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Die Bun­des­wehr hat zwei Hand­voll Mi­li­tär­aus­bil­der nach Mo­ga­di­schu ge­schickt. Sie be­treibt einen ge­wal­ti­gen Si­cher­heits­auf­wand, nur um ein paar so­ma­li­sche Sol­da­ten im Ge­brauch von Com­pu­tern zu un­ter­rich­ten.

Mit Excel gegen Al-Shabaab

Aus Mo­ga­di­schu von Marco Se­li­ger

Ir­gend­wo da drau­ßen vor den Mau­ern und dem Sta­chel­draht schleif­te vor 22 Jah­ren ein Mob die Lei­chen von Gary Gor­don, Randall Shug­hart und an­de­ren US-Eli­te­sol­da­ten durch die stau­bi­gen Stra­ßen. Mar­cus und Tobi waren da­mals erst elf Jahre alt, aber na­tür­lich ken­nen sie die Ge­schich­te. Jedem hier im eu­ro­päi­schen Feld­la­ger am Flug­ha­fen von Mo­ga­di­schu ist das De­sas­ter der Ope­ra­ti­on „Irene“ vom 3. Ok­to­ber 1993 be­kannt. 160 Ame­ri­ka­ner kämpf­ten nach dem Ab­schuss zwei­er „Black Hawk“-Hub­schrau­ber 14 Stun­den lang gegen Tau­sen­de schwer be­waff­ne­te Mi­li­zio­nä­re des War­lords Mo­ham­med Farah Aidid. Am Ende waren 18 von ihnen tot und mehr als 70 ver­wun­det. Die Fotos der ge­schän­de­ten Lei­chen ame­ri­ka­ni­scher Sol­da­ten gin­gen um die Welt und em­pör­ten die USA. Der da­ma­li­ge Prä­si­dent Bill Clin­ton be­en­de­te den Ein­satz. Bald ver­lie­ßen auch die in So­ma­lia sta­tio­nier­ten UN-Frie­dens­trup­pen das Land. Der zer­rüt­te­te Land­strich wurde sich selbst über­las­sen.

In­zwi­schen geht das 24. Bür­ger­kriegs­jahr in So­ma­lia zu Ende. Seit dem Sturz des Dik­ta­tors Siad Barre 1991 herr­schen dort Hun­ger, Tod und Ver­trei­bung. Die Welt in­ter­es­sier­te das lange nicht. So­ma­lia war ein zer­fal­len­der Staat, bit­ter­arm und stra­te­gisch un­in­ter­es­sant. Ein hoff­nungs­lo­ser Fall. Ver­ges­sen, bis auf See so­ma­li­sche Pi­ra­ten Han­dels­schif­fe ka­per­ten und an Land is­la­mis­ti­sche Ter­ro­ris­ten die Macht er­grif­fen. Plötz­lich muss­te etwas ge­sche­hen. Die Ver­ein­ten Na­tio­nen schick­ten er­neut Frie­dens­trup­pen und die Eu­ro­päi­sche Union 160 Mi­li­tär­aus­bil­der. Zwei von ihnen sind Mar­cus und Tobi, ein Haupt­mann und ein Leut­nant aus dem Ba­tail­lon für elek­tro­ni­sche Kampf­füh­rung in Daun.

Die bei­den sit­zen frisch ge­duscht auf einer Ter­ras­se in ihrem Camp am Flug­ha­fen von Mo­ga­di­schu. Wer hier über Mo­na­te sta­tio­niert ist, soll es gut haben. Die Sol­da­ten leben in um­ge­bau­ten Schiffs­con­tai­nern, in denen die Bet­ten von ugan­di­schen Ser­vice­kräf­ten ge­macht wer­den. Es gibt einen Pool mit Bar und Be­die­nun­gen, die in der Kan­ti­ne die Tel­ler ab­räu­men. Einen Stein­wurf ent­fernt hebt dröh­nend ein Flug­zeug ab. Die Start- und Lan­de­bahn des „Aden Adde In­ter­na­tio­nal Air­port“ ist zum Grei­fen nah, der In­di­sche Ozean braust mit to­sen­den Wel­len bis an den Rand der Run­way. Als die Ame­ri­ka­ner da­mals mit ihren „Black Hawk“ und „Litt­le Bird“ zu ihrem de­sas­trö­sen Ein­satz auf­bra­chen, star­te­ten sie von hier in Rich­tung Stadt­zen­trum.

Das ist lange her und scheint hier oben auf der Ter­ras­se weit weg. „Mit uns hat das nun wirk­lich gar nichts zu tun“, sagt Mar­cus, steckt sich eine Zi­ga­ret­te an und nimmt einen Schluck Kaf­fee aus einer wei­ßen Tasse. „An­ders als die Ame­ri­ka­ner da­mals sind wir nicht hier, um zu kämp­fen.“ Doch wenn Sol­da­ten wie er über So­ma­lia spre­chen, dann kommt die Rede au­to­ma­tisch auf die „Schlacht von Mo­ga­di­schu“. Die meis­ten hier haben das Buch „Black Hawk Down“ ge­le­sen oder den gleich­na­mi­gen Film ge­se­hen. Ihr Bild von So­ma­li­as Haupt­stadt ist vor­ge­prägt. Auch Mar­cus macht sich seine Ge­dan­ken. Er weiß aus Af­gha­ni­stan, wie es ist, wenn ihm die Ku­geln um die Ohren flie­gen. „Das Ad­re­na­lin lässt dich die Angst, die An­stren­gun­gen, Mü­dig­keit und Er­schöp­fung nicht spü­ren“, sagt er. Aber zu Fuß durch Mo­ga­di­schu, nur mit einem Ge­wehr und Mu­ni­ti­on, so wie es die Ame­ri­ka­ner da­mals getan hat­ten, be­drängt von Tau­sen­den So­ma­lis, das wolle er sich lie­ber nicht vor­stel­len. Muss er aber auch nicht. Denn Mar­cus und Tobi, zwei von vier Bun­des­wehr­aus­bil­dern in Mo­ga­di­schu, sol­len nicht War­lords jagen, son­dern so­ma­li­sche Sol­da­ten aus­bil­den.