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Si­cher­heits­po­li­ti­sche Ar­beit

Is­ra­el: Die Ge­fahr der Zwei­ten Front

Nach dem bei­spiel­lo­sen Gro­ß­an­griff der Hamas am 07. Ok­to­ber 2023 auf Is­ra­el geis­tert der Be­griff „Flä­chen­brand“ durch die Me­di­en. Eine zen­tra­le Ge­fahr für das Ent­fa­chen eines sol­chen Bran­des ist der mög­li­che Kriegs­ein­tritt der His­bol­lah.

Ein Lager der His­bol­lah im Li­ba­non an der Gren­ze zu Is­ra­el.

(Foto: John­ny Zoo via Wi­ki­me­dia Com­mons)

Trotz der schmerz­haf­ten Ver­lus­te, die bei der ge­plan­ten Bo­den­of­fen­si­ve gegen Gaza zu er­war­ten sind, sind die Kräf­te doch asym­me­trisch ver­teilt und eine Nie­der­la­ge der is­rae­li­schen Ver­tei­di­gungs­streit­kräf­te liegt au­ßer­halb jeg­li­cher Vor­stel­lungs­kraft. Das un­glei­che Kräf­te­ver­hält­nis könn­te durch den Kriegs­ein­tritt der His­bol­lah be­deu­tend enger zu­sam­men­rü­cken.

Die is­la­mis­tisch-schii­ti­sche Miliz His­bol­lah ent­stand in Re­ak­ti­on auf den is­rae­li­schen An­griff auf den Süd­li­ba­non 1982 unter Fe­der­füh­rung des ira­ni­schen Re­gimes. Auch heute kann die Miliz als Sa­tel­lit des Irans im Li­ba­non ver­stan­den wer­den. Die His­bol­lah ist seit ihrer Grün­dung stark ge­wach­sen. Es ist ihr unter der Füh­rung von Ge­ne­ral­se­kre­tär Hassan Nas­ral­lah ge­lun­gen, tief in die staat­li­chen Sys­te­me des Li­ba­nons ein­zu­drin­gen und hat in wei­ten Tei­len des Lan­des die fak­ti­sche Macht ge­won­nen. Neben dem Aus­bau des po­li­ti­schen Arms der His­bol­lah ist vor allem die mi­li­tä­ri­sche Schlag­kraft der Miliz ein aku­tes Be­dro­hungs­po­ten­zi­al für die Fein­de des Irans. Die His­bol­lah ver­fügt über eine große Zahl kampf­erprob­ter Sol­da­ten, die vor allem in den Krie­gen in Sy­ri­en und im Jemen für die In­ter­es­sen des Irans ge­kämpft haben. Das um­fas­sen­de Ar­se­nal kon­ven­tio­nel­ler und teils hoch tech­ni­sier­ter Kriegs- und auch Cy­ber­waf­fen hat sich in den Kämp­fen als höchst ef­fek­tiv er­wie­sen. Der Vor­rat an – Schät­zun­gen zur Folge – bis zu 140.000 bal­lis­ti­schen Waf­fen stellt eine un­mit­tel­ba­re Be­dro­hung für Is­ra­el dar und über­steigt die Vor­rä­te der Hamas bei Wei­tem. Diese Fä­hig­kei­ten zu­sam­men­ge­nom­men ma­chen die His­bol­lah zur grö­ß­ten nicht-staat­li­chen Armee der Welt und bei einem mög­li­chen Kriegs­ein­tritt zu einem erst­zu­neh­men­den Geg­ner für die Ver­tei­di­gungs­streit­kräf­te Is­ra­els.

In den letz­ten Jah­ren kün­dig­te Ge­ne­ral­se­kre­tär Hassan Nas­ral­lah immer wie­der den Kampf gegen Is­ra­el an. Ab­ge­se­hen von un­re­gel­mä­ßi­gem Ra­ke­ten­be­schuss, der für den Iron Dome keine Auf­ga­be dar­stell­te, und ge­le­gent­li­chem Sä­bel­ras­sel durch die Zur­schau­stel­lung der mi­li­tä­ri­schen Fä­hig­kei­ten der His­bol­lah, kam es seit dem Juli-Krieg 2006 zu kei­nen si­gni­fi­kan­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen den bei­den Kon­tra­hen­ten. In der ak­tu­el­len Ge­menge­la­ge drängt sich die Frage auf, ob die His­bol­lah das Zeit­fens­ter nut­zen wird und seine An­kün­di­gung Is­ra­el an­zu­grei­fen wahr macht.

Die His­bol­lah hat in den letz­ten Tagen immer wie­der Ziele auf is­rae­li­schem Ter­ri­to­ri­um an­ge­grif­fen. Diese als sym­bo­lisch zu be­wer­ten­den An­grif­fe sind ein Indiz dafür, dass die His­bol­lah einen Kriegs­ein­tritt mit allen ihren mi­li­tä­ri­schen Fä­hig­kei­ten nicht in Er­wä­gung zieht. Eher scheint es, als würde durch die Auf­recht­erhal­tung eines Be­dro­hungs­sze­na­ri­os an der is­rae­lisch-li­ba­ne­si­schen Gren­ze das Mi­ni­mum an So­li­da­ri­tät mit der Hamas ge­zeigt und gleich­zei­tig das is­rae­li­sche Stress­le­vel auf­recht­erhal­ten wer­den. Stra­te­gisch scheint sich das güns­ti­ge Zeit­fens­ter, Is­ra­el in einen Zwei-Fron­ten-Krieg zu ver­wi­ckeln, be­reits ge­schlos­sen zu haben. Die Hamas be­fin­det sich in der De­fen­si­ve und die is­rae­li­schen Trup­pen hat­ten genug Zeit sich zu for­mie­ren, um sich auf alle mög­li­chen Sze­na­ri­en vor­zu­be­rei­ten.

Warum aber lässt die His­bol­lah die­sen Mo­ment ver­strei­chen? Der Kampf der Al­li­anz gegen den is­rae­li­schen Staat ist in sei­ner Logik ab­so­lut. Liest man die Ma­ni­fes­te der Hamas ist die völ­li­ge Aus­lö­schung Is­ra­els das er­klär­te Ziel; ein Ziel, das nicht in einer ein­zi­gen Schlacht er­reicht wer­den kann. Der Krieg, den wir ge­ra­de sehen, ist aus die­ser Logik als ein Schach­zug in einem gro­ßen Spiel zwi­schen dem Iran und Is­ra­el zu be­wer­ten. Der ira­ni­sche Füh­rer Ali Cha­men­ei hat mit der Hamas sei­nen Läu­fer an­grei­fen las­sen, seine Dame, die His­bol­lah, hält er aber noch zu­rück, um an an­de­rer Stel­le zu­zu­schla­gen oder den König in Te­he­ran zu be­schüt­zen. So kann der schreck­li­che An­griff der Hamas ein schein­bar sinn­lo­ser Zug ge­we­sen sein, der den is­rae­li­schen Staat nicht wirk­lich in Be­dräng­nis bringt. Da­hin­ter kann aber auch das Kal­kül ste­cken, die in­ter­na­tio­na­le Un­ter­stüt­zung Is­ra­els durch die vie­len zi­vi­len Opfer, die der An­griff auf Gaza mit sich brin­gen wird, zu schwä­chen oder um Zeit zu ge­win­nen, sich für den nächs­ten Schach­zug zu wapp­nen. Der An­griff der Hamas wird teuer er­kauft durch die Leben un­zäh­li­ger un­schul­di­ger Is­rae­lis und Pa­läs­ti­nen­ser; eine wei­te­re Tra­gö­die von vie­len, in einem Kon­flikt, der nur von we­ni­gen ge­wollt wird.

Letzt­end­lich liegt die Frage, ob und wie die His­bol­lah in den Krieg ein­tritt im Iran und zeigt noch ein­mal deut­lich, wie der is­la­mis­ti­sche Kampf gegen den is­rae­li­schen Staat or­ga­ni­siert ist. Bei sei­nem Be­such am 12. Ok­to­ber 2023 in Bei­rut kün­dig­te der ira­ni­sche Au­ßen­mi­nis­ter Hos­sein Amir-Ab­dol­la­hi­an an, auf die Bo­den­of­fen­si­ve gegen den Ga­za­strei­fen würde die vom Iran ge­führ­te Al­li­anz ge­schlos­sen ant­wor­ten. Wie eine sol­che Ant­wort aus­se­hen könn­te, blieb er den Zu­hö­ren­den schul­dig.

 

Autor:

Paul Behne stu­dier­te So­zi­al- und Kul­tur­anthro­po­lo­gie, Po­li­tik­wis­sen­schaf­ten und War and Con­flict Stu­dies an der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin und der Uni­ver­si­tät Pots­dam mit For­schungs­auf­ent­hal­ten in Süd­ame­ri­ka, dem Cen­ter of Ex­cel­lence: Law, Iden­ti­ty and the Eu­rope­an Nar­ra­ti­ves in Hel­sin­ki sowie der Hein­rich-Böll-Stif­tung im Li­ba­non. Seine aka­de­mi­schen Schwer­punk­te lie­gen in der an­ge­wand­ten Frie­dens­for­schung und kri­ti­schen Staats­theo­rie im Nahen und Mitt­le­ren Osten und dem Osten Eu­ro­pas. Er ist Re­se­arch As­sis­tent beim Bei­rat der Bun­des­re­gie­rung für Zi­vi­le Kri­sen­prä­ven­ti­on und Frie­dens­för­de­rung, Wis­sen­schaft­ler der Denk­fa­brik Trans­la­ting EVRO­PA und Co-Vor­sit­zen­der der Pots­da­mer Ar­beits­grup­pe für Si­cher­heits­po­li­tik.

 


Die­ser Bei­trag stammt aus den SiPol-News des Sach­ge­bie­tes Si­cher­heits­po­li­ti­sche Ar­beit. Die SiPol-News kön­nen Sie hier abon­nie­ren.
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