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Frauen sind als militärische Vorgesetzte ungeeignet. Sagen Männer. Doch die Armee als männliche Domäne gibt es nicht mehr. Die Bundeswehr wird weiblicher, und das steht ihr gut. Vier Beispiele für Soldatinnen, die Karriere machen

 

Angriff auf eine Männerbastion

Von Christian Thiels

Ein „Dickschädel“ sei sie vielleicht. Das hat Tanja Kreil über sich gesagt. Mit 22 Jahren wollte die Hannoveranerin unbedingt zur Bundeswehr, schrieb Briefe und Anträge und ließ sich nicht davon abbringen, die wohl bedeutendste Institution der Republik, das Grundgesetz, zu erschüttern. In Artikel 12a heißt es, Frauen sei der Dienst an der Waffe verboten. Kreil zog Ende der 90er Jahre mit Blick auf die Chancengleichheit der Geschlechter und mit Unterstützung des Bundeswehrverbandes vor den Europäischen Gerichtshof. Die Richter in Luxemburg befanden, das Recht auf den Dienst in der Bundeswehr dürfe ihr nicht verweigert werden – egal, in welcher Laufbahn. Das Grundgesetz musste geändert werden.Tanja Kreil löste eine Zeitenwende in den Streitkräften aus. Bis dahin durften Frauen nur im Sanitätsdienst und in der Militärmusik tätig sein. Gut 14 Jahre ist das her und inzwischen dienen rund 18.500 Frauen in der Bundeswehr. Rein rechnerisch sind das rund zehn Prozent aller Soldaten. Eine Zahl, die allerdings schrumpft, wenn man den Sanitätsdienst (der ja schon vor dem Luxembuger Urteil allen Frauen offenstand) mit seinen rund 7.200 Soldatinnen herausrechnet. Ohne die Militärmedizin liegt der Frauenanteil in der Bundeswehr nur noch bei 6,9 Prozent. Tanja Kreil entschied sich gegen eine Karriere in der Armee. Aber sie öffnete Frauen die Kasernentore.

Einen Sturm der Frauen auf die Männerbastion Streitkräfte hat es seitdem allerdings nicht gegeben. Dennoch hat sich die Bundeswehr durch den Richterspruch von Luxemburg verändert. Sie ist weiblicher geworden. Bei einem Großteil der männlichen Soldaten kommt das nicht gut an. Im Januar dieses Jahres kam die Studie „Truppenbild ohne Dame“ des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaft der Bundeswehr zu dem Ergebnis, dass Männer in Uniform ihre Kameradinnen noch immer mit Skepsis betrachten. Mehr als die Hälfte der befragten Soldaten sind der Ansicht, die Bundeswehr habe sich durch die Integration von Frauen zum Schlechteren entwickelt. Jeder vierte Mann hält Frauen als Vorgesetzte für ungeeignet, obwohl deren Anteil an Führungspositionen gerade einmal bei rund zehn Prozent liegt. In den Offiziersrang haben es einschließlich Sanitätsdienst bis heute gerade mal 4.000 Frauen geschafft, bei den Feldwebel-Dienstgraden liegt die Zahl bei rund 6.000.

Das passt nicht so recht zur gefühlten Wahrnehmung der Männer in der Bundeswehr. Denn die glauben laut Studie in der Mehrheit, dass Frauen bei der Karriere bevorzugt und gleichzeitig niedrigere Anforderungen an sie gestellt würden. Woher kommt diese Einschätzung? „Im Grunde genommen breche ich hier in eine Domäne ein, die aus traditionellen Gründen geschützt war“, sagt Oberstleutnant Gabriele Voyé, stellvertretende Dezernatsleiterin im Einsatzführungskommando. Die Frau – das unbekannte, womöglich bedrohliche Wesen in der Männertruppe Bundeswehr? Die Sorgen ihrer männlichen Kameraden vor allzu viel weiblicher Konkurrenz kann Kapitänleutnant Inka von Putkammer, Kommandantin des Minenjagdbootes „Homburg“, durchaus nachvollziehen: „Es ist nicht zu verhehlen, dass Frauen ab und zu bevorteilt werden. Einfach, weil sie Frauen sind.“ Das bleibe in Einzelfällen nicht ohne Folgen für das Verhalten mancher Männer, sagt Oberfeldveterinärin Christiane Ernst, Kommandeurin der Schule für Diensthundewesen in Ulmen. „Es gibt Situatioen, in denen die Männer die Reihen dicht machen und Frau nicht weiterkommt. Ich glaube aber nicht, dass Systematik dahinter steckt.“

Bei manchem altgedientem Soldaten spielt wohl auch eine gewisse Unsicherheit mit. Frauen führen anders, ungewohnt für viele Männer. Es heißt, sie seien kommunikativer, würden weniger als ihre Kameraden darauf achten, ihr Revier zu markieren. Männer charakterisieren Frauen in Vorgesetztenpositionen als nachtragend. Im Gegenzug kritisieren Frauen an männlichen Chefs, sie schikanierten Untergebene, wenn die Fehler machten. Einig sind sich beide aber, dass es vor allem männliche Vorgesetzte sind, die sich im Ton vergreifen. „Führen durch Beschimpfen“, könnte man das nennen. Eine Praxis, die die Verteidigungsministerin gern abschaffen würde. Ursula von der Leyen wünscht sich einen neuen Führungsstil, womöglich meint sie damit einen weiblicheren. Die besseren Männer sein zu wollen, davor warnt Oberleutnant Melanie Günther, Zugführerin in einem Ausbildungsbataillon, allerdings deutlich: „Frau sollte sich definitiv nicht verstellen.“

Gabriele Voyé, Christiane Ernst, Melanie Günther und Inka von Putkammer – vier Frauen in Führungspositionen der Streitkräfte, vier Karrierewege und viele Erfahrungen über Selbstbehauptung in einer Männergesellschaft.