Am Wochenende vom 17. bis zum 19. Februar ist München der sicherheitspolitische Nabel der Welt. Zur 59. Münchner Sicherheitskonferenz kommen zahlreiche Staats- und Regierungschefs, Minister und etliche weitere hochkarätige Experten im Hotel Bayerischer Hof zusammen.
Wie schon in den vergangenen Jahren tragen auch diesmal zahlreiche Reservistinnen und Reservisten hinter den Kulissen dazu bei, dass alles rund läuft. Einer von ihnen ist Michael Brauns. Der Oberstleutnant d.R. ist im zivilen Berufsleben Pressesprecher der Bundeswehr-Universität in München. Bei der MSC (Munich Security Conference) ist er seiner Qualifikation entsprechend in der Pressebegleitung eingesetzt. Seit 2011 unterstützt er diese weltweit einzigartige Plattform für Außen- und Sicherheitspolitik. Das Engagement kam seinerzeit über das Landeskommando Bayern zustande, als sich die Bundeswehr um die Pressebegleitung kümmerte, ehe das Veranstaltungsteam diese Aufgabe selbst übernahm.
Brauns rechnet für dieses Jahr mit Presse-Akkreditierungen im hohen dreistelligen Bereich – von CNN bis Al-Jazeera zieht die MSC weltweit die mediale Aufmerksamkeit auf sich. Brauns‘ Aufgabe besteht darin, Kamerateams, Fotografen und weitere Journalisten so zu koordinieren, dass sie gute Aufnahmen bekommen, gleichzeitig aber auch den Ablauf der MSC nicht stören. Denn die Konferenz besteht längst nicht nur aus einem Hauptevent im großen Saal des Bayerischen Hofes. Vielmehr sind es die bilateralen Gespräche, die die MSC so einzigartig machen. „Diese Gespräche finden häufig in kleineren Zimmern statt, da können keine 30 Kamerateams oder Fotografen rein, sondern vielleicht eine Handvoll“, erklärt Brauns. Hat jeder seine Aufnahme im Kasten, schließen sich die Türen zum vertraulichen Gespräch. „Was auf der großen öffentlichen Bühne passiert, ist nur ein kleiner Teil der MSC. Diese ‚bilats‘ sind das Salz in der Suppe.“
In solchen Situationen, wenn die Räumlichkeiten nur wenige Journalisten für ein kleines Zeitfenster zulassen, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Brauns wählt dann gewisse Kameraleute und Fotografen aus, begleitet diese in den Sicherheitsbereich hinein und danach auch wieder hinaus. Aber gibt es dann kein Gerangel um die Plätze? „Häufig kennen sich die Kameraleute und Fotografen untereinander und tauschen ihre Aufnahmen aus“, sagt der 54-Jährige. „Am Ende des Tages ist eigentlich immer jeder zufrieden.“
Wie viel Arbeit in einem rund 90 Sekunden langem Beitrag in den Abendnachrichten steckt, wird deutlich, wenn man sich die Arbeitstage von Michael Brauns anschaut. Los geht es um 6.30 Uhr, Ende ist gegen 23.30 Uhr. Vom Mittwoch vor der MSC bis zum Sonntag, dem letzten Konferenztag, ist er im Einsatz. Dabei geht es nicht nur um den „Kern“ der MSC im Bayerischen Hof. Daneben finden mehrere „Side-Events“ statt, zu dem die Partner und Sponsoren der Sicherheitskonferenz einladen. Vom Breakfast Talk der Stiftung Wissenschaft und Politik bis zum Dinner des Auswärtigen Amts werden sicherheitspolitische Themen rund um den Globus diskutiert. Ein enormes Pensum, doch Brauns sieht diese Anstrengung als „Investment“. „Ich bin jedes Jahr gerne dabei, das ist mein kleiner Beitrag zur Weltbühne. Es ist immer wieder beeindruckend, wie hinter den Kulissen die Rädchen ineinandergreifen“, sagt er. Besonders freut sich Brauns in diesem Jahr auf den persönlichen Austausch mit Gästen und Journalisten aus aller Welt. „Genau das macht die MSC doch aus. Dieses besondere Feeling und die Atmosphäre entstehen nur dann, wenn die Menschen zusammenkommen.“
Podiumsdiskussion zur maritimen Sicherheit
Der Reservistenverband ist langjähriger Partner der MSC und veranstaltet im Rahmen der Konferenz ein „Side-Event“. Los geht es am Samstag, 18. Februar, um 17.30 Uhr. Thema: Hotspot Ostsee – Zur strategischen Dimension der maritimen NATO-Ostflanke. Die Podiumsdiskussion, moderiert durch den Präsidenten des Reservistenverbandes, Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg, gibt es im Livestream auf facebook.com/reservistenverband/live. Ein Facebook-Account ist zum Zuschauen nicht nötig.
Die Ostsee ist Teil der Nordflanke des transatlantischen Bündnisses und bildet eine strategische Einheit mit dem Nordmeer, weswegen die Präsenz in diesem maritimen Raum unverzichtbar ist. Denn: Die Ostsee ist kein NATO-Binnenmeer. Mit dem Oblast Kaliningrad und der Region St. Petersburg verfügt Russland über zwei Küstenabschnitte, mit denen aufgrund der dort stationierten Streitkräfte ein nahezu uneingeschränktes Wirken gegen den militärischen sowie gegen den zivilen See- und Luftverkehr möglich ist. Gerade durch die Anschläge auf die Gas-Pipelines North Stream I und II wurde der westlichen Staatengemeinschaft mehr als deutlich vor Augen geführt, wie wichtig und gleichzeitig verwundbar Anlagen der kritischen Infrastruktur hier sein können.
Spätestens mit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine hat die sicherheitspolitische Architektur nicht nur in Osteuropa eine deutliche Erschütterung erfahren. Mit dieser „Zeitenwende“ geht zudem die Angst einher, dass sich die hegemonialen Ansprüche Russlands bis an die Ostsee (und darüber hinaus) erstrecken könnten. Dies treibt nicht nur die baltischen Staaten um, sondern hat letztendlich auch zum NATO-Beitrittswunsch Schwedens und Finnlands geführt.
Vor diesem Hintergrund gewinnt auch der mit dem Kalten Krieg zu den Akten gelegte Gedanke der Abschreckung wieder neue Bedeutung. Unverzichtbares Instrument in diesem veraltet geglaubten Werkzeugkasten der Sicherheitspolitik ist zweifellos die militärische Reserve, wie auch die Teilmobilisierung Russlands eindrucksvoll vor Augen geführt hat. Nur mit Reservistinnen und Reservisten ist die Aufwuchs- und Durchhaltefähigkeit von Streitkräften möglich, um damit in Spannungsfall und Krise handlungsfähig und vor allem glaubwürdig zu sein.