Die Reservisten haben ihren Platz an der Seite der Truppe
reservistenverband.de: Herr Staatssekretär, Wir. Dienen. Deutschland. Das ist der neue Slogan der Bundeswehr. Brauchen wir keine starke Truppe mehr?
Christian Schmidt: Doch, natürlich! Aber mit dem von Ihnen angesprochenen Slogan "Eine starke Truppe" aus den 1990er Jahren können wir heute, gut 15 Jahre später, nicht mehr das Wirken und Wesen der Bundeswehr allein darstellen. Es wäre zu verkürzt. Und da wir uns nun nach der Aussetzung der Wehrpflicht der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt stellen, gilt es, mit einer prägnanten und unkonventionellen Botschaft auf uns aufmerksam zu machen. "Wir. Dienen. Deutschland." bringt das Selbstverständnis der Bundeswehr deutlich auf den Punkt. Mit den einzelnen Begriffen verbinden wir die wesentlichen Eigenschaften und Aufgaben eines modernen Menschen in einer modernen Bundeswehr, egal ob er zivile oder militärische Aufgaben wahrnimmt.
reservistenverband.de: Auf dem Imagebild sehen wir zwei Soldaten: Einen jungen Mann, eine junge Frau und einen älteren Zivilangestellten. Wo haben die Reservisten äußerlich sichtbar ihren Platz?
Christian Schmidt: Der Platz der Reservistinnen und Reservisten war und ist immer an der Seite der aktiven Truppe. Daran wird sich auch künftig nichts ändern, ganz im Gegenteil. Die Rolle der Reservistinnen und Reservisten hat durch die Neuausrichtung noch weiter an Gewicht gewonnen, denken Sie nur an die Stärkung der Durchhaltefähigkeit. Gerade das Wort "Wir." im neuen Markenkern beschreibt deutlich, das für alle offene, kameradschaftliche Miteinander in der Bundeswehr und den festen Platz aller Angehörigen unserer Streitkräfte – gerade auch der Reservisten als Mittler in unserer Gesellschaft. Ich bin mir ganz sicher, dass sich damit auch die für die Bundeswehr so wichtigen Reservistinnen und Reservisten voll und ganz identifizieren.
reservistenverband.de: Verteidigungsminister Thomas de Maizière sprach im Zusammenhang mit dem Wir-Gefühl von einer ganz besonderen Nationalmannschaft, die die Bundeswehr sei. Was macht die Truppe aus Ihrer Sicht zu einer Nationalmannschaft?
Christian Schmidt: Der Minister hat in dem Bild der Nationalmannschaft die Chance betont, die die Neuausrichtung für die Bundeswehr als Ganzes, aber auch für jeden einzelnen ihrer Angehörigen bedeutet. Ich finde, ein gut gewähltes Bild. Eine Mannschaft ist immer nur so gut, wie ihre einzelnen Mitspieler sind. Das Ziel, die Rahmenbedingungen, sind militärpolitisch neu verortet. Nun ist jeder einzelne dazu aufgerufen, diesem Ziel nach seinen Möglichkeiten und mit seinen Fähigkeiten zu dienen. Das macht das Wesen eines erfolgreichen Teams aus. Und das wollen und das werden wir sein.
reservistenverband.de: Eine Nationalmannschaft im Sport hat die Besten der jeweiligen Disziplin unter Vertrag. Wie wollen Sie künftig – konkurrierend mit der freien Wirtschaft – die Besten bekommen?
Christian Schmidt: Es ist richtig, dass die Bundeswehr nach dem Aussetzen der Allgemeinen Wehrpflicht verstärkt in Konkurrenz zur Wirtschaft steht. Dieser Umstand ist aber nicht neu, denn wir wollten schon immer die Besten einer Disziplin für uns gewinnen, egal ob bei Offizieren, Unteroffizieren oder Mannschaften. In den zurückliegenden Monaten haben wir trotzdem viele neue Ideen und Konzepte entwickelt, uns noch besser auf diese Situation vorbereitet. Dazu führen wir ja auch schon eine umfassende Werbekampagne durch, die gezielt den Arbeitgeber Bundeswehr und in einem ersten Schritt die Laufbahn der Mannschaften betrifft. Die Zahlen, die uns bisher vorliegen, sind ermutigend, unser Attraktivitätsprogramm kommt gut bei den Menschen an. Damit der positive Trend auch über 2011 hinaus anhält werden wir nicht nachlassen, möglichst viele junge Frauen und Männer anzusprechen, bei der Bundeswehr eine Karriere zu beginnen. Wir haben jedem Menschen, der zu uns kommt und sich einbringt, viel zu bieten.
reservistenverband.de: Zum tapferen Dienen gehört auch der Kampf. Dazu gehört im Extremfall das Töten von Gegnern, aber auch das Risiko, selbst verwundet oder getötet zu werden. Wie werden sie künftig junge Interessenten und Bewerber auf diese Situation vorbereiten?
Christian Schmidt: Ja, zum Beruf der Soldatin, des Soldaten, gehört, wenn nötig, der Kampf. Und ja, auch Tod und Verwundung sind leider nicht auszuschließen, wie uns insbesondere die feigen Anschläge in Afghanistan deutlich vor Augen geführt haben. Seien Sie gewiss, wir haben bei der Ausbildung unserer Soldatinnen und Soldaten zu keiner Zeit diese Themen ausgeblendet, im Gegenteil: Sie waren und sind fester Bestandteil einer jeden einsatzvorbereitenden Ausbildung. Wir werden uns dieser Thematik auch weiterhin intensiv, auch im Dialog mit der Bevölkerung, stellen. Der Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten, das hat auch der Minister noch einmal deutlich gemacht, ist eine große Verantwortung, die von uns sehr ernst genommen wird.
Das Interview führte Detlef Struckhof
Archivbild oben: Christian Schmidt ist Parlamentarischer
Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung.
Auf dem Archivbild sprach er anlässlich des 50-jährigen
Bestehens des Reservistenverbandes in Berlin
(Foto: Bundeswehr, Bienert, flickr.com)
2. Bild: Wir. Dienen. Deutschland.
Der neue Slogan der Bundeswehr
(Foto: Cover der Imagebroschüre der Bundeswehr)
3. Bild: Die Bundeswehr eine ganz besondere
Nationalmannschaft, so wie hier bei der Eröffnungszeremonie
der 5. Military World Games am 16. Juli 2011 in Brasilien
(Foto: Bundeswehr, Bienert, flickr.com)
Archivbild unten: Christian Schmidt beim Tag
der Infanterie im Juli 2010
(Foto: Bundeswehr, Mandt, flickr.com)