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Der rote Fritz: Ein Abgeordneter in Uniform




Unter den Linden, nahe dem Brandenburger Tor: In Fritz Felgentreus Büro steht auf einem kleinen Aktenschrank der "rote Fritz" – eine Büste Friedrichs des Großen,  rot bemalt, ein sozialdemokratischer Friedrich sozusagen; Fritz Felgentreu ist SPD-Mitglied. Ein Freund hatte ihm die Büste einst – Rot bemalt – geschenkt. "Das würde angeblich zu mir passen", sagt Felgentreu.

Felgentreu ist Abgeordneter im Bundestag, Wahlkreis Berlin-Neukölln, Mitglied im Ausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Er hat Latein und Griechisch studiert. Felgentreu hat auch eine militärische Seite: Er war zwei Jahre bei der Bundeswehr, ist im Sicherheits- und Verteidigungsausschuss, stellvertretender Vorsitzende der RAG Bundestag des Reservistenverbandes und – Reservist. Ein sozialdemokratischer Friedrich eben. Das Adjektiv ist ihm wichtig: "Nur in Rot gefällt er mir so gut."

Der Oberleutnant der Reserve macht derzeit eine sogenannte Reservistendienstleistung beim Kommando Territoriale Aufgaben in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin. Das heißt, er legt für drei Wochen seine sonstige Arbeit, soweit es ihm möglich ist, auf Eis und unterstützt als Reservist die Bundeswehr.

Vorbereitet auf den Ernstfall
Seine Abteilung: "Einsatz". Seine Aufgabe: Die Vorbereitung auf den Ernstfall. "Ich werde als Lageoffizier ausgebildet", sagt Felgentreu. "Das heißt im Katastrophenfall muss ich den Überblick über die Gesamtlage behalten, erstatte Bericht und halte Lagevorträge." Allzu schwierig sei das Üben nicht, aber "anspruchsvoll wird es, wenn es dann wirklich mal einen Einsatz geben sollte. Dann muss man sehr schnell sehr wichtige Entscheidungen treffen." Niemand will Katastrophen in Deutschland, aber Felgentreu ist durch die Übung jetzt besser vorbereitet.

Wird ein Abgeordneter seinen Politikerstatus in einer Kaserne los? Felgentreu lacht. "Nein, nicht ganz. Die wussten ja alle wo ich herkam. Das merkte man auch im Umgang mit den Kameraden. Manche waren ein wenig vorsichtiger." Auch dass ein Kommandeur am Standort einen Oberleutnant der Reserve zum Kaffeetrinken einlädt, kommt wohl nicht so oft vor. "Das sind so Besonderheiten, die auch verständlich sind", sagt Felgentreu. Soldaten aller Dienstgrade hätten das Bedürfnis, sich mit ihm auszutauschen, Sorgen und Anliegen an "die Politik" weiterzugeben.

Herausfinden, wie die Truppe tickt
"Das ist auch für mich ein wichtiger Input", sagt Felgentreu. Eigentlich war sogar das sein Hauptanliegen, als sich der heute 46 Jahre alte Familienvater von drei Kindern entschied, nach 20 Jahren wieder eine Reservistendienstleistung zu absolvieren. "Ich wollte herausfinden, wie die Truppe tickt, welche Probleme den Soldatinnen und Soldaten wichtig sind. Die Bundeswehr wieder von innen kennenlernen." Nachdem Felgentreu 1989 seinen zweijährigen Wehrdienst abgeleistet hat, nutzte er die Semesterferien während des Studiums dazu, als Reservist weiterzudienen. Erst nach seinem Studium war er beruflich derart beschäftigt, dass er die Zeit für den Reservedienst nicht mehr fand.

In der Bundeswehr hat sich seitdem manches geändert. Der Feldartillerist Felgentreu musste lange warten, bis jemand noch irgendwo ein rotes Barett und ein Artillerieabzeichen finden konnte – "als ich Soldat war, war die Artillerie ja noch eine ganz große Truppe, heute ist es eine Spezialaufgabe, artilleristische Abzeichen zu finden", scherzt Felgentreu. Und auch auf Schulterklappen und Feldbluse musste er ein paar Tage warten. "Also trug ich immer über dem Unterhemd den Parka." Manch einen Soldaten oder Reservisten wird es freuen, dass der ganz normale Bundeswehrwahnsinn auch vor einem Abgeordneten nicht Halt macht.

Gesunde Skepsis
Den ganz normalen Wahnsinn konnte Fritz Felgentreu dann auch abends beim Bier kennenlernen. "Die ganz großen Themen sind die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Möglichkeit auch aufzusteigen auf der Karriereleiter, ohne dauernd umziehen zu müssen", sagt Felgentreu. Er wisse jetzt ein Stück weit besser, was die Soldaten wollen. Und er könne jetzt als Abgeordneter bessere Entscheidungen treffen, davon ist er überzeugt.

Doch Felgentreu hat auch Skepsis kennengelernt bei der Truppe. Die Skepsis darüber, dass das, was "die da oben" wollen, nicht immer umgesetzt werden kann in der Bundeswehr. Dass man erst mal abwarten müsse, was "das alles überhaupt bringt", wie es ein Soldat formulierte. Es sind ehrliche Einblicke, die Felgentreu bei seiner Reservedienstleistung bekommt, abends, gemütlich, in der Runde. Ganz nah dran an den Mannschaften, am "Volk", und doch irgendwie auch weit weg, weil er einer von "denen da oben" ist – wie der alte Fritz, ein roter Fritz eben, ein sozialdemokratischer Friedrich sozusagen.
 

Dennis Hallac

Bild oben:
Bereit für den Reservedienst: Der Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu
wartet auf seine Uniform in der Julius-Leber-Kaserne
(Foto: Copyright Fritz Felgentreu).

Bild Mitte:
Passt auch alles? Der Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu
probiert Teile seiner Bundeswehr-Kleidung an
(Foto: Copyright Fritz Felgentreu).

Bild unten:
Nicht mehr so häufig zu finden wie im letzten Jahrhundert:
Das Barettabzeichen der Artillerie der Bundeswehr
(Foto: gemeinfrei).

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