Der dienstälteste Stabsunteroffizier meldet sich ab
Ein Urgestein des Heeres biegt in die Zielgerade ein. Nach fast einem halben Jahrhundert treuem Dienst hängt Heinz Cecil, mit Erreichen der Altersgrenze, die Uniform an den Haken. Mit einem emotionalen Vortrag zum eigenen Werdegang verabschiedet sich der Stabsunteroffizier während seiner letzten Reservedienstleistung in Speyer von seinen Kameradinnen, Kameraden und Weggefährten des nicht-aktiven Pionierbataillons 905.
Es herrschen sehr milde, spätherbstliche Tage. Ideale Voraussetzungen, um Pioniere in ihrem Handwerk auszubilden. Ein Handwerk, das der erfahrene Stabsunteroffizier Heinz Cecil von der Pike auf beherrscht. Die Auszubildenden lassen ihre Sturmboote zu Wasser. Sie wollen den Betriebsberechtigungsschein „Schlauchboot mit Außenbordantrieb“, vergleichbar dem zivilen Sportbootführerschein für Binnenstraßengewässer, erwerben. Die Motoren gluckern leise vor sich hin. Der routinierte Binnenschiffführer Cecil geht an Bord und fährt mit ihnen auf den Rhein hinaus.
„Oberstrom und Unterstrom frei. Fertig zum Ablegen.“ Die Soldaten müssen wichtige Fahrmanöver und das „Wasser lesen“ lernen. Getreu dem Motto „Aus der Praxis für die Praxis“ profitieren sie von dem großen Erfahrungsschatz des 64-Jährigen.
Mehr als 45 Jahre in einem Dienstgrad
Es sind Erfahrungen, die nicht von ungefähr kommen. Am 1. Oktober 1973 ist für den damals 17-jährigen Heinz Cecil in Landsberg am Lech in der Lechrain-Kaserne Dienstantritt bei der Bundeswehr. Als Rekrut wird er zum Richt- und Ladeschützen auf dem Kanonenjagdpanzer ausgebildet. Im Dezember 1973 wird er in die 4. Kompanie des Gebirgspanzerjägerbataillon 234 nach Pocking versetzt.
Während er sich noch zivilberuflich orientiert, verpflichtet sich Cecil als Zeitsoldat für vier Jahre in der Laufbahn der Unteroffiziere. Nach der Ernennung zum Gefreiten (Unteroffizieranwärter) folgt im April 1974 der laufbahnrelevante Unteroffizierlehrgang an der Kampftruppenschule II/III in Munster. Angekommen in der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere wird der junge militärische Führer im Oktober 1974 zum Panzerjägerunteroffizier befördert. Auf militärischen und zivilen Lehrgängen baut er seine Qualifikationen weiter aus. Vor 45 Jahren erhält Cecil mit der Ernennung zum Stabsunteroffizier am 22.10.1975 seinen bis heute geführten Dienstgrad.
Das Zivilleben und der treue Dienst als Reservist
Für Stabsunteroffizier Cecil endet Ende September 1977, während der Zeit des RAF-Terrors, seine aktive Wehrdienstzeit. Das zivilberufliche Leben beginnt und es verlagern sich auch persönliche Schwerpunkte. Ab 1993 „schlüpft“ Cecil wieder in die Uniform und tritt seinen Dienst in der freiwilligen Reserve an. Zu diesem Zeitpunkt hatte er privat die Fallschirmsprunglizenz sowie den österreichischen Segelschein erworben. Doch damit nicht genug. In den Jahren von 1993 bis 1994 absolviert er in 43 Tagen als Reservist während unentgeltlicher, dienstlicher Veranstaltungen die Ausbildung zum Scharfschützen. In den Folgejahren leistet der gestandene Stabsunteroffizier seine Dienste im nicht-aktiven Pionierbataillon 761, das 2009 aufgelöst wird. Fortan bis heute ist und war das Pionierbataillon 905 seine militärische Heimat.
Sein pioniertechnisches Wissen festigt Heinz Cecil bei unzähligen Übungsvorhaben. Gewässerausbildung, Brücken- und Fährenbau auch das Bauen von Schwimmstegen beherrscht er und gibt gern sein Wissen weiter. Der Sprung in die Feldwebellaufbahn ist für Cecil aus beruflichen und persönlichen Gründen kein Thema, obwohl der Verantwortungsbereich, in dem er sich über viele Jahre bewegt, genau dieser Laufbahn und Qualifikation entspricht. So nimmt Cecil auch an der computergestützten Ausbildung zur Taktikweiterbildung in Dresden teil. Dort nutzt Cecil oft die Möglichkeiten, sich im Dialog mit ranghohen Soldaten über die Entwicklung der Bundeswehr auszutauschen. General Michael Podzus und Oberst Bernd Holthusen bleiben ihm da besonders in Erinnerung.
Kameradschaft unabhängig von Rang und Herkunft
„Die Aufgabenverteilung zur Erfüllung der Aufträge oder Übungsvorhaben erfolgt insbesondere bei der Reserve oftmals unabhängig vom Dienstgrad, vielmehr auf Grundlage der Befähigung jedes Einzelnen. Gerade so können zivile Qualifikationen zielführend zum Einsatz gebracht werden“, beschreibt Cecil das, was für ihn den Reiz am Dienst als Reservist ausmache. Zudem werde in der Reserve die enge Kameradschaft über alle Dienstgradgruppen hinweg gepflegt.
„Doch nicht nur der Dienstgrad, sondern auch die Herkunft der zusammengezogenen Reservisten ist sehr vielfältig“, sagt Cecil. Ob jung oder alt, aus Ost oder West, von der Küste oder aus dem Alpenland, ob Offizier oder Mannschaftssoldat – es seien die vielen unterschiedlichen und einzigartigen Charaktere, denen er in seiner Zeit bei der Bundeswehr begegnet sei. Viele unvergessliche Erlebnisse verbinden sich für ihn mit diesen Menschen. Dafür ist Cecil sowohl seinen Kameraden als auch der Bundeswehr sehr dankbar – vor allem für die Kameradschaft quer durch „Rang und Republik“.
Alle seine Kameraden verabschieden sich mit einem kräftigen „Anker wirf!“, dem Schlachtruf der Pioniere. Alles Gute dem wohl dienstältesten Stabsunteroffizier.