Berlin stärkt die Strukturen im Katastrophenschutz
Ein verheerendes Hochwasser wie im Ahrtal oder in Hamburg vor sechzig Jahren hat die Bundeshauptstadt zum Glück noch nicht erlebt. Die Sturmflut in der Hanse- und Hafenstadt im Jahr 1962 war nicht nur ein einschneidendes Erlebnis. Sie war auch so etwas wie die Geburtsstunde der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Behörden in schweren Katastrophenlagen.
Seitdem gab es Verteidigungsbezirkskommandos und Verteidigungskreiskommandos. Sie waren Teil des Territorialheeres und umfassten entsprechend der zivilen Gliederungen der Größe des entsprechenden Landkreises, der Stadt oder der Kommune. Anfang der 2000er Jahre wurden die Verteidigungskreis und -bezirkskommandos aufgelöst. Ab 2004 entstanden Kreis- und Bezirksverbindungskommandos (KVK/BVK) als Verbindungsstellen zu den Oberbürgermeistern und Landräten. Bundesweit gab es diese Strukturen überall, außer in Berlin.
Das ändert sich nun. In der Hauptstadt wird es künftig Kreisverbindungskommandos geben. Oberstleutnant d.R. Christoph Max vom Hagen wird eins dieser Verbindungskommandos leiten. Das Landeskommando Berlin und der Katastrophenschutzbeauftragte von Charlottenburg-Wilmersdorf erklären die Hintergründe.
Die Verbindungsorganisation in der Hauptstadt
Im Dezember 2021 hat das Landeskommando Berlin in der Julius-Leber-Kaserne alle Leiter der Bezirks- und Kreisverbindungskommandos eingeladen, um sie über das weitere Vorgehen über den Aufbau der Verbindungskommandos zu informieren, darunter auch der Bundesgeschäftsführer des Reservistenverbandes, Christoph Max vom Hagen, der das Bezirkskommando Charlottenburg-Wilmersdorf leiten wird.
Brigadegeneral Jürgen Karl Uchtmann, Kommandeur des Landeskommandos Berlin, stellte bei der Einweisung aller künftigen Leiter die Aufgaben der KVK in Berlin für die Redaktion nochmals vor. Die künftig bestehenden Verbindungskommandos sind in Bezug auf die Aufgaben „identisch mit denen aller Verbindungskommandos in der Bundesrepublik Deutschland“, sagt Uchtmann. Das bedeutet, dass sie Verbindung zu den Amtsträgern und Katastrophenschützern in den Bezirken, zur Feuerwehr, dem Senat und der Landespolizei halten, mit dem Ziel der Beratung, wenn die Bundeswehr über die Amtshilfe gefragt ist.
Insgesamt wird es dabei zwölf Verbindungskommandos geben für alle zwölf Bezirke Berlins. Unter anderem waren der Stromausfall in Berlin Treptow-Köpenick vom 19. bis 20. Februar 2019 und der Terroranschlag am Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 zwei Auslöser zur Schaffung der Bezirksverbindungsorganisation in Berlin. Bei beiden Ereignissen sei erneut deutlich geworden, dass die Bundeswehr im Bundesland Berlin über keine Verbindungsorganisation zu den zivilen Strukturen auf der Bezirksebene verfüge, um die dort unterhalb der Warnschwelle ziviler Katastrophenalarm einzurichtenden Krisenstäbe zu beraten, teilt das Landeskommando Berlin mit.
„Die Zusammenarbeit mit dem Berliner Senat und den Bezirken war und ist durch gegenseitiges Vertrauen, einem guten Informationsaustausch und dem gemeinsamen Ziel der Pandemieeindämmung geprägt“, sagt das Landeskommando über den bisherigen Austausch mit den zivilen Behörden und auch im Hinblick auf die Zukunft. Vor der jetzigen Aufstellung und bis zur Handlungsfähigkeit der KVK werden die zivilen Krisenstäbe Berlins seitens der Bundeswehr auf Landesebene, im Schwerpunkt beim Innensenat, der Berliner Feuerwehr oder der Polizei unverändert durch ein mit sechs Reservedienstposten abgebildetes Verbindungskommando beraten. Darüber hinaus nimmt das Lagezentrum des Landeskommandos Berlin auch gegenüber den Bezirken koordinierende, informierende und beratende Aufgaben unter anderem zum Thema Amtshilfe der Bundeswehr für Berlin wahr.
Wertvolle Unterstützung während der Pandemie
Das Verbindungskommando in Charlottenburg-Wilmersdorf wird dabei künftig vom Bundesgeschäftsführer des Reservistenverbandes, Oberstleutnant d.R. Christoph Max vom Hagen geleitet. Er freut sich auf seine künftige Aufgabe als „Schnittstelle zwischen Militär und Politik sowie den zivilen Organisationen der Krisenbewältigung, um die Zusammenarbeit zu organisieren und im Katastrophenfall die Zusammenarbeit zwischen zivilen Stellen und Bundeswehr zu gewährleisten“, sagt vom Hagen.
Die KVK kommen immer dann zum Einsatz, wenn bei einer Krise, wie beispielsweise der Coronavirus-Pandemie, der Flut im letzten Sommer oder des massiven Schneefalls 2019 in Bayern, die Bundeswehr von ziviler Seite nach Amtshilfe angefragt wird. Auch der Katastrophenschutzbeauftragte des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf, Sven Thiele begrüßt den Schritt der Aufstellung der Kreisverbindungskommandos sehr. „Gerade in der aktuellen Bekämpfung der Corona-Pandemie erfahren wir durch die Bundeswehr eine wertvolle Unterstützung in der Kontaktpersonennachverfolgung, sagt Thiele. Künftig sei ein regelmäßiger Austausch zwischen den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, den im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen sowie KRITIS-Betreibern geplant. „Wir freuen uns, auch die Bundeswehr in diesen Kreis aufnehmen zu dürfen, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit gemeinsam abstimmen zu können“, sagt Thiele weiter.
Die Corona-Pandemie zeigt, wie sinnvoll ein Austausch zwischen Bundeswehr und zivilen Behörden sein kann. Die Einrichtung von Verbindungskommandos kommt in Berlin zwar im Vergleich zu anderen Bundesländern spät, aber offenbar nicht zu spät.