Ein Fußball-Spiel zwischen den Fronten
Am Ende stand es im Militär-Stadion von Aldershot 1:0 für die Briten. Doch das Ergebnis war für die etwa 3000 Zuschauer ohnehin eher Nebensache. Der Weihnachtsgedanke zählte: Vor dem Spiel wurde mit gehissten Fahnen statt der Hymnen das Weihnachtslied "Stille Nacht, Heilige Nacht" gesungen. Das Spiel blieb dann durchweg spannend, denn das Tor fiel bereits in der dritten Spielminute und die Deutschen kämpften hart um den Ausgleich. "Das war natürlich ärgerlich mit dem frühen Gegentreffer", sagt Oberstabsfeldwebel Olaf Bahne, Spieler und Teamkoordinator der deutschen Mannschaft. "Aber am Ende hätte es auch 6:6 ausgehen können. Viele Latten- und Pfostenschüsse, unglaublich spannend, einfach gut." Dann fügt er lachend hinzu: "Das Wembley-Tor gab es diesmal nicht für uns." Nach dem Spiel seien die Spieler der Bundeswehr und der British Army noch gemeinsam feiern gewesen.
Bolzen statt Schießen
Es war ein historisches Spiel, dem eine lange Geschichte vorausging. Weihnachten 1914: Der Erste Weltkrieg tobte. Doch auf einmal hatten einige Deutsche und Engländer damit aufgehört, aufeinander zu schießen. Stattdessen trafen sie sich im "Niemandsland" zwischen den Fronten und spielten Fußball. Endgültig belegt sind die Fußballspiele nicht, aber der britische Historiker Mike Dash spricht von "drei oder vier Plätzen", an denen unter vermeintlichen Todfeinden der Ball gekickt wurde. Durch Feldpostbriefe und Erinnerungen Beteiligter sind gar Ergebnisse überliefert: mal stand es 3:2 für die Deutschen, woanders 4:1 für die Briten.
100 Jahre später, 2014: Die Fußballmannschaften der Bundeswehr und der British Army verbindet bereits seit einigen Jahren eine engere Freundschaft. In Aldershot fand 2012 das erste Spiel zwischen beiden Mannschaften statt. Seitdem lieferten sie sich einige Duelle. "Dass sich in diesem Jahr der Weihnachtsfrieden zum 100. Mal jährt, ist für uns ein ganz besonderes Ereignis", sagt Olaf Bahne. Er half 2012 dabei, den ersten Kontakt mit den Kickern der British Army herzustellen. Die Mannschaft und er seien stolz, nun an diesem historischen Ereignis teilnehmen zu dürfen.
Großes öffentliches Interesse
Die Medienpräsenz war hoch. Nicht nur britische, sondern auch deutsche Medien wie N24 waren angereist. Besonderer Star-Gast: Sir Bobby Charlton, der in Großbritannien in etwa so verehrt wird wie Pelé in Brasilien. "Mit einem derartigen öffentlichen Interesse bei einem solchen Spiel ist in Deutschland gar nicht zu denken", sagt Bahne. Die Nachrichtenagentur Reuters hat kurze Ausschnitte des Events ohne Kommentar veröffentlicht (siehe folgendes Video, Dauer: eine Minute).
Fußball-Erinnerungskultur in Großbritannien
In Großbritannien hat das Fußballspiel zwischen den Fronten eine große Bedeutung. Mit der Aktion #footballremembers beispielsweise animiert die britische Football Association (FA) Fußballspieler des ganzen Landes, vom Bolzplatz bis zur Turniermannschaft, Teamfotos auf Twitter zu teilen. Die britische Supermarkt-Kette Sainsbury´s erinnert in einem YouTube-Spot an den inoffiziellen Weihnachtsfrieden von 1914 – wir berichteten. Weiter unten können Sie sich das sehenswerte Video noch einmal anschauen.
Deutschland pflegt diesbezüglich kaum eine Erinnerungskultur. Auf die Frage, ob der Deutsche Fußballbund (DFB) Veranstaltungen in Erinnerung an den Weihnachtsfrieden (mit)organisiert, antwortete die Infostelle lediglich, dass dazu "keinerlei Informationen" vorlägen. Die Betriebsmannschaft des DFB nehme jedoch an einem Turnier in Belgien teil, das an den Weihnachtsfrieden erinnert.
Bild oben:
Gegner nur auf dem Sportfeld: Briten und Deutsche
(Foto: Jenny Bartsch, Bundeswehr).
Bild unten:
Die Fußballmannschaften der British Army und der
Bundeswehr gemeinsam in Aldershot
(Foto: Jenny Bartsch, Bundeswehr).