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„Der Westen muss wieder eine Einheit werden“




Symbolbild: Stars and Stripes vor der New Yorker Skyline.

Foto: Ryan Gerrard via unsplash.com

Etwas mehr als 100 Tage sind seit der Wahl von Joe Biden zum neuen US-Präsidenten vergangen. Doch bereits zuvor hat er schon eine Vielzahl an Weichenstellungen getroffen. Die Personalauswahl für viele Schlüsselpositionen lässt einen deutlichen Kurswechsel erwarten und auch in seinen Äußerungen wirkt Biden viel entgegenkommender gegenüber Verbündeten und internationalen Organisationen. Die Frage, ob nun alles besser wird im transatlantischen Verhältnis, stand jüngst im Mittelpunkt einer sicherheitspolitischen Online-Diskussion – eine Kooperationsveranstaltung des DialogForum Sicherheitspolitik der Landesgruppe Bayern des Reservistenverbandes, der Deutschen Atlantischen Gesellschaft e.V., der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und der Thomas-Dehler-Stiftung. Mehr als 250 Teilnehmer begrüßte Moderator Prof. Dr. Eberhard Grein bei Zoom. Also: wieder heile Welt mit Biden im Weißen Haus?

Zeit des Kalten Krieges kein Maßstab

Jein, meint Prof. Dr. Stephan Bierling, Leiter der Professur für Internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg. Denn Trump sei an vielem schuld, was in den vergangenen vier Jahren in den transatlantischen Beziehungen schiefgegangen ist, aber eben nicht an allem. „Die Hoffnung, dass nun alles wieder gut wird, die kann ich Ihnen aber nicht bestätigen“, sagte Bierling. Ein Grund dafür sei, dass man das transatlantische Verhältnis nicht an der „besonderen“ Zeit des Kalten Krieges messen dürfe, als die Sowjetunion die USA und Westeuropa zusammenschweißte. Danach hätte sich jeder auf seine eigenen Projekte konzentriert: die Amerikaner auf die Innenpolitik, auf den Mittleren Osten und schließlich auf China, die Europäer auf die Vertiefung der Europäischen Union und die Integration der osteuropäischen Staaten. Bierling: „Ein großer Teil dieser transatlantischen Entfremdung ist also strukturell bedingt und hat weniger mit der Person im Weißen Haus zu tun. Deshalb wird Biden auch nicht der große Retter sein, der uns wie Moses durch das Rote Meer führt.“

Screenshot der Online-Veranstaltung. (YouTube)

Hinzu kommt: Auch die Europäer, vor allem Deutschland als wirtschaftlich stärkstes Land mit der größten Bevölkerung, habe sich außenpolitisch aus der Verantwortung gezogen, beschreibt Bierling ein Thema, das den Amerikanern besonders am Herzen lag. Zudem hätten Deutschland und Europa es verpasst, sich im Vorfeld zu wichtigen gemeinsamen Themen zu positionieren, etwa zu China. Der Aufstieg Chinas wird DAS Thema für den Rest des 21. Jahrhunderts sein, ist sich Bierling sicher. Eine große Chance, die transatlantischen Beziehungen wiederzubeleben, sieht er in einer kohärenten Politik, Schulter an Schulter gegenüber dem „systemischen Rivalen“.

Der Westen muss einheitlich handeln

Das Europa und die USA keine gleichen Interessen mehr hätten, wie Bierling skizzierte, dem widerspricht Prof. Dr. Joachim Krause, Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. Im Zeitraum von 1991 bis 2013/14 wäre das durchaus der Fall gewesen, doch zum einen kam 2013 in China Xi Jinping an die Macht, zum anderen zeigte Russland 2014, dass es eine militärische Bedrohung für europäische Staaten darstellt. „Wir befinden uns wieder in einer Phase der internationalen Großmachtrivalität und wir Europäer haben gar nicht die Option, irgendwo dazwischen zu stehen.“ Dem Westen – also USA/Kanada, Europa, aber auch Australien, Neuseeland, Japan oder Südkorea – müsse es gelingen, einheitlich zu handeln und die internationale Politik zu bestimmen. „Sonst werden wir uns noch an die Nase packen“, warnt Krause.

In der sich anschließenden Diskussion erörterten die Experten verschiedene sicherheitspolitische und geostrategische Aspekte, vor allem im Bezug auf die künftige Ausrichtung gegenüber Russland und China. Das komplette Video der rund eineinhalbstündigen Veranstaltung steht auf YouTube zur Verfügung.

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