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Aus der Truppe

Birgit Czernotzky ist die erste Frau Oberst der Reserve




Das hat Tradition: Zum Abschluss wird der Frau Oberst der Reserve noch auf die Schulter geklopft.

Foto: FüAkBw/Lene Bartel

beförderung

Aus einem Eichenlaubkranz und zwei Sternen werden drei: Als Birgit Czernotzky in das Büro des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr bestellt wurde, ahnte sie schon, was gleich auf sie zukommen könnte. Doch ganz genau gewusst hat sie es nicht. Umso größer war die Freude, als das Geheimnis kurze Zeit später von Generalmajor Oliver Kohl gelüftet wurde. Er beförderte Birgit Czernotzky zur ersten Frau Oberst der Reserve in der Bundeswehr.

„Es war ein großartiges Gefühl. Ich habe lange darauf hingearbeitet und auch eigentlich nie damit gerechnet, dass ich soweit komme“, sagt Oberst Birgit Czernotzky. Trotz des Abstands, der aufgrund der aktuellen Coronalage eingehalten werden muss, war es für sie ein schöner Moment: „Das hat der Bedeutung und auch der Intensität keinen Abbruch getan. Zumal der Kommandeur auch sehr schöne Worte fand“, so die Reservistendienst Leistende, die derzeit im Projektmanagement an der Führungsakademie der Bundeswehr eingesetzt ist. Seit 2018 begleitet sie in einzelnen Projektphasen den Aufbau der strategischen Denkfabrik, dem German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS). „Meine große Aufgabe ist unter anderem die Weiterentwicklung des GIDS. Ich mache im Prinzip Managementberatung, um den Aufbau der Struktur nach vorne zu bringen.“

Kein leichtes Unterfangen, schließlich ist das sogenannte Veränderungsmanagement ein generell schwieriges Thema. In einer Organisation wie der Bundeswehr, die sehr komplex ist, ist das nochmal eine Herausforderung für sich, sagt sie. „Die Einführung von Managementprozessen begleite ich sehr gerne, weil ich dies auch vom Zivilen her sehr gut kenne. Das GIDS kann als ein kleines Unternehmen innerhalb der Organisation Bundeswehr angesehen werden, was spezielle Strukturen und Schnittstellen braucht.“

Start in die Bundeswehr mit „Mini-Grundausbildung“

Dabei kann die gebürtige Baden-Württembergerin auf einen breiten Erfahrungsschatz aus ihrem zivilen Leben zurückgreifen. An der Universität Tübingen hat sie ein Germanistik- und Geschichtsstudium erfolgreich mit dem Magister Artium abgeschlossen, anschließend ein Volontariat bei der Westdeutschen Zeitung absolviert und langjährige Erfahrung als politische Redakteurin gesammelt. „Journalistin zu werden, war immer mein Traum. Ich bearbeitete spannende Themenfelder wie die Sicherheits- und Gesundheitspolitik.“ Als sich im Jahr 2001 die Bundeswehr für Frauen öffnete und ab diesem Zeitpunkt neben dem Sanitäts- und Militärmusikdienst auch alle anderen militärischen Laufbahnen uneingeschränkt für Frauen zugänglich waren, wurde die damalige Redakteurin auf eine Einführungswehrübung für Journalisten bei der Luftwaffe aufmerksam.

Die Schulterklappen werden ausgetauscht: Birgit Czernotzky wird an der Führungsakademie zur ersten Frau Oberst der Reserve befördert. (Foto: FüAkBw/Lene Bartel)

„Das war im Grunde genommen eine Mini-Grundausbildung. Wir sind durch Deutschland gefahren und haben uns wichtige Standorte angeschaut. Uns wurde beispielsweise gezeigt, wie man schießt, sich orientiert, grüßt und korrekt verhält. Dazu gab es viele vertiefende Informationen über Sicherheitspolitik und die Bundeswehr. Das Ganze dauerte zwei Wochen.“ Eine längere Grundausbildung wäre für Czernotzky nicht in Frage gekommen, schließlich arbeitete sie hauptberuflich für die Zeitung. „Es ging ja nicht darum, Bundeswehr zu lernen, sondern zu begreifen, was Bundeswehr ist“, so die Reservistin, die für diese Übung damals vorläufig zum Oberleutnant ernannt wurde. Anschließend wurde jedem Teilnehmenden der Dienstgrad wieder entzogen. Erst als Birgit Czernotzky zwei Jahre später als Reservistin zur Bundeswehr ging, wurde sie in diesem Dienstgrad bestätigt.

Vielfältige Erfahrungen im zivilen Leben gesammelt

Doch bis dahin hatte sich einiges in ihrem Leben verändert. „Es war super, als Journalistin zu arbeiten. Im Jahr 2000 war es aber schon absehbar, wohin es mit der Printpresse gehen wird.“ Sie entschied sich in die Unternehmenskommunikation, also auf „die andere Seite des Schreibtisches zu wechseln.“ Dadurch konnte Czernotzky vielfältige Erfahrungen in den Bereichen Marketing, Unternehmens-, Finanz- und Markenkommunikation sowohl national als auch international und in den Bereichen Veränderungsmanagement und Veranstaltungen wie Hauptversammlungen eines aktiennotierten Konzerns sammeln. Die Bundeswehr ließ sie aber nicht los. Noch in ihrer Zeit als Journalistin stand sie mit dem damaligen Leiter des Presse- und Informationszentrums (PIZ) Luftwaffe und späteren Sprecher des Verteidigungsministers Rudolf Scharping, Oberst Jochen Cholin, in Kontakt.  „Er war ein hoch interessanter, engagierter Offizier, der mich unglaublich beeindruckt hat, auch intellektuell – mit dem, was er wusste und konnte und wie man mit ihm auch politisch diskutieren konnte.“ Er sei für sie eine Art Vorbild gewesen, sagt Oberst Czernotzky heute. „Ich fand es beeindruckend, wie er das PIZ geführt hat und welche Vorstellungen er von Pressearbeit hatte. Er stand für Transparenz und kritischen Diskurs – alles, was uns auch heute noch beschäftigt.“

 

Der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr, Generalmajor Oliver Kohl, überreicht Oberst der Reserve Birgit Czernotzky die Urkunde. (Foto: FüAkBw/Lene Bartel)

Ab dem Jahr 2003 unterstützte Czernotzky als Reservistin die Bundeswehr in vielfältigen Bereichen. Immer für zwei bis drei Wochen brachte sie ihr Wissen als Pressestabsoffizierin beim PIZ Luftwaffe, an der Führungsakademie der Bundeswehr, im Kommando Luftwaffe und im Planungsamt der Bundeswehr sowie auch im Verteidigungsministerium ein. „Mein Arbeitgeber hat es auch immer mitgemacht und mich dabei unterstützt.“  Das galt vor allem auch in den zehn Jahren als Mitglied der Geschäftsleitung bei der Hamburg Messe und Congress GmbH, wo Birgit Czernotzky das gesamte Marketing und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit leitete. Digitalisierung war hier eines ihrer Schwerpunkt- und Lieblingsthemen.

Aufbauarbeit macht ihr Spaß

Mittlerweile selbstständig, erfuhr sie 2017 in einer politischen Runde von dem Umbau der Führungsakademie der Bundeswehr als Denkfabrik und dem Aufbau des GIDS. Sie wollte eigentlich nur für einen Monat als Reservistin mal „hineinschnuppern“, doch dann war der Bedarf so groß, dass sie dort länger geblieben ist. „Ich habe seither viel Aufbauarbeit am GIDS gemacht. Damals von innen und jetzt begleitend von außen in Form einer Beraterin.“ Neue Bereiche aufzubauen, macht ihr besonders viel Spaß. Das liegt vor allem an den vielen Gestaltungsmöglichkeiten. „Man kann seine Expertise ganz anders einbringen. Wenn man in einen fertigen Stall kommt, dann kann man im Grunde nur ein paar Akzente setzen. Wenn man aber komplett vor einer neuen Aufgabe steht, kann man das ganz anders mit der eigenen Expertise ausgestalten und sich einbringen.“ Auch als Reservistin. „Ich konnte immer meine zivile Expertise einbringen zum Vorteil der Bundeswehr. Aber zugleich habe ich bei der Bundeswehr sehr viel für meine zivilen Aufgaben gelernt. “

Wie es nach dem Engagement für das GIDS an der Führungsakademie im Herbst weiter geht, hängt von Corona und der Entwicklung der Wirtschaft ab. Planbar sei im Moment nichts, sagt die erste Frau Oberst der Reserve bei der Bundeswehr. Eines steht für sie aber bereits fest: „Ein ganz großer beruflicher Wunsch ist jetzt in Erfüllung gegangen.“

Frau Oberst der Reserve Birgit Czernotzky ist die erste Stabsoffizierin, die sich mit der Teilnahme an Wehrübungen diesen Dienstgrad erarbeitet hat. Der Dienstgrad Oberst der Reserve wird regelmäßig aufgrund der dienstrechtlichen Stellung an Beamte im Höheren Dienst verliehen.

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