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Die Reserve

Auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel




Blick in den Saal während der Videobotschaft von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Foto: Nadja Klöpping

Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Namen des Reservistenverbandes.

Foto: Nadja Klöpping

Generalleutnant Markus Laubenthal, Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr.

Foto: Screenshot

Generalleutnant Jürgen Knappe, Kommandeur des Joint Support and Enabling Command (JSEC).

Foto: Screenshot

Admiral Joachim Rühle gab einen Ausblick auf künftige planerische Überlegungen auf NATO-Ebene.

Foto: Screenshot

Im Saal in Berlin war diesmal mehr Publikum zugelassen als im vergangenen Jahr, dennoch gab es wieder eine gern angenommene professionelle Übertragung ins Internet für geladene Online-Gäste.

Foto: Nadja Klöpping

Welche Reserve braucht die Bundeswehr? Was soll die Reserve können und wie soll die Reserve künftig ausgestattet sein? Um diese und weitere Fragen ging es zum Auftakt der Jahrestagung der Reserve der Bundeswehr am Freitagnachmittag in Berlin, die Verbandspräsident Oberst d.R. Patrick Sensburg und der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Generalleutnant Markus Laubenthal, gemeinsam eröffneten. Dabei wurde klar: Die Reserve wird selbstverständlich mitgedacht, sie wächst und erstarkt im Gleichschritt mit dem Fähigkeitsprofil der Bundeswehr. Die ersten Schritte sind gemacht, doch es braucht Hartnäckigkeit und Geduld.

In den vergangenen Jahren sei viel Gutes gelungen, sagte beispielsweise Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in einer Videobotschaft zu Beginn der Tagung. „Mit der Strategie der Reserve ist vor zwei Jahren ein entscheidender Pflock eingeschlagen worden, die Marschrichtung ist klar.“ Damit gemeint sind „maßvolle Schritte“, stetig und beharrlich hin zu einer einsatzbereiten Reserve. Kramp-Karrenbauer: „Wir haben viele Maßnahmen umgesetzt, etwa die verbesserte Kommunikation zwischen aktiver Truppe und Reserve. Dann die Einführung des Freiwilligen Wehrdienstes im Heimatschutz, um die Reserve so um eine neue Komponente zu erweitern. Dazu kommt der Beginn der Grundbeorderung. Wir erhalten der Truppe wichtige Expertise, die wir sonst bei jedem Austritt verlieren.“ Vorangekommen sei man bei der Frage der Ausstattung, aber auch hier müsse noch einiges geleistet werden.

Im Zuge der Umsetzung des Eckpunktepapiers kündigte die Ministerin eine Überprüfung der Reservistenstellen an. Aktuell plant die Bundeswehr mit 4.500 Stellen, zuletzt waren diese im Rahmen der Pandemiebekämpfung auf 5.500 aufgestockt worden. „Deutschland braucht in der Zeit sicherheitspolitischer Unsicherheiten eine verlässliche Reserve. Und die aktive Truppe braucht die Gewissheit, dass eine starke, schnell verfügbare Reserve hinter ihr steht. Die Reserve ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Bundeswehr“, betonte die Ministerin. Dabei gehe es ihr auch um die Akzeptanz und Anerkennung in der Gesellschaft. Vor allem mit Blick auf die zivilen Arbeitgeber bemüht sich Kramp-Karrenbauer um persönliches Vertrauen und Verständnis, um hier möglichst wenig Reibungen zu erzeugen.

LVBV und Reserve sind untrennbar verbunden

Generalleutnant Markus Laubenthal, Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und damit zugleich Beauftragter für Reservistenangelegenheiten, ordnete die Rolle der Reserve in den Kontext der aktuellen Herausforderungen für die Bundeswehr ein. „Die Landes- und Bündnisverteidigung (LVBV) und die Reserve sind untrennbar miteinander verbunden“, unterstrich Laubenthal. Dabei kommt es ihm vor allem auf die vier Säulen Organisation/Infrastruktur, Material, Personal und Ausbildung an, jeweils abgeleitet aus der Strategie der Reserve. Vor allem beim Material sollte die Reserve vergleichbar wie die aktive Truppe ausgestattet sein. Personell spielten eine Erhöhung der Stellen und die seit diesem Monat umgesetzte Grundbeorderung eine große Rolle. Er räumte aber auch ein, dass die angestrebten Verbesserungen noch nicht überall zu spüren seien. „Hier brauchen wir mehr Geschwindigkeit und Hartnäckigkeit“, mahnte der „Stellv. GI“. Für die sprichwörtliche Goldrandlösung fehlten aktuell Zeit und Geld, aber „wir müssen deutlich schneller beschaffen“.

Siehe auch: 11 Fragen, 11 Antworten zur Reserve

In seinem Vortrag blickte Laubenthal zudem auf die Amtshilfeeinsätze im Rahmen der Pandemiebekämpfung und zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe zurück. Ferner bilanzierte er den Einsatz in Afghanistan, blickte nach Mali und skizzierte Deutschlands Rolle in der Landes- und Bündnisverteidigung und im Host Nation Support. „Für die Bündnisverteidigung benötigen wir weiterhin die Fähigkeit zur konventionellen Abschreckung, aber 2021 ist nicht 1989. Krieg hat sich weiterentwickelt, das hat Bergkarabach gezeigt“, sagte Laubenthal. Dort war es nicht die große Panzerschlacht, sondern der gezielte Einsatz von Drohnenschwärmen, der über Wohl und Wehe entschied.

JSEC: Truppen- und Materialtransporte in Europa

Wie Deutschland sich mit einem neuen Kommando in der NATO-Struktur eingebracht hat, erklärte Generalleutnant Jürgen Knappe, Kommandeur des Joint Support and Enabling Command (JSEC) mit Sitz in Ulm. Das Kommandozentrum ist bei Aktivierung im Bündnisfall für Truppen- und Materialtransporte innerhalb Europas zuständig und koordiniert zudem ihren Schutz. Bereits auf dem Weg in das Einsatzgebiet und deutlich im Voraus können Planungen zentralisiert und die Aufgaben zum Schutz harmonisiert werden.

Die Verantwortung erstreckt sich auf den Verantwortungsbereich des Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) und reicht von Grönland bis nach Afrika, Europa und dessen Randmeere. Nach derzeitigen Vorgaben der NATO wird das JSEC nur in einer krisenhaften Entwicklung hin zu einer drohenden Auseinandersetzung mit einem ebenbürtigen Gegner aktiviert. Dieser Vorgang wird auch als „Maximum Level of Effort“ der NATO (MLE) bezeichnet. Um optimal bei einer Aktivierung agieren zu können, sind bereits zuvor Aufgaben im Frieden zu erfüllen. „Es ist sehr beeindruckend, zu sehen, mit welchem Engagement die einzelnen Nationen bemüht sind, sich ins JSEC einzubringen“, sagte Knappe. Er stellte sein Kommando, bei dessen Aufbau aus Reservisten eingebunden waren, vor und erklärte die Einbindung in die Struktur der NATO.

Klasse statt Masse in der modernen Armee

Künftige Herausforderungen für die NATO zeigte Admiral Joachim Rühle auf. Der frühere „Stellv. GI“ ist seit etwas mehr als einem Jahr der Chef des Stabes des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) in Mons. In seinem Vortrag ging er auf planerische Überlegungen auf NATO-Ebene ein, allen voran die Reform der NATO-Streitkräftestruktur sowie die Überarbeitung der Alarmierungspläne. Der Reserve schreibt Rühle daher eine zentrale Rolle zu: „Im Spannungsfall ist der Aufwuchs durch aktive Strukturen allein nicht zu stemmen. Insofern ist die Fragestellung, wie wir die ‚Crisis Structure‘ stärken, das geht nicht ohne die Reserve.“ In den Streitkräften der Zukunft würde mehr Qualität statt Masse benötigt. Ferner gab Rühle einen Überblick über künftige Übungsvorhaben auf NATO-Ebene und über aktuelle Missionen.

Morgen geht’s weiter

In diesem Jahr fand die Jahrestagung der Reserve bereits zum zweiten Mal in Folge als hybride Veranstaltung statt, diesmal jedoch mit mehr Saalpublikum in Berlin. Dort hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch die Gelegenheit, sich an Infoständen über die Invictus Games 2023 in Düsseldorf und über die onlinebasierte Lernplattform Link and Learn zu informieren.

Morgen Vormittag geht es dann weiter mit der Jahrestagung. Auf dem Programm stehen aktuelle Themen aus dem Reservistenverband und aus dem Kompetenzzentrum für Reservistenangelegenheiten. Den Fachvorträgen schließt sich eine moderierte Aussprache an.

Mehr dazu morgen auf reservistenverband.de!


Ergänzung vom 23. Oktober: Hier gibt es den Beitrag zum zweiten Tag der Veranstaltung!


 

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