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Die Lage ist nur ein Teil der Arbeit

35 Reservisten haben am Wochenende vor Ostern an der Gefechtsstandsausbildung in Düsseldorf teilgenommen. Einer von ihnen hat seine ganz persönlichen Erlebnisse aufgeschrieben. Der Text wurde redaktionell nicht bearbeitet, so dass der Beitrag ausschließlich die Eindrücke des Autors wiedergibt und Sie, liebe Leser, mitnimmt in die spannende Ausbildung.

Die Teilnehmer der Gefechtsstandsausbildung in Düsseldorf.

Foto: privat

Freitagnachmittag, heute beginnen die Osterferien, der Verkehr staut sich um 15:00 Uhr bereits heftig auf den Autobahnen in NRW. Statt in die Berge oder ans Meer zu fahren, bauen wir – 35 Reservisten aus ganz Deutschland – nahe der bergischen Kaserne in Düsseldorf die Zelte der beiden Gefechtsstände des Jägerbataillons auf. Jeder der Teilnehmer – vom Gefreiten bis zum OTL – packt mit an. Bis das letzte Zelt steht, alles verkabelt ist, Arbeitsplätze und Lagebrett eingerichtet sind, scheint die Sonne, danach läuft ein Test der Zelte unter Realbedingungen: eine Kaltfront mit stürmischen Böen und ergiebigem Regen. Ein typischer Märztag im Bergischen Land.

Nach einigen Stunden Dauerregen, Hagel und Schnee, in denen wir Lehrgangsteilnehmer die Lagebretter einrichten, Karten und Overlays entsprechend der Lage vorbereiten, steht fest: Die Zelte sind gut gesichert und vor allem dicht.

Unser Bataillon bereitet als Reserve der Brigade zwei Einsatzoptionen vor: Verstärkung der rechts vor uns eingesetzten Kräfte in deren ausgebauten Stellungen oder Auffangen und Zurückwerfen feindlicher Truppen hinter die battle handover line (BHL) im Raum der Kräfte links vor uns. Anspruchsvoll, aber machbar – darin sind sich die Teilnehmer einig. Die Grundlagen der Gefechtsstandarbeit, Theorie, Organisation und Aufbau, die Praxis von Lagebeurteilung, Auftragsauswertung, Planung und Einsatzbefehl, Erfolgskontrolle der Operationen, Funkverkehr haben wir alle im 1. Teil an einem langen Ausbildungswochenende geübt. Heute kommt die Arbeit in den Stabszellen dazu und der Betrieb der beiden Gefechtsstände.

Die Alarmstellungen sind festgelegt. Jeder hat seine Bluegun. Unser AV-Zug erkundet einen neuen Verfügungsraum und führt seine Aufklärung im Gelände durch. In den Zellen S3 und S2 laufen Analyse und Planung, S1 und S4 kümmern sich um Personal und Material und S6 baut drei Funkkreise für die weitere Operation auf.

Nach dem Lagevortrag entscheidet sich der stellvertretende Bataillonskommandeur mit einigen Änderungen für die Option BRAVO der Vorschläge des S3. Die Funkverbindung zum Kommandeur auf seiner beweglichen Befehlsstelle und den Begleitfahrzeugen ist abgebrochen. Sechs Soldaten gelten als vermisst, drei Fahrzeuge werden als (vermutlich) zerstört in der Bestandsliste markiert. Nach dem Entschluss für Option B herrscht Hochbetrieb auf beiden Gefechtsständen. Der Operationsbefehl muss erstellt werden, da wird das Abendessen neben der Arbeit in den Zellen vertilgt. Gut, dass es heute Pizza gibt, aber sicher kein Zufall. Manuel Velten, OStFw d.R. und hauptamtlicher Leiter Militärische Ausbildung des VdRBw hat mit seinen Kollegen aus dem Sachgebiet die insgesamt sechstägige praktische Ausbildung der Gefechtsstandarbeit konzipiert und durchgeführt. Unterstützt von OTL d.R. Andreas Deller, stellvertretender Kommandeur des Gebirgspanzerbataillons 8 (GebPzBtl 8), der aus dem bayerischen PFREIMD Zelte und Ausrüstung nach Düsseldorf mitbrachte.

Die Teilnehmer reisten von überall her an zu dem Tagungszentrum, das die Bundeswehr für die Ausbildung zur Verfügung stellt. Eine bunte Truppe aller Waffengattungen und ebenso vielen Zivilberufen wie Teilnehmern. Der Samstag beginnt pünktlich um 0600 ZULU mit der Lage im Zelt der Zelle S3. Mit neuen Aufträgen zurück in die Stabszellen. „Haben Sie die Meldungen an die Brigade schon abgesetzt?“ fragt Mattias Förster, OStFw d.R., einer der Ausbilder der militärischen Ausbildung ebenso beiläufig wie rhetorisch. Doch der battle rhythm hakt noch in allen Zellen. Nur im AV-Zug scheint es reibungsloser zu laufen. Was wahrscheinlich nicht nur am Dienstgrad der Kraftfahrer liegt. Manuel Velten und Matthias Förster vom Team der Militärischen Ausbildung des Verbandes – beide im Rang eines Oberstabsfeldwebels d.R. – fahren den AV-Zug zu seinen Aufträgen und besprechen die Erkundung … Mittagessen im Schichtverfahren, Lagebriefing, Aufträge, Meldungen, mitplotten der Funkmeldungen, mitführen der Lagekarte, Auswertungen, Listen, Anforderungen, Absprachen, … es wird nicht langweilig. Da wird ein Meldezettel hereingereicht: der Brigadier wird für 1330Z angekündigt – genügend Zeit den „LVU“ noch einmal mit den aktuellen Daten durchzugehen – oder wäre es besser, auch ein information briefing vorzubereiten, falls der Kommandeur der Nachbardivision mitkommen sollte? Doch für beides bleibt keine Zeit: Alarm – „Feindliche Infanterie 1200 NNW des Gefechtsstands aufgeklärt“. Wir beziehen die Alarmstellungen, während eine Rumpfmannschaft den Betrieb unseres command post (cp) aufrechterhält. Draußen schneit es bei strahlendem Sonnenschein, drinnen prasseln die Funkmeldungen auf die Rumpfbesetzung ein.

Bis in den Abend setzt sich die Arbeit weiter fort. Während sich der AVZ-Zug nach einem anstrengen Tag am Grill stärkt, sitzen einige Zellen noch vertieft in ihren Planungen.

In weniger als 2 Tagen wurde aus 35 Reservisten ein Bataillonsstab, der seine Aufträge durchführte und sich selbst innerhalb der Führungsgrundgebiete organisierte. Eine derart praxisnahe Gefechtsstandausbildung für Landoperationen wie die des Reservistenverbandes hat es im Bereich der Bundeswehr seit den 1990er Jahren selbst bei der aktiven Truppe nur noch selten gegeben. Heute besteht dafür wieder ein großer Bedarf. Aber mit einem hervorragenden Training wie dem in Düsseldorf und mit so engagierten Kameraden wie auf diesem Lehrgang kann die Reserve die aktive Truppe nachhaltig unterstützen, um jeden Auftrag zu erfüllen.

Im Abschlussgespräch am letzten Tag lobten die Teilnehmer einhellig die Leistung und Engagement des Teams Militärische Ausbildung und dankten ihnen und Andreas Deller für ihren persönlichen Einsatz und den materiellen Support durch das GebPzBtl 8 aus PFREIMD. Einstimmig regten die Teilnehmenden an, einen dritten Teil dieser Ausbildung durchzuführen, um nach den Grundlagen Organisation und Betrieb verstärkt die Interoperabiltät der Zellen und Bereiche zu üben. Im Haushaltsjahr 2024 sind die Mittel leider verplant, doch vielleicht Anfang 2025?

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