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Die Reserve

Reunion im Zeichen des Wandels: Innere Sicherheit bis NATO




Die Teilnehmer der 20. Reunion vor der Bundesfinanzakademie in Brühl.

Foto: privat

deutsch-amerikanischer AustauschReunionsicherheitspolitik

In seiner Begrüßung überbrachte Programmorganisator Oberst d.R. Thilo H. Krökel zugleich eine Grußbotschaft aus dem Bundesministerium der Verteidigung. Staatssekretär Benedikt Zimmer übermittelte wertschätzende Worte und hob die Bedeutung der transatlantischen Zusammenarbeit, die Herausforderungen der aktuellen sicherheitspolitischen Lage sowie die zentrale Rolle der Reservisten in der Verteidigungsstrategie Deutschlands hervor. Der „Hausherr“ Dr. Robert Heller, Präsident der Bundesfinanzakademie und Oberst d.R., begrüßte seinerseits alle Teilnehmer am Ort und schilderte die eng mit den Alliierten verbundene Entwicklung der Finanzverwaltung nach dem Zweiten Weltkrieg. Mittlerweile sei die Bundesfinanzakademie ein entscheidender Akteur im öffentlichen Bildungssektor: 800 Gastdozenten und 11.000 Lehrgangsteilnehmer (2023) belegen dies.

„Reserve wird integraler Bestandteil der Verteidigung“

Arne Schönbohm, Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung BAköV, thematisierte die wachsenden Cyberbedrohungen und forderte eine stärkere Agilität in den staatlichen Institutionen. „Es ist unerlässlich, dass wir lernen, Fehler zuzulassen und aus ihnen zu lernen“, sagte er und betonte die Bedeutung einer offenen Fehlerkultur in der Verwaltung. Schönbohm hob die Bedeutung technologischer Innovationen hervor und verwies auf die zunehmende Zahl von Cyberangriffen. Allein 2023 wurden mehr als 120 Millionen neue Schadprogramme entdeckt. „Cyberangriffe sind eine reale Bedrohung für unsere staatlichen Institutionen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass diese Bedrohungen weiter zunehmen werden“, sagte er.

Oberstleutnant Jörg Ulrich Steinhoff vom Kompetenzzentrum für Reservistenangelegenheiten stellte die neuen Strukturen der Reserve vor, die ab dem 1. April 2025 in Kraft treten werden. Diese Reform sieht eine engere Verzahnung der Reserve mit den aktiven Truppen vor, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu stärken. „Die Reserve wird mehr als nur eine Ergänzung sein; sie wird integraler Bestandteil der Verteidigungsstrategie“, sagte Steinhoff. Er betonte, dass die Reservisten eine Schlüsselrolle bei der Landes- und Bündnisverteidigung spielen werden, insbesondere im Hinblick auf die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Besonderer Dank wurde ihm zusätzlich zu Teil, da das Zentrum diesjährig bei der Ausrichtung der Reunion unterstützte.

Informationsdominanz und Abschreckung

General Christian Badia, Deputy Supreme Allied Commander Transformation (Norfolk, Virginia) sprach im ersten Leuchtturmvortrag über die NATO-Fähigkeitsplanung und die Herausforderungen der Allianz in einer zunehmend instabilen Weltordnung. Der ranghöchste Deutsche in der NATO betonte, dass sich das Bündnis auf Abschreckung (Deterrence) und Krisenreaktion konzentrieren müsse, um globalen Bedrohungen – insbesondere durch Russland und China – wirksam zu begegnen. „Die Welt war wohl nie so unsicher wie jetzt“, sagte Badia. Er warnte davor, dass die bipolaren Konflikte, insbesondere die Spannungen mit Russland, in den kommenden Jahren zunehmen werden. Der General hob die Bedeutung der Informationsdominanz hervor: „Informationsdominanz bedeutet Entscheidungsdominanz und das ist der Schlüssel zur Eskalationskontrolle.“ Diese Dominanz müsse durch technologische Innovationen und eine stärkere Zusammenarbeit mit der Industrie sichergestellt werden.

Oberst d.R. Thilo H. Krökel (l.) und Oberst d.R. Mirko Appel (r.) bedanken sich bei General Christian Badia für dessen Vortrag. (Foto: privat)

Gleichzeitig warnte er davor, dass die militärischen Ausgaben der NATO-Mitgliedsstaaten nicht immer effizient genutzt würden. „Nichts ist so gut, dass man es nicht besser machen könnte“, betonte er und forderte mehr Koordination in der Beschaffung von militärischem Material. Abschließend forderte Badia die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zur Verbesserung der Interoperabilität zu intensivieren, um effektiver auf zukünftige Herausforderungen reagieren zu können. Er stellte fest, dass die Zeit für eine entschlossene und vereinte Antwort auf die bestehenden Bedrohungen gekommen sei.

Brigadier Hans-Jakob Reichen, Zugeteilter Höherer Stabsoffizier Chef der Armee (Bern, Schweiz) gab einen Einblick in die Mobilmachungsstrategie der Schweiz, die seit 2018 verstärkt wird, um auf geopolitische Instabilitäten zu reagieren. Er betonte die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern und der NATO zu vertiefen, um Cyberangriffen und hybriden Bedrohungen wirksam zu begegnen. „Wir müssen die Zusammenarbeit mit unseren Partnern weiter vertiefen und unsere Fähigkeiten in Cyberabwehr und Weltraumtechnologie stärken, um die Resilienz der Schweiz für die Zukunft zu sichern,“ hob Reichen hervor und unterstrich die strategische Bedeutung dieser Bereiche für die Verteidigungsfähigkeit des Landes.

Klartext vom NRW-Innenminister

Der zweite Leuchtturmvortrag wurde durch NRW-Innenminister Herbert Reul bestritten. Reul stellte die Bedeutung der inneren Sicherheit in den Vordergrund und ging dabei insbesondere auf die Bekämpfung der Clankriminalität ein. „Das Thema Sicherheit kommt auch innenpolitisch langsam wieder in Mode“, sagte Reul und hob heraus, dass die Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, nur durch konsequentes Handeln gelöst werden könnten. Er verwies auf die Erfolge Nordrhein-Westfalens im Kampf gegen Clankriminalität und unterstrich, dass die Bekämpfung dieser Kriminalität ein gesamtgesellschaftliches Problem sei. „Es geht nicht nur um Polizeiarbeit, sondern um die gesellschaftliche Bereitschaft, diese Probleme offen anzusprechen und anzugehen“, sagte er. Reul sprach auch über die Herausforderungen bei der Rückführung von Migranten und forderte eine effizientere Migrationspolitik, die bereits an den Grenzen Europas ansetze. „NRW ist führend bei der Rückführung, aber die Zahlen sind angesichts der Herausforderungen nicht ausreichend“, so der Innenminister.

NRW-Innenminister Herbert Reul trug zur Inneren Sicherheit vor und freute sich über den Austausch. (Foto: privat)

Zukunftstechnologien für militärische Konflikte

Dr. Hans Krech, Stellvertretender Vorsitzender des AKRO (Arbeitskreis Reserveoffiziere) Hamburg und Drohnenexperte, sprach über die Revolution des modernen Kriegs durch die Digitalisierung, insbesondere den Einsatz von Drohnen und künstlicher Intelligenz. Der Reserve-Hauptmann erläuterte die Entwicklung von autonomen Waffensystemen und verdeutlichte die wachsende Bedeutung von Drohnen in militärischen Konflikten. Krech unterstrich die Dringlichkeit, sich auf zukünftige Technologien wie KI-unterstützte Drohnenschwärme und die „Combat Cloud“ vorzubereiten.

Brigadegeneral Gerhard Klaffus, Deutscher Militärischer Vertreter im Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) im belgischen Mons, sprach über die strategischen Herausforderungen, denen Europa und die NATO in den kommenden Jahren gegenüberstehen werden. SHAPE ist das militärische Hauptquartier der NATO und koordiniert die militärischen Operationen des Bündnisses. Klaffus warnte, dass Russland bis spätestens 2029 in der Lage sein werde, die NATO ernsthaft herauszufordern. Er forderte ein stärkeres Engagement Europas in der Verteidigungspolitik. „Ab 2029 wird Russland die Kapazität haben, 1.500 Kampfpanzer pro Jahr zu produzieren – das ist eine reale Bedrohung“, sagte der General. Klaffus hob die besondere Rolle Deutschlands und Frankreichs in der NATO hervor. Zugleich skizzierte er, dass es immer wieder operative Differenzen zwischen den beiden Ländern gebe. Er forderte eine engere Zusammenarbeit und ein gemeinsames strategisches Verständnis, um den wachsenden Bedrohungen durch Russland und China entgegenzutreten.

Lars Ruth, Partner und Leiter Defense, Security & Justice bei Deloitte, beleuchtete die strategische Bedeutung von Cloud-Infrastrukturen und digitaler Souveränität. Der Fregattenkapitän der Reserve verwies darauf, dass viele Länder zögern, eigene Cloud-Systeme zu implementieren, obwohl sie entscheidend für sichere Datenökosysteme sind. Ruth betonte, dass eine autonome digitale Infrastruktur für Innovation, Resilienz und Datensicherheit unverzichtbar sei.

Langfristige Verteidigungsplanung

Die beiden finalen Vorträge rundeten die Veranstaltung ab. Andreas Lindenblatt (Solution – The Computer People e.K.) stellte die aktuellen Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit vor und warnte vor den Gefahren durch Phishing und Social Engineering. Das Unternehmen bietet IT-Dienstleistungen an, die sich auf einfache und intuitive Softwarelösungen sowie IT-Infrastruktur konzentrieren, um die Effizienz von Unternehmen zu maximieren. Lindenblatt hob die Wichtigkeit technischer Schutzmaßnahmen wie Hardware-Firewalls und Quantenkryptografie hervor, um komplexen Angriffen zu begegnen.

Last but not least sprach Oberst i.G. Andreas Hornik, Abteilungsleiter III (Planungsumsetzung im Planungsamt der Bundeswehr) und sehr geschätzter „Wiederholungstäter“ bei der Reunion, über die langfristige Planung der Streitkräfte im Rahmen der Zeitenwende und deren Auswirkungen auf die operative und strategische Planung. Er betonte, dass die Bundeswehr verstärkt in die Abschreckung investieren müsse, um die Sicherheit zu gewährleisten und um die Hürden eines potenziellen Angreifers zu erhöhen. Hornik ging auch auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem 100 Milliarden Euro Sondervermögen der Bundeswehr ein, das effizient genutzt werden müsse, um zukünftige Fähigkeitslücken zu schließen.

Kooperation und Innovation

Insgesamt bot die 20. Reunion eine umfassende Plattform für den Austausch über die drängendsten sicherheitspolitischen Fragen der Gegenwart. Die Redner dürften sich einig sein, dass nur durch enge Kooperation zwischen Streitkräften, Politik und Industrie sowie durch technologische Innovationen die Herausforderungen der Zukunft bewältigt werden können.

Das Orgateam bedankt sich bei Oberstleutnant Jörg Ulrich Steinhoff vom Kompetenzzentrum für Reservistenangelegenheiten für die Unterstützung. (Foto: privat)

Die Teamleader und Oberste d.R. Krökel und Appel wie das gesamte Orgateam zeigten sich rundherum zufrieden und dankbar. Programmorganisator Thilo H. Krökel summierte: „Angesichts der aktuellen Lage ist es ein großer Gewinn für die Reunion, dass hochkarätige Experten mit wegweisenden Einschätzungen ihre Perspektiven teilen können.“ Krökel dankte den Referenten für die Insights, Details und das vertrauliche Befassen sensibler Inhalte. Er betonte: „Es ist eine besondere Ehre und Freude, einen aktiven 4-Sterne-General und einen amtierenden Innenminister im Programm zu haben.“ Ablaufkoordinator Mirko Appel bedankte sich bei den Teilnehmern und beim Kompetenzzentrum für Reservistenangelegenheiten des SKA für die Unterstützung der diesjährigen Reunion. „Ab 2025 dürfen wir uns auf die tatkräftige Unterstützung des Reservistenverbands freuen“ verkündete er stolz und zuversichtlich. „So verschaffen wir der Reunion noch eine höhere, weitreichendere Wahrnehmung.“ Schon jetzt hat sich die Reunion als bedeutendes sicherheits- und verteidigungspolitisches Forum etabliert, was abermals durch die wiederholte Teilnahme ranghoher Vertreter aus Streitkräften, Wirtschaft und Forschung unterstrichen wurde.

Hintergrund

Die Organisation der Reunion erfordert einen umfangreichen Vorlauf und stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Dies betrifft das gesamte Projektmanagement (Oberst d.R. Mirko Appel und Oberstleutnant d.R. Sascha Niessner) sowie die Standortplanung (Oberstleutnant d.R. Alexander Kuhnigk und Oberstleutnant d.R. Marc Bürvenich). Weitere Ressorts umfassen die Referentenplanung (Oberst d.R. Thilo H. Krökel und Oberstleutnant d.R. Florian Walz), Marketing (Oberstleutnant d.R. Carsten Wagner) und das Anmelde- und Hotelmanagement (Oberstleutnant d.R. Sascha Niessner) wie auch Technik, Fotos und Social Media (Oberstleutnant d.R. Carsten Deil) sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Oberstleutnant d.R. Dr. Bodo Kubartz und Oberstleutnant d.R. Carsten Wagner). Insgesamt besteht das Organisationsteam derzeit aus 12 Stabsoffizieren der Reserve.

Die Reunion des Deutsch-Amerikanischen Reserveoffizieraustausches hat sich dem Ziel verschrieben, die deutsch-amerikanische Freundschaft zu pflegen, aktiv mit Leben zu füllen und die Nachhaltigkeit dieses wichtigen Austauschprogrammes zu fördern. Die Veranstaltung dient als Plattform zur Stärkung der kameradschaftlichen Bande zwischen ehemaligen Austauschteilnehmern über die Jahre hinweg. Gleichzeitig leistet das Reunion-Netzwerk einen bedeutenden Beitrag zur Unterstützung der Streitkräfte und zur Förderung des transatlantischen Dialogs in sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen. Die Reunion wird ehrenamtlich organisiert und findet jährlich statt. Seit 2004 trägt sie entscheidend zur Festigung der transatlantischen Beziehungen bei, wobei sie seit 2013 von den Reserve-Obersten Thilo H. Krökel und Mirko Appel geleitet wird.

Der deutsch-amerikanische Reserveoffizieraustausch, der am 8. Februar 1985 durch die Verteidigungsminister Dr. Manfred Wörner und Caspar Weinberger ins Leben gerufen wurde, zählt zu den Hochwertprogrammen der Bundeswehr. Seit Initiierung haben mehr als 1.000 Soldatinnen und Soldaten an diesem Programm teilgenommen, das sowohl die militärische Ausbildung als auch den transkulturellen Austausch auf höchstem Niveau fördert. Im nächsten Jahr wird die 41. Crew über den Atlantik reisen.

Hier ein aktueller Einblick

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