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Verband

Europas Verantwortung in der Welt – wie steht es um die europäische Verteidigungsunion?

„Europa auf dem Weg zu mehr gemeinsamer Verantwortung – erforderliche Schritte zu einer unerlässlichen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“: So lautete der Titel des fünften DialogForums Sicherheitspolitik, einer Kooperationsveranstaltung der Landesgruppe Bayern im Reservistenverband, der Thomas-Dehler-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit sowie der Gesellschaft für Sicherheitspolitik unter Leitung von Prof. Dr. Eberhard Grein.

Panelteilnehmer des DFS.

(Foto: Oliver Teige)

Den Rahmen für die Diskussion setzten die Impulsvorträge zweier ausgewiesener Experten für internationale Politik. Den Auftakt setzte der langjährige Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen, Botschafter a.D. Dr. Harald Braun. In seinem Vortrag skizzierte Braun die große Bedeutung der Vereinten Nationen (VN) für den Frieden in der Welt und die derzeitigen Herausforderungen, denen diese supranationale Organisation entgegen sieht. Besonderer Schwerpunkt seiner Betrachtungen war dabei die Rolle der Bundesrepublik in der internationalen Politik. Deutschland wird, entgegen seiner Selbstwahrnehmung, von vielen Ländern der Welt als verantwortungsvolle Führungsmacht in Europa wahrgenommen, da die deutsche Außenpolitik als wertegeleitet und unbelastet von – zumindest sichtbarer – kolonialer Vergangenheit angesehen wird. Nüchtern resümiert er jedoch, dass die oftmals gestellten Anforderungen an Deutschland nicht erfüllt werden können. Mit seiner Bewerbung um einen nicht-ständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat für die Jahre 2019/2020 zeigt Deutschland aber seine Bestrebung, den Rahmen von Friedenseinsätzen im VN-Rahmen mitgestalten zu wollen.

Hinsichtlich der Bestrebungen Deutschlands und weiterer Nationen, die Sitzverteilung im VN-Sicherheitsrat zu reformieren, blieb Braun jedoch sehr skeptisch. Die Erhöhung der Zahl der ständigen Mitglieder, die mit ihrem Veto völkerrechtlich bindende Resolutionen des Gremiums verhindern können, ist ein Ziel, dass in naher Zukunft nicht erreicht werden könne. Dies sei sehr bedauerlich, bilden die fünf ständigen Mitglieder doch die Machtverteilung des Jahrs der Gründung der Vereinten Nationen 1945, und nicht die heutigen Realitäten im internationalen System ab. Davon abgesehen würdigte Braun jedoch die bisher erbrachten Leistungen, nicht zuletzt in der Friedenssicherung und in der Versorgung der derzeit rund 60 Millionen geflüchteten Menschen weltweit. Er mahnte, den zweiten VN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld zitierend, vor zu großen Erwartungen an die Weltorganisation „Die Vereinten Nationen wurden nicht gegründet, um uns in den Himmel zu bringen, sondern um uns vor der Hölle zu retten.“

Atomare Bedrohung

Den Ursprung und die Logik aktueller Konflikte skizzierte der Historiker und Chefkorrespondent der Zeitung „Die Welt“ Prof. Dr. Michael Stürmer. In seinem Vortrag mit dem Titel „Grenzen der Abschreckung – was kommt danach?“ zeichnete Stürmer zunächst die aus seiner Sicht stabilisierende Wirkung des atomaren Patts der atomaren Großmächte während des Kalten Krieges nach, nicht ohne dabei auf Ereignisse zu verweisen, bei denen es aus Kalkül oder durch Unfälle beinahe zu einem Einsatz von Atomwaffen gekommen wäre.
Das von Francis Fukuyama nach dem Kollaps der Sowjetunion postulierte „Ende der Geschichte“ und die damit einhergehende selbstständige Ausbreitung von liberaler Demokratie auf der ganzen Welt bewertete Stürmer als voreilige, übertriebene Euphorie. Vielmehr führte der Zerfall der bipolaren Ordnung zu einer internationalen Ordnung, in der sich immer mehr Länder aus Gründen des Selbstschutzes atomar bewaffnen. Jedoch steige mit der Weiterverbreitung von Atomwaffen die Instabilität im internationalen System mehr als dass sie zu Sicherheit beitrüge. Stürmer plädierte für eine konsequente Einschränkung weiterer Atomwaffenweiterverbreitung und für mehr entspannungsfördernde Diplomatie. Vor dem Hintergrund eines amerikanischen Neoisolationismus unter Präsident Trump, einer aggressiveren Außenpolitik des Putin’schen Russlands und einem in Folge seines wirtschaftlichen Aufschwungs auch außenpolitisch expansiveren Chinas sieht Stürmer jedoch erhebliches Konfliktpotential für die Zukunft.

Zukunft Europa

Welche Implikationen die beschriebenen Rahmenbedingungen für die deutsche und europäische Sicherheitspolitik haben und welche Konsequenzen daraus gezogen werden sollten, wurde auf der abschließenden Podiumsdiskussion diskutiert. Dabei wurde die CSU durch den bayrischen Staatssekretär Johann Hintersberger, MdL vertreten, die SPD durch den ehemaligen Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich, MdB, die FDP durch den Bundestagsabgeordneten Ulrich Lechte, MdB, die Partei Bündnis 90 / die Grünen durch den bayrischen Bundestagskandidaten Dr. Herbert Sirois sowie die AfD durch Gerold Otten, MdB.
Obwohl es auch überwiegend Konsens unter den Diskutanten darüber gab, dass um eine Europäisierung der Verteidigung kein Weg vorbei geht, so waren die Teilnehmer uneins über die Rahmenbedingungen und den Umfang der Vertiefung einer gemeinsamen europäischen Verteidigung. Während insbesondere im Bereich der Rüstungsbeschaffung Chancen für Synergien und Kosteneinsparungen gesehen wurden, blieben jedoch auch Zweifel darüber, ob vor dem Hintergrund unterschiedlicher nationaler Sicherheitsinteressen und geostrategischer Schwerpunktsetzungen gemeinsame verteidigungspolitische Ziele formuliert werden können und ob die komplexen nationalen politischen Strukturen im Bereich der Verteidigung auf europäischer Ebene verwirklicht werden können.

 

Oliver Teige

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