loyal-Ausgabe Oktober 2023
Briefing statt Befehlsausgabe
Von André Uzulis
Die Luftwaffe kommt beim Sondervermögen gut weg. Von den 100 Milliarden Euro sollen mehr als 40 Milliarden in die zweitgrößte Teilstreitkraft investiert werden. Kein Bereich der Bundeswehr erhält mehr Geld. Problemfälle gibt es dennoch. Besuch bei einer Truppe, in der ein anderer Ton herrscht.
Wenn Fluglotse Hauptmann Manuel M. (Name auf Wunsch der Bundeswehr abgekürzt) zum Fernglas greift und vom Tower am Fliegerhorst Büchel auf die Start- und Landebahn blickt, sieht er momentan blaue Planierraupen. Die Baumaschinen eines regionalen Tiefbauunternehmens ziehen gemächlich ihre Spur. Wo sonst Tornado-Kampfjets abheben und aufsetzen, bewegen sich aktuell die Baufahrzeuge mit GPS-Unterstützung über die 2,5 Kilometer lange Piste. Sie haben in den vergangenen 15 Monaten ganze Arbeit geleistet und Asphalt und Unterbau der Landebahn abgefräst. Aktuell werden Schichten von Sand millimeterhoch genau aufgetragen und verdichtet.
Büchel in der Eifel ist aktuell die größte Baustelle der Bundeswehr – und das ist nicht im übertragenen Sinn gemeint. Eine Milliarde Euro investiert der Bund in diesen Standort zwischen Maaren und Mosel tief im Westen Deutschlands – so viel wie nirgends sonst. Die bereits in den 1960er-Jahren gebaute Startbahn 21/03 wird komplett erneuert. Wenn es so kommt, wie es sich die Planer vorgenommen haben, wird die neue Startbahn den Piloten kein Bauchgrimmen mehr bereiten. Wegen einiger langgestreckter Erdwellen, über die sich die alte 21/03 zog, konnten die Männer in ihren Cockpits beim Start das Ende der Piste nicht sehen. Das soll sich mit dem Neubau ändern.
Die Dienste von Fluglotse Hauptmann M. sind wegen der Baustelle schon seit Längerem eher ruhig. Das in Büchel beheimatete Taktische Luftwaffengeschwader 33 wurde im Sommer vergangenen Jahres mit 25 Maschinen und 450 Mann nach Nörvenich in Nordrhein-Westfalen verlegt, um den Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Bis zum Abschluss der Bauarbeiten in Büchel 2026 starten die Kampfflugzeuge des Geschwaders vom Ausweichflugplatz westlich von Köln. Die 25 Bücheler Fluglotsen sind in dieser Zeit aber nicht arbeitslos. Denn die Tornado-Werft in Büchel ist weiterhin in Betrieb, und so kommen immer wieder Maschinen zur Instandhaltung reingeflogen. Sie landen dann auf dem Taxiway, der Verbindung zwischen Piste und Vorfeld. Die ist bei Weitem nicht so breit wie die alte Landebahn, aber für Starts und Landungen zugelassen.
Die Luftwaffe verfügt aktuell noch über 83 Tornados im operativen Flugbetrieb. 1995 hatte die Bundeswehr die Höchstzahl an Tornados zur Verfügung: 339 Exemplare. Das ist lange her. Bis 2030 sollen die betagten Fluggeräte außer Dienst gestellt werden. Während es auf der Bücheler Landebahn schon kräftig mit den Bauarbeiten vorangeht, steht das zweite große Bauprojekt auf dem Fliegerhorst noch in den Anfängen: Am Rande des Flugplatzes sollen Stellflächen, Hangars und eine Werft für den neuen Tarnkappen-Mehrzweckkampfjet F-35 entstehen, das kommende Glanzstück der deutschen Kampfflieger. Die F-35 wird hier ihren einzigen Standort in Deutschland haben. Knapp zehn Hektar Wald sind dafür schon gerodet worden.
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