Raus aus den Tagungsräumen, sich selbst ein Bild von der Lage der Reservisten der Bundeswehr machen, war das Motto des Vorsitzenden des Beirates Reservistenarbeit beim VdRBw Brigadegeneral a.D. Franz Xaver Pfrengle. Deshalb hatte er in seiner dreijährigen Amtszeit regelmäßige Besuche bei der Truppe eingeführt. Dieses Mal zog es die Vertreter der Beiratsverbände nach Düsseldorf, wo neben der Wahl eines neuen Vorsitzenden auch der Besuch der Invictus Games auf der Tagesordnung stand.
Pfrengle selbst stand nun nicht mehr zur Wahl, ein Nachfolger war jedoch gefunden. Einstimmig wählten die Teilnehmenden Generalmajor a.D. Walter Huhn zum neuen Vorsitzenden des Gremiums. Der 65-Jährige war bis zu seiner Pensionierung 2020 zuletzt als Stellvertreter des Kommandeurs und Chef des Stabes im Zentrum Luftoperationen tätig. Seine militärische Laufbahn begann 1976, er studierte Elektrotechnik an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg und durchlief in seiner aktiven Zeit u.a. Verwendungen als Kommandeur einer Radarführungsabteilung in Freising, als Leiter des Militärstabes der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen in New York und als Commander NATO CIS Group und Deputy Chief of Staff CIS and Cyber Defence im militärischen NATO Hauptquartier SHAPE. Profunde ministerielle Erfahrung sammelte er unter anderem als Stellvertretender Leiter des Planungsstabes des Bundesministers der Verteidigung. Huhn geht, so sein Statement, mit großem Respekt an die neue Aufgabe. Mit Blick auf die aktuelle sicherheitspolitische Lage unterstrich er die Bedeutung des Einsatzes für eine starke Reserve und Rolle des Beirates hierbei: „Nie war die Reserve wichtiger als heute! Ihre weitere Stärkung ist unerlässlich für die die Gewährleistung einer glaubwürdigen Landes- und Bündnisverteidigung.“
„Wir müssen es ernst meinen“
Den ersten Sitzungstag nutzen die Teilnehmenden neben der Wahl auch zum ausführlichen Austausch über die aktuellen Herausforderungen der Reserve, u.a. mit Verbandspräsident Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg und dem Stellvertreter des Generalinspekteurs Generalleutnant Markus Laubenthal. Sensburg stellte in seinem Wortbeitrag die große Bedeutung der Reserve und der konstruktiven Zusammenarbeit ihrer Verbände heraus: „Wir dürfen nicht nur von Durchhaltefähigkeit und Abschreckung reden, wir müssen es ernst meinen, sodass auch ein potenzieller Aggressor es glaubt.“
Zum Sachstand der Reservistenarbeit im Sanitätsdienst trug am Abend Generalstabsarzt Dr. Ralf Hoffmann vor, der auch die vielschichtige Aufgabe in der Landes- und Bündnisverteidigung betonte. Kalkulationen bei der NATO skizzieren für den Ernstfall 300 bis 1.000 Verwundete pro Tag, die nach Deutschland zurückgebracht werden müssten. Die Bundeswehrkrankenhäuser in Deutschland verfügen zusammengenommen über 1.800 Betten. „Diese Aufgabe können wir nicht allein wahrnehmen, das geht nur in einem gesamtstaatlichen Ansatz“, so Hoffmann. Besondere Herausforderung für den Sanitätsdienst der Bundeswehr sei es, dass das medizinische Personal meist auch im Zivilberuf in großer Verantwortung steht. Deshalb sei besonders sorgfältige Planung und Abstimmung im Vorfeld notwendig. „Wir können das zivile Gesundheitssystem nicht einfach plündern“, so Hoffmann realistisch.
„Da springt ein Funke über“
Im Rahmen seines Vortrages stimmte er die Zuhörer auch auf den anstehenden Besuch bei den Invictus Games ein: „Da springt ein Funke über, das kann ich ihnen versprechen. Die Begeisterung und dieser Enthusiasmus, Teil einer öffentlichen Veranstaltung zu sein und ganz offen damit umgehen zu können, dass man einsatzgeschädigt ist, sich durchgekämpft hat und über den Sport aus dem Loch herausgekommen ist, das beeindruckt. Versuchen Sie die Gelegenheit zu nutzen, sich mit dem ein oder anderen Wettkämpfer zu unterhalten. Mich hat das wirklich fasziniert.“
Dieser Empfehlung folgten die Vertreter der Beiratsverbände am zweiten Tag der Sitzung ausführlich. Beim Rundgang durch das Invictus Village bestand Gelegenheit zum Gespräch mit Wettkämpfern, Organisationspersonal und vielen Ausstellern aus Bundeswehr und Verbänden, beim Betreten der Arena war dann Gänsehaut garantiert, als die Wettkämpferinnen und Wettkämpfer aus insgesamt 21 Nationen beim Rollstuhlbasketball und im Rudern gemeinsam gegeneinander antraten.