Brücken zwischen ziviler und militärischer Welt
Peter Strauß hat einmal davon geträumt, große Brücken in Amerika zu bauen. Er wurde Bauingenieur und später noch Betriebswirt – und obwohl sein Traum nicht ganz in Erfüllung ging, hat ihn sein Beruf doch in die weite Welt geführt. So hat der geborene Bookholzberger, der seit langem in Hude wohnt, in China, in Italien oder der Türkei gearbeitet. Als Betriebsleiter eines mittelständischen Unternehmens in Wildeshausen, das weltweit agiert, ist er viel auf Achse. Das "Brückenbauen" hat er dennoch nicht aufgegeben.
Sinnbildlich baut er heute Brücken zwischen der zivilen und der militärischen Welt. Und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen ist er seit Dezember Vorsitzender der Reservistenkameradschaft Hude, zum anderen ist er seit 2007 Verbindungsoffizier für den Landkreis Oldenburg im Bereich der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit. "Das sind beides sehr spannende Aufgaben", sagt der Hauptmann der Reserve.
Eigentlich hat Strauß, der zwei Söhne im Alter von neun und elf Jahren hat, seine Bundeswehrlaufbahn im Jahr 1984 abgeschlossen. "2006 habe ich nach einer ehrenamtlichen Aufgabe gesucht", sagt Strauß und fragte sich: "Was machen eigentlich Reservisten?". Er wurde Mitglied im Reservistenverband und trat der Reservistenkameradschaft Hude bei.
Die Frage, was Reservisten machen, treibt ihn heute noch um. Allerdings jetzt, weil er gerne Antworten geben möchte. "Es geht darum, das Bild der Bundeswehr zu repräsentieren. Die Soldaten verschwinden ja in der Fläche, viele Standorte werden aufgegeben. Umso wichtiger ist es, die Uniform in der Öffentlichkeit präsent zu halten, aufzuklären, Informationen zu geben." All das macht die Kameradschaft, etwa beim Bürgerfest und auf anderen Veranstaltungen. Den leicht aus der Mode gekommenen Begriff der Kameradschaft hebt Strauß auch hervor. Er übersetzt ihn mit Hilfsbereitschaft: "Wenn ich irgendwo in Deutschland ein Problem habe, kann ich mich bei jedem Reservisten melden, er wird mir helfen, ohne mich persönlich zu kennen."
In Hude steht er jetzt 41 Mitgliedern im Alter von 20 bis 68 Jahren vor. "Die Tendenz der Mitgliederzahl ist steigend, gegen den Trend im Landkreis", sagt der passionierte Formationstänzer und Hobbymaler – und liefert gleich die Begründung: "Unsere Kameradschaft war in den letzten Jahren sehr aktiv, wir bieten ein umfangreiches Angebot." Das Angebot will Strauß noch erweitern.
Er plant, künftig Soldaten zu Vorträgen nach Hude einzuladen, die von Kampfeinsätzen berichten können. "Es ist wichtig, aus erster Hand zu erfahren, wie der Soldatenalltag aussieht", sagt Strauß. Mitglied werden könne man übrigens auch dann, wenn man selbst nicht gedient habe. "Wir sind für alle offen." Zwischen uniformierten und zivilen Bürgern will Strauß mit seinen Kameraden auch am 11. September vermitteln. Im Rahmen der 777-Jahr-Feier Hudes gibt es dann Aktionen auf dem Schützenplatz. Selbstverständlich in Uniform. Auch wenn seine Frau Andrea ihn lieber "in Zivil" sieht.
Text: Das Delmenhorster Kreisblatt / Autor: Marco Julius Hude
Hauptmann d.R. Peter Strauß im Interview
"Kameradschaft pflegen und gemeinsame Ziele erreichen" – Reservisten auf Wandertour: "Hude in Bewegung".
Worin liegt die Motivation, ein Mittler zwischen der zivilen und militärischen Welt zu sein?
Meine Motivation als Mittler zu fungieren ist mehrfach begründet. Bevor ich vor drei Jahren in den Reservistenverband eingetreten bin, habe ich mir selbst die Frage gestellt: Welchen Auftrag haben die Reservisten heute und werden Reservisten heute überhaupt noch benötigt? Wir, die Reservisten, müssen nicht nur in der Politik, sondern auch bei den Bürgern, durch Information das Interesse für die Notwendigkeit unseres Auftrags wecken und festigen.
Wie empfinden Sie die Kameradschaft in der Reservistenkamerdschaft Hude?
Die Kameradschaft in der RK-Hude ist sehr gut. Kameradschaft ist sicherlich die größte Antriebsfeder im gesamten Reservistenverband. Die Kameraden sind im Verband um Kameradschaft (Freundschaft) zu pflegen und gemeinsame Ziele zu erreichen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf kurz eingehen, dass gerade auch die Funktion des sozialen Netzwerks ein wichtiger Aspekt ist. Diese Funktion des Reservistenverbandes wird meiner Erfahrung nach unterschätzt. Reservisten können sich mit vielfältigen Problemen an Kameraden in ganz Deutschland wenden und werden mit Sicherheit auf offene Türen treffen. Das Einzigartige am Verband der Reservisten ist, dass man auf kameradschaftliche Hilfe bauen kann, ohne die einzelnen Personen zu kennen.
Welchen Stellenwert hat die Reserve in Ihrem Leben?
Erst kommen die Familie, die Freunde, der Beruf und dann die Reservistenarbeit. Die Reservistenarbeit sehe ich in vielen Bereichen als Ausgleich zum Berufsleben. Als Vorsitzender einer funktionierenden RK habe ich die volle Unterstützung meiner Kameraden.
Was waren Ihre ersten Eindrücke als Reservist?
Ich persönlich habe als Reservist überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Es ist sicherlich auch davon abhängig, wie man auf die Menschen zugeht und wie man sich ihnen gegenüber verhält. Wenn Reservisten in Uniform auftreten gehen die Bürger schon manchmal auf Distanz. Ich denke da zum Beispiel an unsere jährliche Veranstaltung in Hude "Hude in Bewegung". Dieses Jahr nehmen wir zum vierten Mal bei der Wanderung teil. Im ersten Jahr waren die Wanderer sichtlich überrasch mit dem "Militär auf Wandertour zu gehen". Wir haben uns in Uniform unter die Wanderer gemischt und Öffentlichkeitsarbeit praktiziert. In den kommenden Jahren gehörten die Reservisten aus Hude einfach dazu. Aufgrund unserer immer wiederkehrenden Aktionen ist der Huder Reservist in Uniform zur Normalität geworden.
Die Reservistenkameradschaft Hude ist sehr aktiv: welchen Stellenwert hat Ihrer Ansicht nach die Teilnahme an lokalen Veranstaltungen/Festen bei der Präsentation in der Öffentlichkeit?
Die Eingliederung der Reservisten in das öffentliche Geschehen hat für mich einen sehr hohen Stellenwert. Wir Reservisten sind ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft – das müssen wird artikulieren und vor allem praktizieren. Die Reservisten werden in Zukunft immer mehr die Unterstützung und den Rückhalt der Bevölkerung benötigen. Wir Reservisten erbringen ehrenamtlich erhebliche Leistungen für die Gesellschaft, also sollten wir dieses auch öffentlich machen. Je mehr und je öfter desto besser!
Gibt es Tipps für Kameraden, wie sie die Öffentlichkeit auf die Reserve und die Bundeswehr aufmerksam machen können?
Offen und ehrlich mit den Medien umgehen. Nicht warten bis die Medien auf euch aufmerksam werden sondern selbst aktiv werden. Es gibt Zeiten in denen die Presse über "jeden Beitrag" froh ist.
Vielen Dank, Herr Strauß.