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Deutsche Soldaten in Norwegen? Was machen die denn dort? Die Bundeswehr hat bei der Übung Trident Juncture 2018 gezeigt, wozu sie in der Landes- und Bündnisverteidigung fähig ist – mit einem beeindruckenden logistischen Aufwand. Dabei spielte der Einsatz von Reservisten eine wesentliche Rolle.

Von Benjamin Vorhölter und Julian Hückelheim

Schier endlos zieht sich die Straße durch die norwegische Weite. Immer wieder taucht das Auto in ein Nebelband ein, wie sie zahlreich über der Landschaft hängen. Wir befinden uns auf der Fahrt von Oslo nach Trysil, einem beliebten Wintersportort der Norweger. Auf Landstraßen gilt ein gemächliches Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde, auf den norwegischen Autobahnen darf mit 100 Kilometern pro Stunde etwas schneller gefahren werden. Für die etwa 140 Kilometer (Luftlinie) von Oslo nach Trysil benötigen wir schließlich knapp drei Stunden. Unbewusst erfahren wir so unsere erste Lektion in Sachen Militärlogistik.

Fahrzeuge mit dem "Y" auf dem Kennzeichen kommen uns ständig entgegen. Schon im Flugzeug von Berlin nach Oslo und im Transitbereich unseres Zielflughafens sind Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr präsent. Der Grund dafür: die Nato-Übung Trident Juncture 2018.

Im Jahr 2014 hatte die norwegische Regierung angeboten, die Übung abzuhalten. Ziel von Trident Juncture ist es, den Angriff auf einen Nato-Mitgliedsstaat zu simulieren, in dessen Folge der Bündnisfall ausgerufen wird und der Aggressor militärisch zurückgeschlagen werden muss. Bei der freilaufenden Übung bewegen sich die teilnehmenden Einheiten gefechtsmäßig im Felde. Das heißt, in der Zeit vom 25. Oktober bis zum 7. November führen die "Blauen" gegen die "Roten" anhand eines Drehbuches einen Feldzug. Während der Ausgang der einzelnen militärischen Operationen vorherbestimmt ist, steht es den Entscheidungsträgern auf der taktischen Ebene frei, wie sie ihre Missionsziele erreichen. Auf die freilaufende Übung folgt vom 14. bis zum 23. November eine Stabsübung.

Nach den USA sind die deutschen Streitkräfte zweitgrößter Kontingentsteller. Somit befinden sich in Norwegen mehr Kräfte der Bundeswehr als in allen anderen Auslandseinsätzen zusammengenommen – und das hat einen Grund: Die Bundeswehr führt ab 2019 die Very High Readiness Joint Task Force der Nato (VJTF; zu Deutsch: gemeinsame Einsatzgruppe mit sehr hoher Einsatzbereitschaft). Für die Bundeswehr bietet Trident Juncture die Gelegenheit, die beteiligten Verbände der Brigade für ihre zukünftige Aufgabe zu zertifizieren.

Der Transport der deutschen Truppen in das Einsatzland, ihre Versorgung sowie ihre materielle und technische Befähigung zur Gefechtsführung bedeuten eine massive logistische Kraftanstrengung. Nicht umsonst wird die strategische Mobilität als eines der drei Übungsziele definiert. Unsere Reise führt uns entlang eines Teils der deutschen Versorgungskette innerhalb Norwegens. Unser erstes Ziel ist der Gefechtsstand des Versorgungsbataillons 141 in Trysil. Der Verband aus Neustadt am Rübenberge nimmt als Teil der VJTF-Brigade an der Übung teil.

Im Stab des Versorgungsbataillons 141 arbeitet Oberleutnant d.R. Thomas Tschörner als S-3-Verbindungsoffizier. Der 59-Jährige kennt die Bundeswehr noch aus einer Zeit, in der große Nato-Manöver in Deutschland stattfanden. Er leistete in den 1980er Jahren einen Wehrdienst und verpflichtete sich für zwei Jahre bei der damaligen Panzerpionierkompanie 320. Tschörner engagiert sich in der Kreisgruppe Hannover des Reservistenverbandes und schreibt regelmäßig für seinen Arbeitgeber, die Hannoversche Allgemeine Zeitung, Artikel über die Bundeswehr, unter anderem über das Versorgungsbataillon 141. Nun sitzt der Oberleutnant d.R. zusammen mit den Kameradinnen und Kameraden des Stabes in der Operationszentrale. Diese befindet sich in einem Zelt mit einem daran angeschlossenen Container. An dessen Wänden hängen geografische Karten von Norwegen, auf denen die Standorte der Versorgungskompanien und weitere Lageinformationen eingezeichnet sind. Über die Monitore im Gefechtsstand flimmert das Führungsinformationssystem. Ein Beamer projiziert das Lagebild an eine weiße Leinwand. Es darf nicht fotografiert werden. Deshalb öffnet Thomas Tschörner eine Powerpoint-Präsentation.

Zu den Aufgaben von Tschörner gehört es, Kontakt zu den Kompanien des Versorgungsbataillons 141 und zu den im Übungsgefecht kämpfenden Einheiten zu halten. Er hilft dem S-3-Stabsoffizier dabei, die Lage der eigenen Truppen und die des Feindes zu erfassen.

Damit den Fahrzeugen auf dem Vormarsch nicht der Treibstoff ausgeht, liefert das Versorgungsbataillon 141 ständig Diesel. Diesen Job übernimmt zum Beispiel die erste Kompanie des Bataillons. Deren Soldaten betreiben in der Nähe des Ortes Trysil einen beeindruckenden Fuhrpark. Vier Zehn-Tonnen-Lkw, drei gepanzerte Wechselladerfahrzeuge Multi, die Container transportieren können, ein Bison Bergefahrzeug und Tankcontainerfahrzeuge fahren regelmäßig tiefe Reifenspuren in den matschigen und verregneten Boden. Die Lkw und Tankfahrzeuge transportieren 5000 Liter am Tag an die eigene Versorgungskompanie.
 

Informationen über die Bundeswehr aus erster Hand

Der Versorgungstrupp folgt den angreifenden Einheiten oder weicht aus, falls die feindlichen Truppen zu nah kommen. Es ist ein komplexes Szenario, das der Stab des Versorgungsbataillons 141 genau planen und abstimmen muss. "Wir plotten mit, wo unsere Fahrzeuge sind", sagt Stabsoffizier Major Christian Mönch. In der Operationszentrale wissen die Soldaten über das Führungsinformationssystem, wo sich ihre Fahrzeuge befinden und in welchen Räumen sich der Feind bewegt. Darüber hinaus stehen die Kompanien des Versorgungsbataillons per Funk mit der Operationszentrale in Kontakt.

"Ich wollte unbedingt dabei sein, weil ich gemerkt habe: Du kennst dich nicht mehr aus", sagt Thomas Tschörner und fügt hinzu: "Die Bundeswehr ist eine andere als zu meiner aktiven Zeit. Mich hat es gereizt, mich aus erster Hand zu informieren." Im Vergleich zu damals gebe es, abhängig von der Lage nun mehr gemischte Verbände, zum Beispiel Schützenpanzer, Panzergrenadiere und Kampfpanzer gehen gemeinsam vor. Zudem haben die Soldaten nun etliche Funktionen. Sie müssen nicht nur einen Schwerlasttransporter führen, sondern auch reparieren können. Im Bataillon dienen viele Spezialisten und sie arbeiten mit einer große Fahrzeugpalette mit unterschiedlichen Anforderungen. Früher haben die Wehrdienstleistenden das Schild am Panzer gestrichen und ein Fahrer sei damals zunächst nur für sein Fahrzeug zuständig gewesen, schildert Tschörner, "heute gibt keine reinen Fahrer mehr".

Obwohl die Militärpräsenz für ein Land mit etwa 5,3 Millionen Einwohnern beachtlich ist, wird das Bild der Übung im Raum Oslo weit überwiegend von zivilen Eindrücken bestimmt. Der Verkehr fließt ruhig vor sich hin. Von Oslo aus leistet die Streitkräftebasis der Bundeswehr mit dem so genannten National Support Element (NSE) Realversorgung. Das heißt, sie versorgt alle in Norwegen stehenden Einheiten der Bundeswehr, ungeachtet ihrer konkreten Rolle im Rahmen der Übung, denn Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten sind auch bei den Roten – also in der Feinddarstellung – aktiv.

Als wir uns dem NSE im Lager Gardermoen nähern, erblicken wir eine Ansammlung großer weißer Zelte. Dazwischen stehen wie mit dem Lineal gezogen unzählige Lkw, Container und Container- und Gabelstapler. Ganz in der Nähe des Tores steht eine Rote-Kreuz-Fahne im Wind und markiert eine Rettungsstation. Das Areal ist mit einem Bauzaun umgeben. Einen Angriff erwartet hier niemand…

Lesen Sie die Fortsetzung am Donnerstag, den 13. Dezember.

 

Bild 1: Ein kleiner Teil des Fuhrparkes
der Logistiktruppe im Camp Gardermoen.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 2: Mit dem Bergefahrzeug Bison kann
die Bundeswehr während der Übung
schwere und gepanzerte Fahrzeuge abschleppen.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 3: Oberleutnant d.R. Thomas Tschörner an seinem
Arbeitsplatz in der Operationszentrale.
(Foto: Benjamin Vorhölter)

Bild 4: Oberleutnant d.R. Thomas Tschörner
hat die Bundeswehr der 1980er Jahre erlebt.
Für ihn ist Trident Juncture ein besonderes Erlebnis.
(Foto: Benjamin Vorhölter)

Bild 5: Auf diesem Umschlagplatz wird ein Lkw
mit Wasserflaschen für die "kämpfende" Truppe beladen.
(Foto: Julian Hückelheim)

Bild 6: Das Leben im Felde macht erfinderisch.
Hier ist ein improvisierter Trainingsraum zu sehen.
(Foto: Julian Hückelheim)

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