Um zusätzliche Reservisten zu gewinnen, setzt das Kommando Sanitätsdienst auf moderne Technologien. Neuheiten und Innovationen haben die Soldaten der Ansprechstelle für Reservisten bei einem Fachkongress des Zentrums für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr in Hamburg kennengelernt. Die Veranstaltung hatte den etwas sperrigen Namen „Game-based Learning und Serious Gaming für eine starke Demokratie – Chancen und Grenzen“. Dahinter steckte die einfache Fragestellung: Wie lässt sich Künstliche Intelligenz in der Aus- und Weiterbildung einsetzen? Welchen Mehrwert bietet dabei die virtuelle Realität?
An einem der zahlreichen Informationsstände konnten die Besucher neu entwickelte Software-Programme mit einer Virtual-Reality-Brille (VR-Brille) testen. Die realitätsnahen Szenarien reichten von der Bergung von Fahrzeugen bis hin zu Einsätzen als Spähtrupp zur Erkundung von Geländen. Zudem konnten die Besucher eine Stressbewältigungssimulation unter feindlichem Beschuss erleben, bei der durch Kopfhörer ein simuliertes Tinnitusgeräusch erzeugt wurde. Ein weiteres VR-Szenario thematisierte den Häuserkampf, bei dem zukünftig auch Polizei- und Spezialeinheiten trainieren sollen.
Besonders beeindruckend war ein Programm, das es ermöglicht, sich mittels VR in einem virtuellen Raum verschiedene Bauteile eines Triebwerks anzusehen und deren Funktionsweise visuell und akustisch zu verinnerlichen. Über die Lautsprecher der VR-Brille werden dabei die einzelnen Funktionen der Bauteile erklärt. Diese innovative Lerneinheit soll es den Nutzern in Zukunft ermöglichen, komplexe Zusammenhänge realitätsnah am eigenen Schreibtisch zu erlernen. Langfristig ist geplant, das Programm weiterzuentwickeln und auch Fahrzeuge in die virtuelle Lernumgebung zu integrieren.
Flankiert wurden die interaktiven VR-Erfahrungen von spannenden Vorträgen. Besonders hervorzuheben ist der Vortrag von Kameraden der Sanitätsakademie der Bundeswehr aus München, der die Bündelung von Informationen mittels QR-Codes thematisierte. Am Beispiel des „Onboarding-Prozesses“ wurde erläutert, wie durch den Einsatz solcher Technologien Arbeitsprozesse effizienter gestaltet werden könnten. Eine weitere Erkenntnis: Entscheidungssimulationen – zunehmend gestützt durch künstliche Intelligenz – werden künftig auch im Soldatenberuf einen immer größeren Stellenwert einnehmen. Hier hörten die Soldaten der Ansprechstelle für Reservisten ganz genau zu, um entsprechende Erkenntnisse auch für den Einsatz von Reservedienstleistenden abzuleiten.
Hintergrund
Der (Aus-)Bildungskongress der Bundeswehr ist seit nunmehr zwei Jahrzehnten als Diskussionsplattform für die fortlaufende Modernisierung der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Einsatzkräften verschiedenster Couleur und weitere Zielgruppen etabliert. Game-based Learning, Serious Gaming und Wargaming, insbesondere also Spiele und Simulationen mit ernsthaftem Hintergrund, aber auch Gamification, was die Anwendung spiel-typischer Elemente in spielfremden Kontexten bedeuten kann, haben in den vergangenen Jahren große Entwicklungsschritte durchlaufen und bieten weitreichende Chancen, die Ausbildung von Einsatzkräften grundlegend zu modernisieren.
Zahlreiche Spielelemente und -systeme befinden sich schon in der Anwendung, sowohl im Militär, beispielweise in der nautischen und fliegerischen Ausbildung, als auch im zivilen Bereich, wie in den verschiedenen Planspielen an Schulen und Universitäten. Ein Beispiel dafür ist das Planspiel „Model United Nations“ (MUN). In Unternehmen kommen Game-based-Learning-Szenarien zu Bildungszwecken oder zur Personalauswahl zum Einsatz.
Das dtec.bw (Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr) ist ein von den Universitäten der Bundeswehr Hamburg und München gemeinsam getragenes wissenschaftliches Zentrum.