Der innovative Reservist
Herr Hofmann, wo und wie lange haben Sie bei der Bundeswehr als Berufssoldat gedient?
Vom 2. April 1979 bis 30. November 2012 war ich aktiver Soldat, seitdem bin ich Reservist. Ich habe 29 Jahre bei der Luftwaffenwerft 41 in Neckarzimmern, ein Jahr beim Instandsetzungszentrum 11 (alt SysZLfzT) in Erding und zwei Jahre beim Waffensystemkommando der Luftwaffe in Köln gedient.
Woher kommt Ihre Motivation, Vorschläge einzureichen?
Ich bin gerne Soldat und Techniker. Wenn man in seiner Tätigkeit einen Sinn erkennt, versucht wohl jeder – auch mit Kammeraden zusammen – sein Umfeld so einfach wie möglich zu gestalten und "Sand im Getriebe" zu entfernen. Es fördert übrigens die Gemeinschaft und das soziale Umfeld, wenn man zusammen Probleme löst und sich dabei besser kennen lernt. Ich habe mich schon oft über Arbeitsabläufe und Verfahren geärgert und festgestellt, dass Meckern in den seltensten Fällen hilft. Dagegen bietet das Vorschlagswesen/KVP eine gute Möglichkeit, die erkannten Mängel ohne großen bürokratischen Aufwand zu ändern und die Bundeswehr damit ein Stück weit zu verbessern.
Gibt es Ideen, die auch im Privaten oder zu Hause etwas genützt haben?
Wenn man sich mit Problemlösungen beschäftigt, wird man immer wieder auf neue Techniken und Verfahren kommen, die neu für einen sind und damit den Horizont erweitern. Das hat mit Sicherheit seinen praktischen Nutzen auch für zu Hause.
Sie machen seit 38 Jahren KVP-Eingaben. Was waren bisher die wichtigsten?
Das kann ich so nicht sagen, denn KVP-Vorschläge kann ich ja über alles schreiben, wo meiner Meinung nach "der Schuh drückt". Von technischen Verbesserungen über Arbeitssicherheit bis hin zur Optimierung von Arbeitsabläufen oder der Verbesserung von Ausrüstungsgegenständen. Bei technisch anspruchsvollen Ideen habe ich gute Erfahrungen mit Gruppenvorschlägen gemacht, da man zur Realisierung nicht nur eine Idee (Konstruktion) haben sollte, sondern auch Mitarbeiter an Bord holen muss, die die Fähigkeit besitzen, einen Prototyp zu realisieren. Ich reiche meine Vorschläge erst ein, wenn ich selbst sicher bin, dass sie umgesetzt werden können. Im Übrigen erleichtert so ein Muster oder Prototyp dem Bewertenden die Prüfung und Entscheidung über die Idee.
Wie viel Geld konnte die Bundeswehr durch Ihre Innovationskraft sparen?
Mir persönlich kommt es beim KVP weniger darauf an, dass bei der Bundeswehr Geld eingespart wird. Ich möchte dazu beitragen, dass die Bundeswehr besser funktioniert. Das ist mein Antrieb. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Ideen beim KVP gut aufgehoben sind. Deshalb habe ich im Laufe meiner Bundeswehrzeit über 100 (genau 173, davon 23 in den letzten fünf Jahren) KVP-Vorschläge eingereicht. Von diesen wurden allein in den letzten fünf Jahren acht angenommen, umgesetzt und prämiert. Da dürfte natürlich auch schon einiges an Einsparungen für die Bundeswehr zusammengekommen sein.
Im vergangenen Jahr wurden Sie aber von Gerd Hoofe, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, für zwei KVP-Vorschläge ausgezeichnet.
Das stimmt. Ich hatte sie jeweils mit zwei weiteren Kameraden als Gruppenvorschlag eingereicht. Die Vorschläge stammten vom August und September 2015. Wir hatten uns damals ausgiebig mit der Instandsetzung der Leicht- und Schwerlastenschlösser (Lastenaufnahmen) am Waffensystem Tornado auseinandergesetzt und uns überlegt, wie man das Instandsetzungsverfahren vereinfachen könnte. Im Ergebnis haben wir einmal die Verwendung eines selbst entwickelten Bauteils bei der Grundüberholung der Leichtlastenschlösser vorgeschlagen. Dadurch wurde die Instandsetzung deutlich kostengünstiger. Im zweiten Vorschlag haben wir vorgeschlagen, die Instandsetzung durch die Reduzierung der Ersatzteilbeschaffung beim Ausbau der Gleitkontaktstecker zu vereinfachen. Auch hierdurch wurde die Instandsetzung beschleunigt und Geld eingespart. Aufgrund der recht komplexen Thematik und der in der Luftfahrzeugtechnik notwendigen vielseitigen Prüfungen dauerten diese einige Zeit. Aber das Warten hat sich gelohnt: Nach Angaben der fachlich zuständigen Stelle werden durch die Umsetzung der KVP-Vorschläge jeweils Haushaltsmittel in Höhe von rund 172.365 Euro und 265.578 Euro, also insgesamt 437.943 Euro eingespart.
Können Sie kurz Sinn und Zweck des Kontinuierlichen Verbesserungsprogramms (KVP) beschreiben?
Das KVP setzt auf die Aktivierung des Ideenpotenzials aller Beschäftigten. Es bietet unabhängig von Rang und Dienststellung die Möglichkeit, Ideen für Verbesserungen in der Bundeswehr einzubringen, und zwar bei einer zentralen Stelle, die sich um die zügige Prüfung der Umsetzbarkeit kümmert. Ob es kleinere Veränderungen zur Verbesserung des täglichen Dienstbetriebes sind oder der große Wurf zur Einsparung von Millionensummen an Haushaltsmitteln, jeder Verbesserungsvorschlag wird auf Herz und Nieren geprüft und nach Möglichkeit auch umgesetzt. Dabei werden angenommene und umgesetzte Vorschläge mit Prämien von bis zu 25.000 Euro belohnt. Mit den Vorschlägen muss nicht unbedingt Geld eingespart werden. Bei vielen Verbesserungen, wie zum Beispiel bei der Erhöhung des Arbeitsschutzes oder Qualitätsverbesserungen von Material und Gerät, wird sogar mehr Geld ausgegeben. Konkrete Verbesserungen ohne direkten finanziellen Nutzen für die Bundeswehr können mit bis zu 3000 Euro prämiert werden.
Wie funktioniert das KVP?
Inzwischen ist das Einreichen eines KVP-Vorschlages denkbar einfach geworden: Dazu lade ich das notwendige Formular im Intranet oder Internet herunter. In meinem Vorschlag muss ich das Problem, das ich erkannt habe, möglichst genau beschreiben. Danach formuliere ich die gedachte Lösung zu dem Problem und stelle dar, welche Verbesserungen sich dadurch für die Bundeswehr ergeben. Das ausgefüllte Formular mit meinem Vorschlag schicke ich an das KVP-Management. Dort kümmert man sich darum, dass mein Vorschlag von der fachlich zuständigen Stelle bewertet wird. Wird mein Verbesserungsvorschlag angenommen, kann ich sehen, wie meine Lösung umgesetzt wird und bekomme für meine gute Idee eine Prämie.
Wie profitieren Soldaten vom KVP?
Alle Bundeswehrangehörigen haben die Möglichkeit, ihr persönliches Fachwissen zur Optimierung einfließen zu lassen. Jeder kann ganz konkret mitgestalten und sogar in seiner eigenen Arbeitsumgebung sehen, was die von ihm angestoßenen Veränderungen bewirken. Werden Vorschläge angenommen, bekommt der oder die Vorschlagende eine Prämie, was dann auch in der Personalakte vermerkt wirkt.
Gibt es Reservistenkameraden, die eine ähnliche Leidenschaft haben, beim KVP mitzumachen?
Das weiß ich leider nicht. Aus diesem Grund möchte ich den Reservisten ja meine Erfahrungen mit dem KVP näher bringen. Ich weiß, dass es eine gute Sache ist, bei der sich das Mitmachen unbedingt lohnt.
An welchem Projekt arbeiten Sie gerade und winkt wieder eine Auszeichnung?
Ich arbeite, oder besser, wir arbeiten gerade an einigen Projekten. Zum Beispiel ärgere ich mich seit Jahren über die Qualität unserer Kampfstiefel. Ich trage rechts eine orthopädische Absatzerhöhung. Wenn ich die Kampfstiefel eingelaufen habe, sind die Sohlen fast schon kaputt. Diese werden nicht mehr repariert. In diesem Fall suche ich noch fachliche Mitstreiter, eventuell einen Schuhmacher.
Herr Hofmann, vielen Dank für das Gespräch!
Bild oben: Gerd Hoofe,
Staatssekretär im Bundesministerium der Veteidigung,
zeichnete Oberstabsfeldwebel d.R. Detlev Hofmann (rechts)
für einen Verbesserungsvorschlag aus.
(Foto: Bundeswehr / Neumann)
http://kvp.svc oder im Wiki-Service Bw unter dem Suchbegriff "KVP". Bei Fragen hilft das KVP-Management unter 0228 5504 4278.