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75 Jahre UN-Peacekeeping: ausgedient oder altbewährt?

Auch nach ihrem 75-jährigen Jubiläum bleiben Friedensmissionen der Vereinten Nationen (UN) aktuell im kritischen Fokus der deutschen Öffentlichkeit.

Soldaten üben eine Rettung in der Wüste bei Gao im Rahmen der UN-Mission Minusma.

Foto: Bundeswehr/Robert Habermann

BSHVereinte Nationen

Die Ereignisse im Sudan, der unvermeidliche Abzug der deutschen Truppen der United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission (MINUSMA) in Mali und zahlreiche weitere schlechte Nachrichten aus Gebieten mit UN-Friedensmissionen sorgen für Zweifel an ihrer Effektivität. Auch historische Beispiele wie die Verfehlungen in Ruanda und Bosnien oder die quasi unendlich andauernden Einsätze United Nations Military Observer Group in India and Pakistan (UNMOGIP) und United Nations Truce Supervision Organization (UNTSO) im Nahen Osten scheinen die Kritiker zu bestätigen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges, der die Aufmerksamkeit auf die Landes- und Bündnisverteidigung lenkt, stellt sich gleichermaßen die Verteilungsfrage und ob begrenzte Ressourcen nicht an anderen Stellen besser aufgehoben wären. Auch in Deutschland wird diskutiert, ob zukünftige UN-Friedenseinsätze unterstützt werden sollten, wenn ihre Leistungsbilanz augenscheinlich mangelhaft ausfällt.

Positive Bilanz

Doch die Bilanz des UN-Peacekeeping ist deutlich besser als die Kritik glauben lässt. Die positiven Missionen werden jedoch meist weniger öffentlichkeitswirksam diskutiert. Die United Nations Mission in Sierra Leone (UNAMSIL) Anfang der 2000er Jahre oder auch die United Nations Mission in Liberia (UNMIL) gelten als zwei Beispiele von vielen Friedensmissionen, welche die UN positiv abschließen konnte. Seit dem Ende des Kalten Krieges können elf von 16 Friedensmissionen als erfolgreich angesehen werden, schreiben Walter, Howard und Fortna im Fachjournal Foreign Affairs. Auch die Kosten-Nutzen-Bilanz von UN-Peacekeeping kann positiv hervorgehoben werden. Mit einem jährlichen Budget von gerade einmal 6,45 Milliarden US-Dollar (Budget 2022 bis 2023) wird in vielen verschiedenen Ländern gleichzeitig Stabilität hergestellt. Trotzdem fehlt es an monetären Mitteln.

Wie eine Studie von Hegre et al. zeigt, hätten im Zeitraum von 2001 bis 2013 durch eine massive Erhöhung des Etats zwei Drittel der Konflikte eingedämmt und 150.000 Menschenleben gerettet werden können, im Gegensatz zu einem Szenario, in dem es keine UN-Friedenseinsätze gegeben hätte. Auch wenn es sich hierbei lediglich um eine Prognose handelt, zeigt es doch, welches Potenzial UN-Friedensmissionen inhärent ist. Auch deshalb sollte Deutschland zusammen mit weiteren Staaten versuchen, das Peacekeepingbudget der UN zu erhöhen, anstatt diesem bewährten Konzept den Rücken zuzukehren. Natürlich gibt es Probleme, die nicht von der Hand zu weisen sind. Weihnachtsbaummandate, fehlende strategische Ansätze, komplizierte und teilweise ambige Mandate und der unklare Umgang mit gewaltsamen Umstürzen stellen nur einige der bekannten Herausforderungen dar. Trotz dessen zeigen Studien immer wieder, dass UN-Friedensmissionen negative Auswirkungen von bewaffneten Konflikten reduzieren und Konfliktparteien zu Verhandlungen bewegen.

Konzept ist krisenfest

Ein Rückbau des UN-Peacekeepings oder die Rückbesinnung auf traditionelle Einsätze könnte einen Rufschaden darstellen, durch den Länder des globalen Südens das Vertrauen in Deutschland als Partner für einen starken Multilateralismus verlieren. Zudem würde es eine Stärkung von Ländern wie China und Russland bedeuten, die sich klassische Missionen mit dem Staat im Mittelpunkt und fernab jeglicher Menschenrechtskomponenten wünschen. Störer versuchen die Arbeit des Sicherheitsrates zu behindern und an den Strukturen der UN vorbei Einfluss zu nehmen auf Konfliktgebiete, in denen UN-Friedenstruppen aktiv sind. Russland tut dies beispielsweise durch Desinformation und seine Söldnertruppe Wagner. Trotz dessen und trotz der gegenwärtigen Polarisierung im UN-Sicherheitsrat bleiben Konsultationsprozesse und die Mandatierungen von bestehenden Missionen noch immer weitestgehend intakt, was auch die Krisenresistenz des Konzepts verdeutlicht.

Insgesamt bleibt UN-Peacekeeping weiterhin ein wichtiges Instrument, um global Sicherheit und Stabilität zu fördern. Daher muss Deutschland es verteidigen und unterstützen. Gerade in Zeiten, in denen Peacekeeping zunehmend unter Druck gerät, gilt dies mehr denn je.

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