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loyal-Ausgabe März 2024




Deutsche (Handels-)Interessen

Editorial von Chefredakteur André Uzulis

Im Mai 2010 musste ein Bundespräsident zurücktreten, weil er öffentlich über Bundeswehreinsätze zum Schutz deutscher Handelswege nachgedacht hatte. Horst Köhler war auf dem Rückweg von einem Besuch deutscher Soldaten in Afghanistan, als er auf eine entsprechende Journalistenfrage antwortete, dass „im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren“. Er nannte freie Handelswege, ohne die Arbeitsplätze und Einkommen in Deutschland gefährdet wären und die es zu schützen gelte.

Es brach ein Sturm der Entrüstung los. Dass ein deutsches Staatsoberhaupt wagt, an deutsche (Handels-)Interessen als Exportnation zu denken und – schlimmer noch! – sich vorstellen konnte, zu deren Schutz auch die Bundeswehr heranzuziehen, galt vor 14 Jahren als unerhört. Das politische Berlin drehte frei. Die Kritik kam aus allen Parteien, sogar aus Köhlers CDU, damals noch von Angela Merkel geführt. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin warf Köhler „Kanonenbootpolitik“ vor, von anderer Seite war von einem „präsidialen Fehltritt“ und „extremen Positionen“ die Rede. Köhler schmiss wenige Tage später das Handtuch.

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Heute sind wir genau an dem Punkt, den der damalige Bundespräsident vorausgedacht hatte: Eine Fregatte der Deutschen Marine wird im Roten Meer mit Schiffen befreundeter Nationen den wichtigen Seeweg von Europa nach Asien vor Angriffen der Huthi-Rebellen aus dem Jemen schützen, die seit Monaten diese Handelsroute empfindlich behindern. Die Fregatte Hessen ist für solche Einsätze genau das Mittel der Wahl. Dass Deutschland für den Schutz des für unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand so wichtigen Seewegs allerdings eine EU-Mission bestellen muss, um ja nicht den Anschein zu erwecken, „ohne Mandat“ zu handeln, ist ein Webfehler der selbst definierten internationalen Rolle Deutschlands. Es ist zwar ein großer Sprung, den die Bundesrepublik seit Köhlers Aussagen 2010 gemacht hat. Noch aber fehlt das Selbstbewusstsein, sich auch ohne den Auftrag internationaler Organisationen an Koalitionen der Willigen zu beteiligen, wenn es deutschen Interessen dient. Amerikaner und Briten zeigen, wie es geht: Sie hat die eigene Sicherheitsanalyse zu dem robusten Einsatz gegen die Huthi gebracht, nicht der Segen Dritter.

Die deutsche Verzagtheit beim Schutz eigener Interessen zeigt sich auch im Auftrag dieser „Aspides“ genannten Mission: Die Fregatte Hessen darf nur Huthi-Angriffe auf Handelsschiffe oder die dort operierenden Kriegsschiffe der befreundeten Nationen abwehren, nicht aber die Stellungen der Huthi im Jemen bekämpfen. Warum eigentlich nicht? Warum nicht das Übel an der Wurzel packen und das Problem ursächlich angehen, so wie es Amerikaner und Briten tun, anstatt nur an Symptomen herumzudoktern? Es wäre nachhaltiger. Ohne die Zerstörung der militärischen Basis der Huthis, wird man deren Treiben wohl nicht beenden können. Hoffentlich dauert es nicht weitere 14 Jahre, bis Deutschland hier zu einer realitätsnahen Einschätzung kommt, die Optionen eröffnet. Denn für die selbst auferlegte deutsche Sonderrolle im internationalen Verbund hat in diesen Zeiten niemand mehr Verständnis, am wenigsten unsere Verbündeten.


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