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loyal-Ausgabe Sommer 2023




Die Achillesferse der NATO

von André Uzulis

Die Welt von Natalya Neznanova ist schwarz und weiß. Schwarz ist ihr Arbeitsalltag, weiß sind die Nächte. Ihr Arbeitsplatz liegt tief unter der Erde. Im Kohlebergwerk von Barentsburg nimmt die Geologin Messungen an den Kohleflözen vor und entscheidet, welche Strecke sich lohnt weiter abgebaut zu werden. 36 Kilometer Stollen bis zu 484 Meter unter der Erdoberfläche, das ist die eine Seite der Welt von Natalya Neznanova, die schwarze.

Die weiße Seite sieht sie von ihrem Büro im Verwaltungsgebäude der russischen Minengesellschaft Arktikugol in Barentsburg: schneebedeckte Wege, weiße Berghänge, das glitzernde Wasser des Grønfjords, vier Monate im Jahr Polartag. Dann ist es 24 Stunden am Tag hell.

Morgens, nachdem sie im Schlafzimmer ihrer Plattenbauwohnung aufgewacht ist, öffnet sie das Fenster, lässt die eiskalte Luft hinein und lauscht dem Piepsen der Schneeammern, jener spatzengroßen Vögel, die zum charakteristischen Federvieh auf Spitzbergen gehören. Abends vor dem Einschlafen träumt Natalya Neznanova von einem Rosengarten am Haus ihrer Heimatstadt Donezk im Donbass. Dort herrscht Krieg. Hier aber, am Rand der bewohnten Welt, ist tiefster Frieden. Bis jetzt jedenfalls. Noch ein Jahr, dann geht die 60-Jährige in den Ruhestand, dann kehrt sie nach Donezk zurück – an einen Ort, von dem sie heute nicht weiß, wie er aussehen wird, ja, von dem man nicht einmal sagen kann, wer dann dort das Sagen hat. Wird Donezk immer noch von Russen besetzt sein? Oder werden sich die Ukrainer ihr Land zurückgeholt haben?

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Natalya Neznanova arbeitet seit 2017 in Barentsburg. Es ist erst ihre dritte Stelle im Leben. Sie hat es immer lange ausgehalten bei den wenigen Arbeitgebern, die sie hatte. Nach dem Studium am Polytechnikum hat sie 25 Jahre lang in einem Bergwerk im Donbass gearbeitet. Hier in Barentsburg ist sie die einzige Frau, die in die Schächte einfährt. Die Kumpel schätzen sie. Sie ist handfest und humorvoll.

Die Kumpel, das sind 54 Bergleute, die jährlich 125.000 Tonnen Kohle aus dem Untergrund von Barentsburg kratzen – Russen und Ukrainer. Der Krieg in der Ukraine ist tabu zwischen ihnen. Darüber spricht man nicht, es wäre nicht gut. Unter Tage muss man sich aufeinander verlassen, zumal die Grube als gefährlich gilt. Auch die loyal-Reporter müssen bei ihrem Besuch in den Stollen eine Flasche Sauerstoff dabei haben. Natalya Neznanova warnt vor Kohlestaubexplosionen. Vor zehn Jahren hat es hier ein Feuer gegeben.

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