Als Reserveoffizier im Corona-Einsatz
Eigentlich könnte Dr. Jan Savarino, Mitglied der Reservistenkameradschaft (RK) Königswinkel in Füssen, als Oberarzt für Neurologie und Geriatrie der Fachklinik Enzensberg seine vielseitigen Aufgaben im gewohntem Klinikrahmen ausführen. Doch die wieder rasant steigenden Infektions- und Todeszahlen durch die Corona-Pandemie fordern erneut einen längeren Einsatz des Oberstarztes der Reserve. Bereits im Frühjahr 2020 war er vier Wochen lang im Einsatz.
Mit Unterstützung der Klinikleitung ist Savarino seit Anfang Dezember in seinem Zweitberuf als Sanitätsstabsoffizier im Bezirksverbindungskommando Schwaben (BVK) – eines von sieben in Bayern – eingesetzt. Die Bezirksverbindungskommandos sind ausschließlich mit Reservisten besetzt und den Kreisverbindungskommandos der Landkreise und kreisfreien Städte vorgeschaltet. Als Oberstarzt ist er sanitätsdienstlicher Leiter im BVK und wird von einem San-Oberstabsfeldwebel und mehreren Offizieren und Unteroffizieren verschiedener Spezialisierungen unterstützt, die unter anderem für die Vermittlung von Soldaten an die verschiedenen Gesundheitseinrichtungen im Bezirk Schwaben zuständig sind.
Denn die Bundeswehr hilft: Seit April dieses Jahres wurden bereits mehr als 15.000 Soldatinnen und Soldaten bundesweit im Rahmen der Amtshilfe eingesetzt. 20.000 werden derzeit zur Bewältigung der Pandemie zur Verfügung gestellt. Der Einsatz erfolgt beispielsweise bei den Gesundheitsämtern zur Kontaktnachverfolgung, in Krankenhäusern und Pflegeheimen zur Entlastung des hoch beanspruchten und ausgefallenden Personals. Weitere Einsatzbereiche sind Fieberambulanzen und Coronavirus-Testzentren. Derzeit sind laut Savarino auch Soldatinnen und Soldaten der Füssener Bataillone, Gebirgsversorgungsbataillon 8 und Gebirgsaufklärungsbataillon 230 im freiwilligen Einsatz, obwohl die Aufklärer bereits aktuell durch die Teilnahme am Einsatzkontingent der Vereinten Nationen in Mali personell ausgedünnt sind. In aktueller Planung ist nach dem Aufbau nun der Betrieb der Impfzentren, sowie deren Versorgung mit Impfstoff und dessen Lagerung.
Jeder vierte Intensivpatient mit Corona
Savarino hat durch die vielen unvermeidbaren persönlichen Kontakte in Krankenhäusern und Pflegeheimen auch ein großes persönliches Risiko sich anzustecken. Bereits zwei Mal hat er sich deshalb über mehrere Tage vorsorglich in häusliche Quarantäne begeben müssen. Seine Frau und Kinder sahen ihn dann nur vom Treppenabsatz unten im Keller und das Essen wurde kontaktlos zum Abholen auf den Fußboden gestellt. Stand Januar 2021 lagen in Bayern etwa 2.900 Patienten auf einer Intensivstation, davon sind gut ein Viertel Coronavirus-Infizierte.
Wenn der Inzidenzwert durch den erneuten Lockdown nicht dauerhaft auf unter 50 sinkt, sieht Savarino auf die Ärzte in den Krankenhäusern ethisch schwierigste Entscheidungen zukommen. Ziel des ärztlichen Handels ist es, Leben zu erhalten. Wenn Ärzte und Intensivpflegekräfte durch infizierte Patienten angesteckt wurden, fehlen sie am Arbeitsplatz. Trotz freier Intensivplätze können schwer oder schwerst an Corona Erkrankte, die dringend Betten mit Beatmungsgerät oder der sogenannten künstlichen Lunge benötigen, dann nicht mehr aufgenommen werden. Scheidet darüber auch noch eine Verlegung in ein anderes Krankenhaus aus, muss die Triage angewandt werden. Was in der französischen Sprache klangvoll klingt, heißt auf Deutsch sortieren oder aussuchen: Ärzte müssen dann entscheiden, wer überleben darf, weil es nicht für alle reicht. So weit ist es in den Kliniken jedoch noch nicht.
„Impfungen alleine lösen Krise nicht“
Aber wir sind zum Handeln gezwungen, sagt Savarino: „In Deutschland wurde mit den Impfungen gegen Covid-19 begonnen. Die Impfungen allein lösen die Krise aber noch nicht, es muss die langfristige Wirkung abgewartet werden. Ich appelliere daher an alle, gemeinsam, konsequent und diszipliniert die einfachen AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) anzuwenden, um im Kampf gegen das Virus erfolgreich zu sein und auch andere Personen zur Einhaltung der Maßnahmen zu motivieren.“
Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Vermeidung eines Kollapses des Gesundheitssystems sind auch allgemeine Maßnahmen der Gesunderhaltung: „Je weniger Verletzte es durch Verkehrsunfälle oder Wintersport gibt, je eher schaffen es die Kliniken alle Coronavirus-Patienten zu behandeln“, sagt Savarino.