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Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBw) hat mehr als 115.000 Mitglieder. Wir vertreten die Reservisten in allen militärischen Angelegenheiten.

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Verband

Bei Rechtsextremismus darf niemand wegschauen

Über Extremismus wird nicht gern geredet. Dabei ist es ein Thema, das sich nicht ausschweigen lässt, auch nicht für den Reservistenverband.

Symbolfoto: Aufkleber der Identitären Bewegung an einer Bahnstrecke bei Köln.

Foto: Sören Peters

Aufkleber von Gegnern der Identitären Bewegung bei Köln.

Foto: Sören Peters

Symbolfoto: Aufkleber der Identitären Bewegung an einem Laternenpfahl bei Köln.

Foto: Sören Peters

Kein Platz für Nazis! Das gilt für die Bundeswehr und auch für unseren Reservistenverband. Doch wie in der aktiven Truppe gibt es auch in unseren Reihen Fälle von Extremismus, genauer: rechtsextreme Mitglieder. Wenn sie sich als solche zu erkennen geben und die Verbandsführung – egal welcher Ebene – davon Kenntnis erlangt, erfolgt der Ausschluss. Die Verbandsführung ist konsequent und hat 2011 im Rahmen der Bundesdelegiertenversammlung sogar die Satzung geändert, um Extremisten zügiger ausschließen zu können. Seitdem wurde 37 Mitgliedern wegen rechtsextremer Aktivitäten die Verbandszugehörigkeit gekündigt. Denn Extremismus – egal welcher Couleur – hat bei uns keinen Platz. Unser Verband fußt auf der freiheitlich demokratischen Grundordnung, ist den Werten der Inneren Führung verpflichtet und steht für Kameradschaft, Pluralismus, Demokratie, Toleranz und die Liebe zum eigenen Land. Liebe zum eigenen Land, das heißt nicht Hass auf Andere. Ein wichtiger Unterschied, den Kritiker gern ausblenden.

Ganz besondere Brisanz erhält das Thema im Reservistenverband, weil viele Mitglieder hier dem Schießsport nachgehen. An sich ein ganz normales Hobby. Bei seiner Ausübung innerhalb des Verbandes werden alle gesetzlichen Bestimmungen mit größter Sorgfalt eingehalten. Aber einem Verein kommt durch die Möglichkeit zur Ausbildung an der Waffe eben auch eine ganz besondere Verantwortung zu. Auch das eint Verband und Bundeswehr. Nur verfügt die aktive Truppe über ein wichtiges Instrument zum Schutz vor Extremisten in den eigenen Reihen, das dem Reservistenverband als zivilem Verein fehlt: Die Sicherheitsüberprüfung durch den Militärischen Abschirmdienst. Der Nachrichtendienst der Bundeswehr nimmt jeden unter die Lupe, der in der Truppe dienen will – Aktive wie auch Reservisten. Keine Garantie gegen, aber eine Hürde für Extremisten. Vereinsmitglieder, die nicht beordert sind, werden nicht überprüft. Und als eingetragener Verein erhält der Verband auch da keine Auskunft, wo ein beorderter Reservist als extremistisch entlarvt wird.

So schützt sich der Verband vor Extremisten

Doch auch unser Verband hat Mechanismen, um sich vor Extremisten in den eigenen Reihen zu schützen und hat diese über die Jahre geschärft. Neben den 16 Landesschiedsgerichten kann so seit 2011 auch das Präsidium des Reservistenverbandes über den Ausschluss extremistischer Mitglieder entscheiden. „Der Verband kann die Mitgliedschaft nach Anhörung des Mitglieds durch Beschluss des Präsidiums aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, falls die weitere Fortsetzung der Mitgliedschaft für den Verband gemessen an Selbstverständnis und Zweck des Verbandes unzumutbar ist“, heißt es dazu in der Satzung. Das beschleunigt die Verfahren und schützt die vielen rechtschaffenden Mitglieder vor den rechtsextremen Umtrieben Einzelner. Darüber hinaus gibt es bereits seit 2008 einen Beschluss, der die Unvereinbarkeit einer Zugehörigkeit zur NPD mit der Mitgliedschaft im Reservistenverband festhält.

Doch während es damals in erster Linie die NPD war, die Menschen mit extremistischen Weltanschauungen scheinbar einen politischen Hafen bot, ist das rechte Spektrum heute größer. Die Identitäre Bewegung, die 2012 aus Frankreich nach Deutschland schwappte, das Erstarken der Reichsbürgerbewegung oder auch als rechtsextrem eingestufte Burschenschaften – Extremisten haben heute sehr unterschiedliche Gesichter. Und so sind sie nicht immer leicht zu erkennen.

Schwierige Fälle

Nicht leicht ist auch der Umgang mit Hinweisen. Denn wir haben im Reservistenverband den Anspruch, fair, kameradschaftlich und offen miteinander umzugehen. Wir wollen keinen Generalverdacht. Wir leben vom ehrenamtlichen Engagement, der Freude an der Sache und dem Bekenntnis zu unserer offenen Gesellschaft. Deswegen heißt es bei jedem Hinweis aus den Reihen unserer Mitglieder wie auch bei jeder Presseanfrage zunächst sachlich: Wir prüfen den Fall. Und manchmal heißt es eben auch abwägen. Wie damals, im Sommer 2017, als die taz das erste Mal in der Pressestelle anrief und sich nach der Mitgliedschaft mutmaßlich rechtsextremer Männer erkundigte, die im Rahmen der Ermittlungen um die Chatgruppe „Nordkreuz“ ins Visier der Ermittler geraten waren. Die Geschichte, die die taz wenige Monate später veröffentlichte, zeichnete ein beunruhigendes Bild. Das Präsidium entschied sich, die betreffenden Mitglieder auszuschließen. Doch das war nicht rechtens, urteilte ein Gericht. Denn die mediale Berichterstattung hat vor Gericht keinen Bestand, Beweise gibt es bis heute nicht. Das ist Rechtsstaatlichkeit. Sie schützt auch vor Vorverurteilungen.

Andere Fälle sind da einfacher. Als 2015 und 2016 mehr als eine Millionen Menschen nach Deutschland kamen, verschärfte sich der Ton vor allem in den Sozialen Medien. Hier schien man alles sagen zu dürfen, hier legte sich um radikale Aussagen scheinbar lange der Deckmantel der freien Meinungsäußerung. Aber auch was im Netz geschrieben wird, auch Kommentare unter den Beiträgen anderer, können rassistisch, fremdenfeindlich, extremistisch sein – und damit strafbar. In dieser Weise äußerte sich im Sommer 2015 ein langjähriges Mitglied des Reservistenverbandes bei Facebook. Öffentlich und ohne jedes Unrechtsbewusstsein rief der Mann zum Angriff auf die Bewohner einer Notunterkunft in Dresden auf: „1100 x cal. 7,62 und dann feuer frei. weg mit dem asylantenschmarotzerpack*“, schrieb er als Kommentar unter einen Zeitungsbericht. Gemeint waren damit 1.100 Schuss Munition, zum Beispiel für das Maschinengewehr MG3 der Bundeswehr – genau die Anzahl der in der Zeltstadt untergebrachten Flüchtlinge. Was der Mann selbst als freie Meinungsäußerung betrachtete, war für den Landesvorstand des Reservistenverbandes in Sachsen eine klare Straftat: „Es gibt bei uns eine Null-Toleranz-Regelung, solche Menschen können bei uns nicht Mitglied sein“, sagte der damalige Landesvorsitzende. Dem Mann wurde die Mitgliedschaft gekündigt, zudem erstattete der Landesvorsitzende Strafanzeige.

Wenn ein anderes Mitglied bei Facebook mit schwarzem Shirt und Glatze auf Fotos zu sehen ist, auf denen er am 20. April eine Torte mit der Zahl 88 in die Kamera hält, dann muss man entscheiden: Kann das Zufall sein oder ist es ein Fall für den Rauswurf? In dem Fall erhält das Mitglied zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme. Es wird recherchiert und geprüft, in öffentlich zugänglichen Quellen. Auf Grundlage der Ergebnisse wird der Fall im Präsidium entschieden. Das ist jedes Mal eine Herausforderung. Es gilt, Indizien in den richtigen Kontext zu setzen und rational zu bewerten. Emotionen und persönliche Abneigungen müssen außen vor bleiben. Trennschärfe ist gefordert: Wo hört das politische Rechtsaußen auf, wo fängt Extremismus an? Wo liegt die Grenze zum Extremen, Inakzeptablen? Fragen, die nicht immer eindeutig zu beantworten sind.

Austausch, Reflektion und Auseinandersetzung

Deshalb ist die Auseinandersetzung mit dem Thema so wichtig: Wir müssen darüber diskutieren, innerhalb des Verbandes und auch darüber hinaus. Wir müssen Meinungen anhören, Sorgen ernst nehmen und beides einordnen. Denn durch Austausch, Reflektion und Auseinandersetzung können wir uns ein Urteil bilden.

Gleichzeitig dürfen wir uns von den wenigen nicht ins Abseits drängen lassen, dürfen ein Thema nicht dominieren lassen, nur weil die Charaktere, die es bespielen, in den Medien so laut sind. Denn wo 115.000 Mitglieder am Vereinsleben teilnehmen, geschieht so viel Gutes, über das es sich zu reden lohnt. Getragen von der Kameradschaft, der Liebe zu unserem Land, dem Respekt vor den Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr engagieren sich zehntausende Mitglieder in der sicherheitspolitischen Arbeit, der militärischen Ausbildung, der Öffentlichkeitsarbeit. Sie treffen sich zum RK-Abend beim örtlichen Wirt, fachsimpeln in der Reservistenarbeitsgemeinschaft, halten sich gemeinsam fit. Dabei stehen sie fest auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Dazu bekennt sich schließlich jedes Mitglied mit Eintritt in den Verein. Einige wenige sind unehrlich, wenn sie diese Unterschrift leisten. Einige radikalisieren sich später.

Ja, es gibt Extremisten in unseren Reihen. Wie viele das sind, wissen wir nicht. Der Verfassungsschutz schätzte die Zahl rechtsextremer Bürgerinnen und Bürger im Jahr 2017 auf rund 24.000. Übersetzt man das 1:1 auf den Verband, müssten rein statistisch 33 Rechtsextreme Mitglied unseres Verbandes sein. Neurechte Ansichten sind noch deutlich weiter verbreitet. Und die Grenzen sind oft fließend. Aber es bleibt dabei: Unter den etwa 115.000 Mitgliedern ist die Zahl extremistisch geprägter Köpfe gering. Kameradschaft, das Einstehen für unsere Demokratie und die Verbundenheit mit der Truppe dominieren. Das muss so bleiben, dafür müssen wir streiten und kämpfen.

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