Bei PTBS müssen alle an einem Strang ziehen
Die Landesgruppe Hamburg hat am Wochenende ihren vierten Kongress zum Thema Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) ausgerichtet. Grundtenor der Vorträge: Um eine PTBS überwinden zu können, müssen Betroffene, ihre Familien und die Arbeitgeber an einem Strang ziehen. Wie schon bei den vergangenen Veranstaltungen galt die Aufmerksamkeit nicht nur der Bundeswehr und ihrer Reserve, sondern auch zivilen Einsatzkräften wie Feuerwehr, Rettungsdienst, THW oder Polizei.
So berichtete zum Auftakt etwa der Kommandeur und Ärztliche Direktor des Hamburger Bundeswehrkrankenhauses (BWK), Generalarzt Dr. Joachim Hoitz, über die Erfahrungen vom G20-Gipfel im Juli 2017. Nach einem Amtshilfeersuchen war das BWK als Krankenhaus für verletzte Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdienst vorgesehen. Insgesamt seien rund um den Gipfel 255 Polizeibeamte versorgt worden. „Alle Schichten wurden mit Hilfe von Reservisten aufgestockt“, sagte Hoitz. Zudem sicherte ein Zug der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanie (RSUKp) das BWK gegen ungebetene Gäste. Die Betreuungseinrichtungen dienten dabei den Polizisten zum „seelischen Auftanken“ zwischen den fordernden Einsätzen.
Mit Sport und Arbeit die Abwärtsspirale stoppen
Über Integrative Rehabilitation berichtete Oberfeldarzt Dr. Dörthe Lison vom Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr in Warendorf, das eine Sporttherapie anbietet. Diese aber müsse eingebettet sein in ein Gesamtkonzept aus medizinischer und psychosozialer Unterstützung. Denn häufig bedeutet eine PTBS eine Störung der Teilhabe am Leben. Das Nachgehen einer Arbeit bringe Struktur in den Tagesablauf. Der regelmäßige, nicht übertriebene Sport, hilft den Betroffenen, körperliche und psychische Prozesse im Körper umzukehren.
Was Zahlen nicht belegen können
Nach Angaben von Generalarzt Dr. Bernd Mattiesen, PTBS-Beauftragter des Verteidigungsministeriums, gab es im vergangenen Jahr 1.903 „Behandlungskontakte“, im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um knapp 300. Diese Zahlen seien jedoch mit Vorsicht zu betrachten, so Mattiesen. „Dieser Anstieg könnte drei Gründe haben: Entweder wir haben mehr geworben, so dass auch mehr Patienten zu uns gekommen sind. Oder es liegt daran, dass wir mehr Psychologen eingestellt haben. Oder sind es tatsächlich mehr Erkrankungen?“ Denn harte Zahlen gebe es in der Psychologie nicht, wie der „Kosovo-Peak“ zeigt. Durch die Rückdatierung des Stichtages vom 1. Juli 2002 auf den 1. Juli 1992 (Beginn des Einsatzes in Kambodscha) werden auch Soldaten, die während des KFOR-Einsatzes an Leib oder Seele verwundet wurden, rechtlich besser abgesichert.
Versorgung würdevoll und anständig gestalten
Aus Sicht der Politik sagte der Präsident des Reservistenverbandes, Oberst d.R. Oswin Veith MdB: „Wer für unser Land eintritt, bis zum höchsten Opfer, der soll auch so versorgt werden, dass man es würdevoll und anständig nennen kann.“ Dabei gehe es auch darum, die Familienangehörigen zu bedenken. Als Mitglied des Verteidigungsausschusses ist Veith unmittelbar beteiligt an der Verbesserung der bestehenden Versorgungslage. „All das, was im Attraktivitätssteigerungsgesetz nicht untergebracht werden konnte, konnten wir nun im Bundesbesoldungsgesetz unterbringen „, so der Oberst der Reserve.
Hintergrund
Eine PTBS ist eine verzögerte und lang anhaltende Reaktion auf mindestens ein traumatisierendes Ereignis, etwa eine Katastrophe oder ein Unfall. Diese Reaktion ist unter anderem gekennzeichnet durch intensive Angst und das Gefühl von Hilflosigkeit. Der Reservistenverband hat für jedes Bundesland einen Beauftragten für Psycho-Soziale Kameradenhilfe (PSKH). Der PTBS-Kongress findet seit 2012 alle zwei Jahre statt. Gastgeber ist traditionell die Landesgruppe Hamburg unter dem Vorsitz von Oberstleutnant d.R. Oliver Tenbergen. Die wissenschaftliche Leitung hatte Oberstarzt Dr. med. Helge Höllmer vom Zentrum für seelische Gesundheit am BWK Hamburg.