loyal-Titelthema des Monats Dezember 2016
Der Traum vom Fliegen
von Jochen Missfeldt
Patrick sitzt im Eurofighter-Cockpit, er rollt auf dem Taxiway an mir vorbei, winkt mit der bloßen Hand. Ich winke zurück. Warum trägt er keine Fliegerhandschuhe? So könne er den Sicherungsstift für seinen Martin-Baker-Schleudersitz besser ertasten, greifen und ziehen. Das sei aber nur ein Grund, sagt er mir später.
Wenn ich damals den Sicherungsstift meines Martin-Baker-Sitzes zog, dann hatte ich die Fliegerhandschuhe an. Ich streifte sie mir über, nachdem ich Helm, Maske und Schwimmweste bei „R & S“ (Rescue and Survival) in Empfang genommen hatte, stieg in den VW Bulli und ließ mich zum flugklaren Starfighter chauffieren.
Der Eurofighter steht nun still auf dem Taxiway. Die Triebwerke dröhnen und rauschen mir durch die Ohrstöpsel in die Ohren. Ich sehe die wabernde heiße Luft hinter dem Flugzeug. Auch das Starfighter-Triebwerk rauschte und dröhnte. Techniker erledigen ihren Rundgang. Der „Last Chance Check“ braucht seine Zeit. Letzte Möglichkeit vor dem Start, einen Mangel zu entdecken, ihn vielleicht noch zu korrigieren und dem Piloten das OK-Zeichen mit dem aufrechten Daumen zu geben oder ihm mit Daumen Richtung Erde „Stopp“ zu signalisieren. „Shit happens“, sagt sich dann vielleicht der Pilot in seine Maske und rollt seine Maschine zurück zum Hangar.
Hier und jetzt, unmittelbar vor der Startbahn, ist für Oberleutnant Patrick Pahlke die letzte Gelegenheit, den Sicherungsstift zu ziehen, damit der Schleudersitz ausgelöst werden kann. Wird er daran denken? Sollte er das nicht im Kopf haben, ermahnt ihn eine Erinnerungsautomatik, die er auf einem der drei großen Bildschirme im Cockpit vor Augen hat. Mit einem letzten Handgriff stellt er noch den „A/S/E-Hebel“ (armed / safe / egress) in die „Armed“-Position, damit der Sitz tatsächlich scharf ist. Sollte er auch diesen Punkt der Checkliste übersehen, erinnert ihn ein auffälliges Piktogramm auf dem linken Bildschirm daran. Spätestens jetzt zieht Patrick seine Handschuhe an. Er muss warten. Eine Passagiermaschine befindet sich im Anflug auf den Flughafen.
Der Fliegerhorst Laage hat einen zivilen und einen militärischen Teil. Die Luftwaffe liegt mit ihren Quartieren im Norden. Ein riesiges Areal, das zu DDR-Zeiten in den 1980er Jahren zum Militärflugplatz ausgebaut wurde. Die NVA nutzte ihn nur vier Jahre, 1990 übernahm die Luftwaffe. Achthundert Hektar Land für einen Flugplatz, das sind für jeden der hier stationierten Soldaten mehr als ein Hektar! Wir nannten unseren Fliegerhorst in Leck/Nordfriesland „schmales Handtuch“. Auch der Marinefliegerhorst Eggebek war so eines – wie viele andere Nato-Flugplätze in der alten Zeit des Kalten Krieges.
Vor knapp 20 Jahren bin ich zuletzt hier gewesen. Damals gab es auf dem Fliegerhorst Laage noch viele Reste aus der deutschen Plattenbauzeit. Heute ist davon nichts mehr übrig. Hell und klar stehen die Gebäude ohne architektonischen Schnickschnack in der Kasernen-Landschaft. Am Rand ein Spielplatz mit dem dazugehörigen Kindergarten. Zwei Tagesmütter kümmern sich um die Kinder der Geschwaderangehörigen.
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