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Bundestag debattiert über Umgang mit lebensälteren Reservisten




Sie wollen Deutschland weiter dienen: Der Reservistenverband setzt sich für eine angemessene Vorgehensweise im Umgang mit den Lebensälteren ein.

Fotos: privat / Collage: Julia Spieß

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Bei der Debatte im Deutschen Bundestag über den Umgang mit lebensälteren Reservistinnen und Reservisten gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte Nachricht zuerst: Eine Abschaffung der Altersgrenze für Reservistinnen und Reservisten von 65 Jahren wird vor der Bundestagswahl nicht kommen. Die Abgeordneten berieten Mitte Juni über einen Antrag, der zum Ziel hatte, das Reservistengesetz zu ändern. Der Antrag sah vor, die besondere Altersgrenze für Reservisten zu kappen und stattdessen die Kriterien Freiwilligkeit und gesundheitliche Eignung als maßgeblichen Voraussetzungen für einen Reservistendienst festzulegen, um Reservisten über 65 Jahren, die sich noch freiwillig engagieren wollen, die Möglichkeit dazu nicht zu verwehren. Eine Lösung für die Frage zum Umgang mit lebensälteren Reservisten fanden die Abgeordneten nicht. Die Debatte wird nun – wie es nach einer ersten Lesung im Bundestag üblich ist – im zuständigen Ausschuss, dem Verteidigungsausschuss, weitergeführt.

Nun die gute Nachricht: Die hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Professor Dr. Patrick Sensburg am Ende der Debatte parat. Der Oberstleutnant d.R. und Präsident des Reservistenverbandes stellte eine Lösung bei der Frage der Auskleidung von Reservistinnen und Reservisten über 65 Jahren in Aussicht. „Wir werden da zu guten Ergebnissen kommen. Wir werden das vermutlich im Rahmen der Bekleidungsvorschriften ordentlich Regeln“, sagte Sensburg. Hintergrund sind Schreiben aus mehreren Landeskommandos, in denen Reservisten nach Erreichen der Altersgrenze aufgefordert wurden, ihre Uniform abzugeben. Diese Schreiben seien ohne Anerkennung für den geleisteten Dienst verschickt worden, betonte Sensburg. Und weiter: „Das ist nicht nur unprofessionell, sondern damit wird den Reservisten nicht der Dank geschuldet, der ihnen gebührt.“

„Werden eine gute Regelung bekommen“

Deswegen arbeite der Reservistenverband seit November 2020 in einer Arbeitsgruppe mit dem Bundesministerium der Verteidigung daran, dass der Umgang mit der Uniformtrageerlaubnis für lebensältere Reservisten ordentlich gehandhabt wird. „Da, wo Reservistinnen und Reservisten ihren Dienst leisten wollen, werden sie die Uniform auch behalten können“, versprach Patrick Sensburg. Er dankte in diesem Zusammenhang für die Unterstützung aus dem Verteidigungsministerium und betonte: „Ich bin mir sicher, wir werden eine gute Regelung bekommen. So hat es uns die Ministerin in unserer Zeitschrift – der loyal – zugesichert.“  Dass den Reservistinnen und Reservisten Respekt, Dank und Anerkennung, insbesondere für ihr freiwilliges Engagement im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie, verdient haben, darüber waren sich die Abgeordneten im Bundestag weitgehend einig. Ob die Abschaffung der besonderen Altersgrenze die richtige Form der Anerkennung ist, bleibt umstritten.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Alexander Müller bemühte das Beispiel eines Lungenfacharztes. Dieser werde mitten in der Pandemie aufgrund der besonderen Altersgrenze aus dem aktiven Reservistendienst entlassen, obwohl er den Job gern weitermachen würde. „Viele Menschen fühlen sich mit über 65 Jahren noch topfit und empfinden den Rauswurf als eine Art Altersdiskriminierung“, argumentierte Müller. Deshalb sollen die Reservisten künftig nach körperlicher und geistiger Fitness beurteilt werden und nicht nach einer starren Altersgrenze. Es gehe hier nicht um den Kampfschwimmer oder Infanteristen, sondern um erfahrene IT-Experten, sachkundige Logistiker und medizinisches Fachpersonal. Die Lebenserfahrung und Expertise der lebensälteren Reservisten sei unschätzbar wertvoll für jüngere Kameraden, sagte Müller. „Man reißt funktionierende Teams auseinander, wenn man Reservisten gegen ihren Willen aus der Reserve drängt“, fügte der FDP-Politiker hinzu.

Keine Zwei-Klassen-Gesellschaft

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Lehmann begrüßte den Vorschlag zur Abschaffung der Altersgrenze für Reservisten zwar, warnte aber gleichzeitig davor, eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu schaffen. „Wir haben auch eine Fürsorgepflicht. Jahrzehntelanger Dienst in der Bundeswehr geht nicht spurlos am Körper vorbei“, sagte Lehmann. Deshalb gebe es die bestehende Regel, dass man spätestens nach 65 Jahren in den Ruhestand eintreten könne. Er wolle den lebenserfahrenen Reservisten nicht die körperliche Eignung und Fitness absprechen. Dennoch sollten wir realistisch und ehrlich bleiben, fuhr Lehmann fort und zitierte den aktuellen Bericht der Wehrbeauftragten: „Gerade die Verstärkungsreserve erfordert zunehmend mehrheitlich lebensjüngere wehrrechtlich verfügbare Menschen.“

Mit Blick auf den Kampf gegen die Pandemie lobte Eberhard Brecht zunächst das freiwillige Engagement der Reservistinnen und Reservisten. Der SPD-Bundestagsabgeordnete sprach von einem Sympathieschub für die Bundeswehr. Zivil-Militärische Zusammenarbeit sei für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes erfahrbar geworden. Ohne die Hilfe der Bundeswehr wäre die medizinische Versorgung während der Hochphase der Pandemie zusammengebrochen, betonte Brecht und schränkte gleichzeitig ein: „Nur muss die Frage erlaubt sein, ob in irgendeinem Krankenhaus in Deutschland Patienten deshalb nicht behandelt werden konnten, weil medizinisch ausgebildete Reservisten im Rentenalter nicht zur Verfügung standen.“ Wenn das der Fall gewesen wäre, ließe sich der Wegfall des Höchstalters für Reservisten mit einem dringenden Handlungsbedarf gut begründen.

„Reserve ist kein Freundschaftsverein“

Es sei verständlich, dass man einem Wunsch lebensälterer Kameraden, nämlich dem Bedürfnis nach einer Gemeinschaft im Rentenalter, nachkommen wolle. Aber: „Die Reserve ist kein Freundschaftsverein“, stellte Eberhard Brecht fest. Die Reserve der Bundeswehr sei auch zu den Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung verpflichtet. Daher sei hier die Frage, ob es tatsächlich so viele Menschen im fortgeschrittenen Alter gebe, die bereit und in der Lage sind, diesen Job wahrzunehmen. Die Fürsorgepflicht gehe hier weit über die Frage der Tauglichkeit hinaus. Darüber hinaus würde die Abschaffung der Altersgrenze für Reservisten zu einer erneuten Diskussion über die allgemeine Altersgrenze in der Bundeswehr führen. „Man sollte sich genau überlegen, ob man die Büchse der Pandora öffnet“, sagte SPD-Politiker Brecht.

Vor einer Anpassung des Rentenalters schreckt die AfD offenbar nicht zurück. Deren Mitglied im Verteidigungsausschuss Gerold Otten teilte mit: Bei der besonderen Altersgrenze für Reservisten handele es sich um eine gesetzliche Normierung, die dringend den gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst werden müsse. Das allgemeine Renteneintrittsalter sei bereits für den Jahrgang 1955 auf 67 Jahre heraufgesetzt worden, über die Rente mit 68 werde sogar jetzt diskutiert. Dass jedoch für Berufssoldaten andere Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand gelten, ließ er außenvor. Ferner stimmte Otten dem Argument zu, dass eine gründliche Tauglichkeitsuntersuchung den Einsatz von lebensälteren Reservisten über die besondere Altersgrenze hinaus möglich machen könnte. Linken-Politiker Tobias Pfllüger lehnte eine Änderung des Reservistengesetzes dagegen grundsätzlich ab: „Wenn es darum geht, die Pandemie zu bekämpfen, gibt es eine ganze Reihe Möglichkeiten, sich bei zivilen Stellen zu melden.“ Das betreffe auch den Lungenfacharzt, mit dem die FDP für eine Abschaffung der Altersgrenze für Reservisten argumentiert.

Grüne wünschen sich mehr Pragmatismus

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Tobias Lindner, zeigte hingegen mehr Sympathie für den Antrag, wies aber gleichzeitig darauf hin: „Polemik ist hier fehl am Platz.“ In der Bekleidungsfrage bei Anlässen wie Gelöbnissen oder Kranzniederlegungen könne man pragmatischer denken. Man müsse darüber hinaus über Grenzfälle wie Cyber-Spezialisten oder den Lungenfacharzt nachdenken. Freiwilligkeit und gesundheitliche Eignung seien noch keine ausreichenden Voraussetzungen. „Wir werden uns in den Ausschussberatungen sehr genau darüber unterhalten müssen, wie man Grenzfälle betrachtet. Ich finde, man muss Unterschiede machen, für welche Truppengattung das gilt, ob das für Mannschaftsdienstgrade gilt und welche Anreize setzen wir. Wir haben als Staat auch eine Verantwortung gegenüber älteren Männern und Frauen“, betonte Lindner. Denkbar wären Einzelfallentscheidungen, was das Überschreiten der besonderen Altersgrenze für Reservistinnen und Reservisten betrifft, sagte CDU-Politiker Jens Lehmann, und zwar für den Fall, dass die Bundeswehr auch einen entsprechenden Bedarf anmeldet.

Sein Parteikollege Patrick Sensburg schlägt vor, die Debatte nicht nur im Ausschuss weiterzuführen: „Ich wünsche mir, dass wir das intensiv beraten. Wenn Sie es ernst meinen, lade ich Sie ein: Bitte bilden Sie ein Forum. Laden Sie den Reservistenverband und den Bundeswehrverband ein, lassen Sie uns gemeinsam außerhalb des Parlaments darüber diskutieren, das Thema gemeinsam voranbringen und zu guten Lösungen kommen, aber bitte auch dann mit den Soldaten. Das ist uns als Reservistinnen und Reservisten wichtig.“

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