Die Bundeswehr wird in Deutschland mittlerweile wahrgenommen wie jeder andere Arbeitgeber auch. Dass Soldaten aber in erster Linie immer noch Kämpfer sind, damit kann die Allgemeinheit nichts anfangen. Die Folge ist, dass sich die Streitkräfte an den gesellschaftlichen Rand gedrängt fühlen
Von Sönke NeitzelVor acht Jahren monierte Bundespräsident Horst Köhler das „freundliche Desinteresse“ der Deutschen an der Bundeswehr. Das Urteil wurde seitdem in der Publizistik oftmals unterstrichen und geradezu zum Faktum erhoben. In Deutschland sind die Klagen der Soldaten über mangelnde Anerkennung der Gesellschaft weit verbreitet, und dies obwohl die sozialwissenschaftliche Forschung mit einer ganzen Reihe von quantitativen wie qualitativen Studien ein positives Meinungsklima über die Bundeswehr nachgewiesen hat. Sie belegen, dass Köhlers Wahrnehmung zumindest in dieser verkürzten Form nicht zutrifft. Die Umfragen zeigen vielmehr, dass es in der Bevölkerung eine große Anerkennung für die Streitkräfte gibt und der gesellschaftliche Zuspruch zur Bundeswehr seit dem Ende des Kalten Krieges erheblich gestiegen ist. Er bewegt sich im europäischen Mittel und ist nur in Großbritannien und der Türkei größer. Inhaltsanalysen der Presseberichterstattung über die Auslandseinsätze stützen diese Einschätzung. Sie ergeben zwar noch kein vollständiges Bild der veröffentlichten Meinung, zeigen aber interessante Trends auf. Demnach werden deutschen Soldaten als professionell, widerstandsfähig, sozial und interkulturell kompetent, unerschrocken und tapfer anerkannt.
Gleichwohl ist nicht zu leugnen, dass Sicherheitspolitik im Allgemeinen und die Streitkräfte im Besonderen nicht im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. Auch dies zeigen quantitative Auswertungen der Medienberichterstattung. Die auf 180.000 Mann verkleinerte Bundeswehr kommt im Alltag der allermeisten Bürger nach dem Ende der Wehrpflicht schlicht nicht mehr vor. Sie umfasst nur noch 0,2 Prozent der Bevölkerung und die meisten Deutschen sind vermutlich gar nicht in der Lage, jene Sicherheitsinteressen zu benennen, die ihre Streitkräfte verteidigen sollen. Selbst der Afghanistankrieg konnte keine große verteidigungspolitische Debatte entfachen. Der Soldatenberuf wird in der deutschen Gesellschaft mittlerweile wahrgenommen wie jeder andere auch. Die Idee des Staatsbürgers in Uniform und die Absage an eine herausgehobene gesellschaftliche Stellung der Streitkräfte unterstreichen diese Normalität. Auch die Zahlen der im Auslandseinsatz gefallenen Soldaten stützen ein solches Verständnis, entsprechen sie doch in einem Zehnjahresvergleich in etwa jenen der in Deutschland getöteten Polizeibeamten.