt von der neuen Brisanz einer alten, aber seit dem Ende des Kalten Kriegs verdrängten Bedrohung. Am 1. März 2018 hatte der russische Präsident Wladimir Putin in einer Rede an die Nation in Moskau von neuartigen Trägersystemen für Nuklearsprengköpfe gesprochen, die nicht von den westlichen Abwehrsystemen abgefangen werden könnten. Dazu gehört die Hyperschallwaffe „Awangard“, in westlichen Militärkreisen auch unter „Projekt 4202“ oder „Yu-71“ bekannt.
„Awangard“ navigiert mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit in bis zu 100 Kilometer Höhe am Rand der Atmosphäre. Das Flugobjekt besitzt keinen eigenen Antrieb, sondern wird von einer ballistischen Rakete in die Höhe gebracht. Sobald das Raketentriebwerk ausgebrannt ist, macht sich der Gleiter selbstständig und rast mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit (mehr als 12.000 km/h) ins Ziel. Das sei die russische Antwort auf den amerikanischen Raketenabwehrschild, sagte Putin zu Beginn dieses Jahres und erklärte, „Awangard“ werde bald einsatzbereit sein.
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