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Die Reserve

Aus dem Urlaub in den Hochwasser-Einsatz




Reservisten der Heimatschutzkompanie Rheinland im Hochwasser-Einsatz.

Foto: Heiko Günther

Oberstleutnant der Reserve Dirk Delpho ist Reservist mit Leib und Seele. Der Kompaniechef der Heimatschutzkompanie Rheinland (bis 1. August: Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie) befand sich gerade im Sommerurlaub, als die Anfrage zur Hochwasserhilfe kam. 60 Stunden später standen er und 53 Kameradinnen und Kameraden bereit, um die zivilen Kräfte in Hagen zu unterstützen. Im Gespräch mit reservistenverband.de schildert er das Erlebte.

Am 14. Juli erreichten uns die ersten Bilder von den Überschwemmungen in Hagen. War Ihnen da gleich klar: Das ist ein Fall für unsere Kompanie?

Nein, das war mir nicht klar. Bei der Hilfeleistung im Innern wurden bisher, wenn die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe eingesetzt wird, zuerst immer die aktiven Kameraden zugezogen. Die Reserve ist aufgrund der Vorbereitungszeit zunächst als zweite Welle gedacht, um die aktiven Kameraden mit frischen Kräften abzulösen. In der Coronahilfe etwa wurden ja auch keine geschlossenen Reserveverbände eingesetzt. Daher kam der Anruf am Wochenende dann doch sehr überraschend.

Wann und auf welchem Wege sind Sie alarmiert worden?

Am Freitagabend um 22 Uhr wurden die Chefs der drei Heimatschutz-Kompanien aus Nordrhein-Westfalen vom Lagezentrum des Landeskommando Nordrhein-Westfalen telefonisch informiert. Da war ich gerade im Urlaub in der Lüneburger Heide. Man teilte mir mit, dass es am Montag in den Einsatz gehen soll. Daraufhin haben wir per Telefonkette alle Reservistinnen und Reservisten der Kompanien angerufen. Die Liste derjenigen, die für den kurzfristigen Einsatz zur Verfügung stehen konnten, haben wir dann am Samstagnachmittag an das Landeskommando gemeldet und schon sonntagsmittags erhielten wir vom Karrierecenter der Bundeswehr per E-Mail vorab die Heranziehungsbescheide. Da haben wir ein sehr schnelles Verfahren, das vom Landeskommando entwickelt wurde, damit die Reservisten auch Rechtssicherheit haben. Ein wenig unglücklich war, dass die Anfrage an einem Wochenende kam, weil natürlich viele so die notwendige Zustimmung ihrer Arbeitgeber nicht einholen konnten.  Vor dem Hintergrund waren wir insgesamt zufrieden, dass wir aus den drei Kompanien, Rheinland, Westfalen und der Kompanie Ruhrgebiet, insgesamt 53 Reservisten und eine Reservistin gewinnen konnten.

Ist dieser Meldeweg ein festes Verfahren, oder haben Sie das individuell für Ihre Kompanien so festgelegt?

Ein festes Verfahren zur schnellen Alarmierung der Kompanie-Angehörigen gibt es noch nicht. Mit der Erfahrung wollen wir nun schauen, wie das weiter optimiert werden kann. Wir waren mitten in der Ferienzeit in Nordrhein-Westfalen, aus der Kompanie Rheinland gibt es auch viele, die aus dem Euskirchener Raum und aus der Eifel kommen, also die selbst unmittelbar betroffen waren oder deren Arbeitgeber auch betroffen waren. Deswegen haben wir auch nicht alle telefonisch erreichen können. Parallel haben wir die Nachricht also noch per E-Mail verteilt. Hier sollten wir künftig ein Verfahren finden, wie man die Leute wirklich schnell auf dem Mobiltelefon abfragen kann.

Montagfrüh ging es los. Wie kamen Sie nach Hagen?

Am Montagmorgen wurden wir in Düsseldorf in die Lage eingewiesen, es folgte die Einschleusung und ein Corona-Test. Und wir mussten auf die Fahrzeuge warten. Es ist ja leider so, dass wir als RSU-Kompanien kein eigenes Gerät, Material und Fahrzeuge haben. Was bedeutet, dass das zunächst vom Landeskommando aus verschiedenen Dienststellen im Umland zusammengezogen werden musste. Wir mussten also Fahrzeuge aus Köln und dem Düsseldorfer Raum holen und hatten schließlich drei Führungsfahrzeuge, ganz normale PKWs und Mehrsitzer zur Verfügung. Die verbliebenen Kräfte haben wir mit einem normalen Reisebus verlegt.

Der Chef der Heimatschutzkompanie Rheinland, Oberstleutnant Dirk Delpho mit Henning Otte MdB bei der Lageeinweisung in Hagen. (Foto: Bundeswehr/Teppeser)

Welches Bild bot sich Ihnen vor Ort in Hagen, welche Aufgaben hatten Sie?

Das Kreisverbindungskommando Hagen hat zunächst für die Aufnahme gesorgt. Wir waren zu diesem Zeitpunkt die einzigen Bundeswehrkräfte vor Ort, die Pioniere mit den Räumpanzern waren bereits weitergezogen ins Ahrtal. Im Schwerpunkt war es unser Auftrag, bei der Herstellung der städtischen Infrastruktur zu unterstützen. Einsatzorte waren das Rathaus, die Feuerwehrgerätehäuser und der städtische Bauhof.

Wird so etwas geübt?

So was konkret wird nicht geübt. Wir haben schon diverse Übungen gemacht, etwa im Raum Wesel. Da gibt es einen starken Verbund des THW und der DLRG und wir haben hier gemeinsame Deichschutzübungen gemacht. Die ein oder andere Übung im Verbund gab es, um die Zusammenarbeit zu trainieren, aber es wird nicht oft gemacht.

Also müsste das intensiver geübt werden oder ist das aus ihrer Sicht gut gelaufen?

Aus meiner Sicht ist das sehr gut gelaufen. Nach aktueller Gesetzeslage ist es so, dass die Lage immer zivil gesteuert wird, es gibt also immer zivile Krisenstäbe. Da fällt natürlich auf, dass wir in gewissen Teilen anders führen. Die zivilen Organisationen haben z.T. ein anderes Führungswesen als die Bundeswehr. Da würde wahrscheinlich durch gemeinsame Übungen eine Harmonisierung und ein besseres Verständnis zwischen den verschiedenen Führungsarten erreicht – das wäre sicher sinnvoll.

Wie lange dauerte der Einsatz?

Wir waren bis Dienstag in Hagen. Die Stadt war überrascht, wie schnell wir die bestehenden Einsatzlagen abgearbeitet haben. Zwischenzeitlich entwickelte sich schnell ein neuer Einsatzschwerpunkt im Raum Euskirchen. Am Mittwoch haben mein Einsatzoffizier und ich uns die Lage vor Ort angeschaut und eine Einweisung vom Kreisverbindungskommando Euskirchen erhalten. Am Donnerstagmorgen hat die ganze Truppe dann in den Einsatzraum Euskirchen verlegt. Hier war das Schadbild noch einmal deutlich größer als in Hagen. Wir waren in den Gemeinden Hellenthal, Schleiden und Gmünd eingesetzt. Hier lag der Einsatzschwerpunkt in den städtischen Schulen. Hinzu kam, dass für das Wochenende wieder Unwetter für die Eifel gemeldet waren. Die ganze Straßenkanalisation war voller Schlamm und Geröll, das Wasser hätte bei erneutem Starkregen nicht abfließen können. Die Priorität der Reservisten und auch der aktiven Verbände, etwa des Taktischen Luftwaffengeschwaders aus Nörvenich, war es also, das Flussbett freizuräumen, damit das wieder aufnahmefähig ist. Zudem haben wir etwa 16.000 Sandsäcke mit dem THW befüllt und verlegt, um hier einem neuen Starkregenereignis entgegenzuwirken, das dann Gott sei Dank nicht eingetreten ist.

Etwa 20 unserer Leute sind dann freitags rausgelöst worden, weil sie nur bis dahin freigestellt waren. Der Rest ist bis Sonntagabend geblieben. Sieben Kameraden sind sogar noch in der folgenden Woche im Raum Bad Münstereifel eingesetzt worden, dann mit aktiven Verbänden.

Wie ist generell Ihre Erfahrung: Haben die Arbeitgeber Verständnis für so kurzfristige Einsätze oder ist das etwas problematisch?

So ein kurzfristiger Einsatz ist ein Sonderfall. Aber wir merken bei den planmäßigen Übungen im Jahr, dass die Soldaten Schwierigkeiten bekommen, freigestellt zu werden. Da ist der Nutzen eben nicht akut sichtbar. Das haben wir jetzt auch gemerkt: Die Mitglieder des THW und der Feuerwehr wurden sofort freigestellt, einigen Reservisten wurde das hingegen erst einmal untersagt. Erst nach heftigem Zureden auf die Personalchefs konnten sie dann doch in den Einsatz gehen. Da wird scheinbar bei den zivilen Arbeitgebern unterschieden zwischen zivilen Hilfsorganisationen und der Reserve der Bundeswehr und wir müssen gemeinsam daran arbeiten, um das Bild des Reservisten positiver darzustellen.

Wie lautet Ihr Fazit zum Einsatz?

Das war ein voller Erfolg, von der Alarmierung bis zum Einsatz vor Ort. Die Bevölkerung, auch der zivile Krisenstab der Stadt Hagen oder der Gemeinde Hellenthal, haben keinen Unterschied feststellen können zwischen aktiver Bundeswehrund Reservisten. Wir haben ein super Bild abgeliefert. Die Bevölkerung ist uns überall mit großer Dankbarkeit und Wertschätzung begegnet Das macht den Einsatz zu einem vollen Erfolg. Generalleutnant Martin Schelleis (Inspekteur der Streitkräftebasis, Anm. d. Red.) hat das bei seinem Besuch ebenso bewertet und deswegen sind wir frohen Mutes: Die Territoriale Reserve erfährt derzeit gerade in Bezug auf die Heimatschutzkompanien eine Aufwertung. Zudem freuen wir uns auf den Nachwuchs aus dem neuen Freiwilligen Wehrdienst Heimatschutz.

Eine letzte Frage: Arbeiten Sie in der Kompanie mit dem Reservistenverband zusammen? Fühlen Sie sich hier ausreichend betreut? Was könnten wir besser machen?

Wir sind jetzt gerade dabei, die Zusammenarbeit zu intensivieren, haben dazu auch Gespräche mit dem Landesvorsitzenden geführt. Es finden jetzt intensive Abfragen bis auf Ebene der Reservistenkameradschaft statt, wo zum Beispiel bei der Ausbildung unterstützt werden kann. Denn da kommen wir oft an unsere Grenzen in den Kompanien. Hier würden wir uns ein bisschen mehr Unterstützung wünschen.

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