Vortrag: So geht es der Bundeswehr und ihrer Reserve
Eine voll einsatzfähige Bundeswehr und ihrer Reserve bis 2032 – das war zuletzt Thema bei der Jahrestagung Reservistenarbeit. Grundpfeiler dafür sind vor allem die materielle Ausstattung der Reserve, die Überarbeitung der Territorialstruktur, die Stärkung der Landeskommandos und die Aufstellung von Heimatschutzregimentern. Über diese Aspekte sprach zuletzt auch der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, bei einem Vortrag in Halle.
Zu dem sicherheitspolitischen Abend hatte die Sektion Halle der Gesellschaft für Sicherheitspolitik in die Konzerthalle Ulrichskirche eingeladen. Zorn gab dabei einen Einblick in die Aufgaben und Leistungen der Bundeswehr während der Corona-Pandemie und einen Überblick über die Lage der Bundeswehr insgesamt. Unter den Gästen waren neben vielen Mitgliedern der Reservistenkameradschaft Halle auch Prof. Dr. Johannes Varwick, Präsident der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, und der Oberbürgermeister von Halle, Bernd Wiegand.
Corona-Hilfeleistungen durch die Truppe
Zorn berichtete von den ersten Maßnahmen, als die Bundeswehr deutsche Staatsbürger aus China ausflog und Unterstützungsflüge aus Italien und Frankreich in deutsche Krankenhäuser übernahm – wir berichteten. „Wir hätten deutlich früher europäische Unterstützung anbieten können“, sagte der Generalinspekteur. Im Anschluss daran half die Truppe in Gesundheitsämtern und Seniorenheimen aus, bevor sie, wie aktuell, insbesondere in Testzentren unterstützt. Insgesamt, so Zorn, wurden über 1.000 Amtshilfeanträge eingereicht, von denen 650 angenommen werden konnten. „Es gab viele sehr positive Rückmeldungen“, sagte Generalinspekteur Zorn und dankte allen Beteiligten insbesondere auch den vielen Reservistinnen und Reservisten, die sich freiwillig gemeldet hatten. Den Gesamtumfang des Konzeptes der „helfenden Hände“ bezifferte er mit 15.000 Soldatinnen und Soldaten und 17.000 Sanitäterinnen und Sanitätern, die ab April in Bereitschaft standen.
Lage der Bundeswehr
Neben den konkreten Leistungen der Bundeswehr im Kampf gegen die Corona-Pandemie gab Zorn in seinem Vortrag einen allgemeinen Überblick über die Lage der Bundeswehr. Die Pandemie bedeutete hinsichtlich der Auslandseinsätze aufgrund der Quarantäne-Regelungen eine besonders hohe Belastung für die Soldatinnen und Soldaten. Auch der Kernauftrag der Bundeswehr in den Auslandseinsätzen – die Beratung – ist nach den Worten des Generalinspekteurs größtenteils zum Erliegen gekommen. Die Auslandseinsätze werden aber dennoch weitergeführt. Zudem wurden die in den letzten Jahren oft angesprochenen Problemstellungen Personal, Material, Digitalisierung und Extremismus thematisiert. Zorn zeigte sich insgesamt zufrieden mit dem personellen Aufwuchs in allen Dienstgradgruppen, betonte aber gleichzeitig, dass die Zuführung von gut ausgebildetem Personal eine gewisse Zeit in Anspruch nehme. Laut Planung soll die Bundeswehr bis 2030 auf eine Truppenstärke von 203.000 anwachsen.
Weniger zufriedenstellend sei das Material. Zwar greife auch hier die Trendwende allmählich, jedoch sei die Quote weiterhin zu niedrig, so Zorn. „Die Digitalisierung der Truppe ist auf einem positiven Weg, jedoch brauchen wir hier einen langen Atem“, fasste der Generalinspekteur zusammen. Im Hinblick auf Extremismus in der Bundeswehr verdeutlichte Zorn, dass alle Disziplinarvorgesetzten, hätten sie extremistische Vorfälle bemerkt, richtig gehandelt und umgehend entsprechende Maßnahmen eingeleitet hätten. Generalinspekteur Eberhard Zorn sprach vor dem sicherheitspolitisch interessierten Publikum davon, dass es zwar keine rechtsextremen Netzwerke in der Truppe gäbe, aber durchaus vernetzte Akteure innerhalb der sozialen Medien.
Reserve und Resilienz
Besondere Worte fand der Generalinspekteur für die Reserve der Bundeswehr. Es sei innerhalb der Pandemie-Bekämpfung gelungen, Reservistinnen und Reservisten zu integrieren. Dennoch mahnte er an, dass die Reserve in den letzten Jahren insgesamt vernachlässigt wurde. „Die ab nächstem Jahr eingeführte Grundbeorderung für ausscheidende Soldatinnen und Soldaten soll das ändern“, sagte Zorn. Unabdingbar dafür sei vor allem die materielle Ausstattung der Reserve, die Überarbeitung der Territorialstruktur, die Stärkung der Landeskommandos und die Aufstellung von Heimatschutzregimentern. Hinsichtlich des ab nächstem Jahr beginnenden neuen Freiwilligendienst im Heimatschutz („Dein Jahr für Deutschland“) berichtete Zorn, dass die erste Resonanz mehr als positiv ausfällt. „Wir haben mehr Bewerbungen als Stellen.“
Hintergrundinfo: Bericht zur Jahrestagung der Reserve
Am Ende seines Vortrags ging Zorn auf den Begriff der Resilienz ein. „Es hat sich am Anfang der Pandemie gezeigt, dass wir auf diesem Gebiet noch Nachholbedarf haben“, sagte der Generalinspekteur. Weiterhin regte er das Publikum zum Nachdenken an, indem er betonte, dass es wichtig sei, in den nächsten Jahren auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes und der Katastrophenvorsorge wieder mehr eigene, nationale und europäische Fähigkeiten aufzubauen und vorzuhalten.