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Die Reserve

„Alles muss möglich sein, wenn der Bedarf da ist“




Verbandspräsident Patrick Sensburg und der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Markus Laubenthal, im Sucher einer Kamera. Die Jahrestagung wurde live ins Netz übertragen.

Foto: Nadja Klöpping

Beiratsvorsitzender Franz Xaver Pfrengle.

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Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg.

Foto: Nadja Klöpping

Generalleutnant Markus Laubenthal, Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr.

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Kapitän zur See Alexander Willutzki, Leiter des Kompetenzzentrums für Reservistenangelegeneheiten.

Foto: Nadja Klöpping

Moderierte Schlussrunde mit allen Vortragenden.

Foto: Nadja Klöpping

Rund 250 Gäste waren im Saal in Berlin mit dabei, hinzu kamen rund 100, die die Jahrestagung im Internet verfolgten.

Foto: Nadja Klöpping

Am ersten Tag der Jahrestagung der Reserve der Bundeswehr ging es eher um strategische Planungen auf NATO-Ebene und um den großen sicherheitspolitischen Rahmen – hier nachlesen. Heute, am zweiten Tag, war die Reservistenarbeit an der Basis dran, das tägliche Handwerk sozusagen. Was tut sich in der Reserve? Welche Änderungen gibt es?

Brigadegeneral a.D. Franz Xaver Pfrengle, Vorsitzender des Beirats Reservistenarbeit beim Reservistenverband, forderte von der Politik Wahrheit und Klarheit über das, was die Bundeswehr und ihre Reserve leisten sollen – auch über die Strategie der Reserve hinaus. „Welche Umfänge sind für die Landes- und Bündnisverteidigung (LVBV) notwendig, auch über die bestehenden Ansätze des Heimatschutzes hinaus? Wie rasch soll die Territoriale Reserve einsatzbereit sein, damit die Auftragserfüllung der Bundeswehr sichergestellt ist? Wie kann man die Unbeorderten effektiv an die Streitkräfte anbinden, damit diese ihren Auftrag als Mittler erfüllen können? Das sind nur einige Fragen, mit denen sich der Beirat derzeit befasst“, sagte Pfrengle in seinem Grußwort. „Wir haben angefangen, ein dickes Brett zu bohren, stehen da aber noch ganz am Anfang.“

Ausrüstung, Ausbildung, Ausgeschiedene

„Alles muss möglich sein, wenn der Bedarf da ist. Darum setzt sich der der Verband auch ganz klar für eine Aufstockung der Reservistenstellen auf 10.000 ein, das ist unsere politische Forderung“, unterstrich Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg, Präsident des Reservistenverbandes. Doch auch fernab der politischen Ebene gibt es viel zu tun, etwa bei der Ausrüstung. „Dort, wo Reserve eng verzahnt ist mit der Truppe, darf es keine unterschiedliche Ausrüstung geben. Im Bereich der Bezirks- und Kreisverbindungskommandos darf es auch mal individueller sein, auch ein Pooling ist durchaus denkbar. Das muss dann aber auch so geregelt sein, dass jeder das Material bekommt, das er braucht.“

Ein weiteres Thema, das den Verband derzeit umtreibt, ist die Ausbildung. Hier machte Sensburg ein Angebot an die Bundeswehr, beim Kompetenzerhalt zu unterstützen. Mit seiner haupt- und ehrenamtlichen Struktur hätte der Reservistenverband gerade in der Fläche die Möglichkeiten, die Kameradinnen und Kameraden „bei der Stange zu halten“, nicht nur bei der Nachweiserbringung im Bereich der Individuellen Grundfertigkeiten und der Körperlichen Leistungsfähigkeit, sondern auch darüber hinaus. „Unterschätzen Sie diesen Punkt nicht“, mahnte Sensburg. „Die Ausgeschiedenen gehen erst einmal ins zivile Leben, kümmern sich um Familien und Job, aber irgendwann kommt dann der Wunsch, in der Truppe zu dienen, wieder zurück“, sagte Sensburg. „Oder erinnern Sie sich an eine schlechte Grundausbildung!? Die war doch das Beste am ganzen Wehrdienst!“

Noch einige Knackpunkte offen

Doch neben den Angeboten, bei denen die Bundeswehr von den Angeboten des Reservistenverbands profitiert, gibt es auch einige Knackpunkte, etwa bei der Beförderung von unbeorderten Reservistinnen und Reservisten, die Mitbenutzungsverträge im Bereich des Schießsports oder auch die Uniformtrageerlaubnis mit all ihren Facetten – „ein sensibles Herzthema“, weiß Sensburg. In diesem Zusammenhang bedankte sich Sensburg beim Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Generalleutnant Markus Laubenthal, für die Einrichtung der Arbeitsgruppe zu dem Thema. Eine endgültige Lösung ist jedoch noch nicht in Sicht.

Ein weiteres Arbeitsfeld, dass der Reservistenverband entschlossen anpackt, ist das Thema Extremismus. Hier unterstrich Sensburg die Null-Toleranz-Linie: „Wer nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, hat in unseren Reihen nichts zu suchen!“ Gerade mit Blick auf die neuen Bundesländer regte der Verbandspräsident einen Ausbau der Aktivitäten an. Dort lebten zwar viele ehemalige Soldatinnen und Soldaten, doch das Angebot des Reservistenverbandes sei vergleichbar dünn.

Gut Ding will Weile haben

„In der Reserve hat sich in den vergangenen zwei Jahren viel bewegt“, stellte Oberst i.G. Peter Haupt fest. Er leitet im Verteidigungsministerium das Referat Führung Streitkräfte III 4, das für Reservistenangelegenheiten zuständig ist. Dass sich viel getan hat, sei jedoch der Blick von außen. „An der Basis fühlt sich das langsamer an“, räumte Haupt ein und warb gleichzeitig um Geduld. „Bitte behalten Sie die zeitlichen Dimensionen im Blick, es geht nicht alles jetzt und sofort. Am Ende dreht sich alles um Ressourcen.“ Als Beispiele nannte er die Beschaffung von Waffen, Gerät und Material, die Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen oder auch die kontinuierliche Steigerung der Reservistenstellen – letztlich hängt an allem ein Preisschild. Die Bundeswehr plant mit voller Einsatzbereitschaft zum Jahr 2032.

In seinem Vortrag sprach Haupt zudem über das Pilotprojekt Landesregiment Bayern als Vorbild für den Aufbau von sechs Heimatschutzregimentern (Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, N.N.) und über den freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz. Dort werden 185 weitere junge Frauen und Männer zum 1. Januar 2022 ihren Dienst antreten. Brach im ersten Durchgang (Start 1. April) noch jeder Dritte den Dienst vorzeitig ab, war es im Sommerquartal nur noch jeder Vierte.  Zudem entscheidet sich ein beachtlicher Anteil für eine Weiterverwendung als Soldat auf Zeit oder als freiwillig Wehrdienstleistender.

Nächstes Jahr 5.000 Reservistenstellen

Um die Stellen für Reservistinnen und Reservisten ging es auch im Vortrag vom Leiter des Kompetenzzentrums für Reservistenangelegenheiten, Kapitän zur See Alexander Willutzki. 5.000 sind bereits für das kommende Jahr gebilligt. Das bedeutet, dass an jedem Tag im Jahr 5.000 Reservisten in der Bundeswehr Dienst leisten können. Bis 2027 stellte er einen sukzessiven Aufwuchs auf bis zu 7.350 Stellen in Aussicht. Diese Zahl leitet sich ab aus 4.500 Stellen für den Grundbetrieb, hinzu kommen weitere 2.300 Stellen für die Inübunghaltung der Grundbeorderten und 550 für den Heimatschutz.

Ferner kündigte Willutzki die verpflichtende Sicherheitsüberprüfung für Reservedienstleistende ab dem 1. Oktober 2022 an. „Wir wollen den Kreisen der Gesellschaft, die ein Sicherheitsrisiko darstellen, den Zugang zu Waffen und Munition möglichst effektiv verweigern.“ Dass diese Überprüfung nicht sofort umgesetzt wird, hängt mit einem gewissen Vorlauf zusammen, den das Bundesamt Militärischer Abschirmdienst (BAMAD) für die Umsetzung benötigt. Auch die Rechtsgrundlage rund um den Reservistenausweis soll zeitnah angepasst werden. Hier hatte es im vergangenen Sommer Friktionen gegeben, nachdem der Zutritt zu Liegenschaften nur noch mit einem dienstlichen Grund möglich war. Diese Regelung ist derzeit ausgesetzt und es gilt eine Interimslösung. Die neue, noch zu erarbeitende Vorschrift soll den Spagat schaffen zwischen Wertschätzung für die Reserve und der militärischen Sicherheit.

In weiteren Beiträgen ging es aus um die Umsetzung der Grundbeorderung und der Reservistenberatung aus Sicht der Personalführung, darüber hinaus wurde noch einmal die Nutzung der USG-App dargestellt. Eine offene Aussprache zu den Themen schloss den zweiten Tag – und damit auch die Jahrestagung – ab. Rund 250 Aktive und Reservistinnen und Reservisten nahmen in Präsenz an der größten Tagung der Reserve teil, weitere Gäste verfolgten die Online-Übertragung live im Netz.

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