Diese Menschen wollen etwas für ihr Land tun
Sie arbeiten als Steuerexpertinnen oder im Verkauf, als Lehrer oder Mechaniker – immer mehr Menschen ohne Vorerfahrung bei der Bundeswehr lassen sich für den Heimatschutz ausbilden. Auch in Bremen ist das jetzt möglich.
Sie sind am Ende ihrer Kraft. Zwölf Rekrutinnen und Rekruten stehen nach 40 Stunden ohne Schlaf vor ihrer größten Herausforderung: Sie müssen die Hindernisbahn überwinden, erst dann werden sie mit Barett und Litze der Jägertruppe belohnt. Bis dahin heißt es: Zähne zusammenbeißen, die Angst überwinden, auf die Kameradinnen und Kameraden vertrauen.
Gänsehautmomente an der Hindernisbahn
Es ist ein Samstagabend im Juni. Die Heimatschutzkompanie Bremen bereitet ihren künftigen Angehörigen einen imposanten Empfang. Sie haben alle Hindernisse auf dem Gelände der Logistikschule der Bundeswehr im niedersächsischen Garlstedt mit Fackeln erleuchtet und stehen Spalier: ein Gänsehautmoment. Jede Rekrutin und jeder Rekrut wird angefeuert, unterstützt und motiviert, um Spanische Reiter, Eskaladierwand und Stolperdrähte zu überwinden. Selbst der Kompaniechef gibt Hilfestellung – niemand soll jetzt noch scheitern.
Rückblick
40 Stunden zuvor wurden die Teilnehmenden des ersten Ausbildungsdurchgangs Ungediente für die Reserve unsanft mit einem Nachtalarm geweckt. Es hieß sofort: rein in die Uniform, den mehr als 20 Kilo schweren Rucksack geschultert und ab ins Gelände. Natürlich ohne Morgenkaffee und Frühstück, dafür aber mit hartnäckigem Nieselregen.
Bei Tagesanbruch kamen sie am Platz der Gruppe an. Die Zelte mussten aufgebaut, die Feuerstelle angelegt und Stellungen geschanzt werden – Routine für die Ausbildenden der Heimatschutzkompanie Bremen. Aber für die neuen Soldatinnen und Soldaten ist jeder Handgriff ungewohnt, die Ausrüstung sperrig und noch nicht wirklich vertraut. „Wir haben in den vergangenen Ausbildungsmodulen natürlich unheimlich viel geübt“, sagte einer der Rekrutinnen und Rekruten. „Aber hier jetzt unter Druck das Gelernte abzurufen, ist nochmal eine andere Nummer.“ Druck aufbauen, Stress erzeugen, immer neue Lagen einspielen – das sind die Aufgaben der Ausbildenden und der Feindkommandos, die von den Einsatzzügen der Kompanie gestellt werden.
Lernen durch Wiederholung
Immer wieder wurde ein Alarm ausgelöst. Immer wieder galt es: in die Stellungen gleiten, die Waffe gefechtsbereit, warten auf einen möglichen Angriff. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern nahezu ohne Pause. Inzwischen machten sich Schlafmangel und das schlechte Wetter bemerkbar. Die Nerven bei den Rekrutinnen und Rekruten waren angespannt. Jetzt erhöhten die Ausbildenden abermals den Druck. Während eines Alarms fragten sie Erlerntes ab: Was bedeutet LANGEMARK*? ABC-Schutzmaske aufsetzen, dann wieder ab. Und wieder auf. Nochmal: Was heißt LANGEMARK? Zwischendurch verlegen in die Wechselstellungen, wieder ABC-Alarm, wieder Fragen der Ausbildenden.
Erfolgreiche Premiere
„Das ist hart für die Rekrutinnen und Rekruten“, weiß der Ausbildungsleiter. „Aber nur so lernen sie, über ihre Grenzen zu gehen.“ Apropos Grenzen: Nach dem Ende der Rekrutenprüfung wurde natürlich die gesamte persönliche Ausrüstung – inzwischen durchnässt und schmutzig – wieder verstaut. Dann begann der Rückmarsch in die Kaserne, zur gefürchteten Hindernisbahn. „Ich schaffe das nicht“, murmelten einige der Rekrutinnen und Rekruten, doch ihre Gruppenführer hielten dagegen: „Klar schaffen Sie das. Nur noch ein paar Meter, dann sind Sie am Ziel…“
Kompaniechef Hauptmann Victor D. und sein Spieß gratulieren, überreichen das grüne Barett und die grünen Litzen und freuen sich über eine gelungene Premiere. Der erste Ausbildungsdurchgang Ungediente für die Reserve war ein wirklicher Erfolg.
*Um in einem Alarmposten die Vielzahl an Informationen bei der Ablösung fehlerfrei weiterzugeben, nutzen Soldaten die Eselsbrücke LANGEMARK: Lage, Auftrag, Nachbarn, Grenzen, Eröffnungslinie des Feuers, Meldung/Alarmierung, Ablösung, Rückwärtiger Raum, Kennwort/Parole.