Der Beirat Reservistenarbeit als starkes Netzwerk
Die Reservistenarbeit ist angesichts der aktuellen Sicherheitslage in Europa im Umbruch. Das beschäftigt natürlich auch die im Beirat Reservistenarbeit beim VdRBw vereinten Verbände. Ihre Tagung in Berlin nutzen die Verbändevertreter, um sich über Entwicklungen in der Reservistenarbeit der Bundeswehr zu informieren und über die notwendigen Veränderungen auszutauschen.
Der Vorsitzende des Beirats, Generalmajor a.D. Walter Huhn und sein Stellvertreter Oberst a.D. Harald Borst hatten eine Tagesordnung zusammengestellt, die dieser ereignisreichen Zeit gerecht wurde. „Die Vorträge des heutigen Tages sollen dazu dienen, uns selbst kritisch zu fragen, wo sollten wir uns in den wichtigen Fragen um die Wehrpflicht, das Thema Veteranen und die Weiterentwicklung der Strategie der Reserve positionieren und wo ist unsere Rolle in der Stärkung der Reserve“, leitete Huhn in die Tagung ein. Ziel sei es, die Überarbeitung der Strategie der Reserve konstruktiv zu begleiten.
In der Folge erhielten die Teilnehmer zunächst einen Überblick über den aktuellen Sachstand der Reserve in der Bundeswehr: Der Referatsleiter des Reservistenreferates EBU I 2 im Verteidigungsministerium, Oberst i.G. Wilhelm Neißendorfer, und der Leiter des Kompetenzzentrums für Reservistenangelegenheiten, Oberst i.G. Florian Kracht, informierten u.a. zur aktuellen Entwicklung der Grundbeorderung. „Der Grundsatz ‚Reserve ist immer mitzudenken‘, muss sich noch viel mehr verstetigen“, so Neißendorfer. „Allen muss klar sein, dass die Einheit erst vollständig ist, wenn die Reserve mit dabei ist.“ Heute sind noch rund 800.000 Reservistinnen und Reservisten dienstleistungsüberwacht, doch die starken Jahrgänge der Wehrpflichtigen fallen hier nach und nach aus Altergründen heraus . Neu hinzukommen derzeit nur rund 20.000 Ausscheider pro Jahr. Der Pool wird also immer kleiner, der demografische Wandel beschleunigt diese Entwicklung. Aktuell arbeite das Ministerium am Bereitstellungsplan der Bundeswehr, der zuletzt 1999 erlassen und später ausgesetzt wurde. Dabei stehe z.B. auch die Dauer der Grundbeorderung von sechs Jahren auf dem Prüfstand. Aber auch Ausbildungsstruktur, Infrastruktur und die Kommunikation müssen dabei mitgedacht werden.
Zivile Arbeitgeber als „Force Provider“
„Am Schluss geht es auch um Heranziehung“, so Neißendorfer. Derzeit erfolgt diese ausschließlich auf freiwilliger Basis. Auch wenn die Grundbeorderung in ihrer Konzeption davon ausgeht, dass die Ausgeschiedenen im Spannungs- und Verteidigungsfall auch ohne zwischenzeitliche Übung wieder schnell ‚auf Stand‘ wären, ist ein Knackpunkt bei der Übungsbereitschaft immer noch die benötigte Freistellung vom zivilen Beruf. Da setzt die Arbeit von Oberstleutnant Tilman Engel an, der im Landeskommando Hessen das Pilotprojekt „Bundeswehr und Wirtschaft“ leitet. Über das Pilotprojekt berichteten wir kürzlich im Detail. Es war auch wesentlicher Impulsgeber für ein Positionspapier des Beirates zum Thema „Arbeitgeber und Reserve“, das Wege zur besseren Einbindung der als „Force Provider“ immer wichtiger werdenden zivilen Arbeitgeber aufzeigt und auch die Wiedereinführung einer verpflichtenden Hinzuziehung zur Reservedienstleistung diskutiert.
Ein Argument für die Bundeswehr in ihrem Werben um das knapper werdende Personal ist immer auch ihr Umgang mit denen, die im Dienst Schaden genommen haben. Um den Schulterschluss mit den Veteranenverbänden zu stärken, war Oberstleutnant a.D. Bernhard Drescher, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Einsatzveteranen e.V. (BDV) zur Beiratssitzung eingeladen. Er trug zu den Arbeitsschwerpunkten ‚seines‘ BDV vor, der sich einerseits für die gesellschaftliche Wertschätzung und die nachhaltige Sicherung der Versorgung sowie die Verbesserung der Versorgung für einsatzbelastete Veteranen der Bundeswehr einsetzt, sich aber auch mit einem dichten Netzwerk ganz konkret um Betroffene und ihre Familien kümmert.
Veteranentag gemeinsam gestalten
Ein wichtiger Erfolg: Die Einführung des Veteranentages, der auf Beschluss des Bundestages am 15. Juni 2025 erstmals begangen wird. In Berlin ist dazu eine Veranstaltung am Reichstag geplant, zu dessen Planungsstand der zuständige Referatsleiter aus dem BMVg, Kapitän zur See Stephan Küttler vortrug. Aber das darf nicht alles sein: „Der Veteranentag soll aus der Gesellschaft heraus mit den Veteranen und Reservisten begangen werden“, so Drescher. Daher appellierte Drescher: „Wir müssen uns alle zusammen Schulter an Schulter organisieren, den örtlichen Bürgermeister in die Pflicht nehmen und die Feuerwehr und dann bei Bratwurst und Musik mit der Gesellschaft ins Gespräch kommen.“ Eine klare Aufforderung, für die Drescher aus dem Plenum große Zustimmung erhielt.