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Einrücken für sechs Monate




Den ersten Befehl gab es um 15.15 Uhr, zweieinhalb Stunden nach dem Einrücken in die Kaserne: "Rechts ummachen! Mir folgen!", sagt Stabsunteroffizier Mateusz Cebula laut und deutlich zu neun jungen Männern, die bei 32 Grad in sommerliches Zivil gekleidet sind.

Für sie ist es Tag eins bei der Bundeswehr. Sie sind neun von 48 Grundwehrdienstleistenden in der 7. Kompanie des Führungsunterstützungsbataillons 282 im rheinland-pfälzischen Kastellaun. Sie sind 48 von insgesamt 13.370 Wehrpflichtigen, die am heutigen Donnerstag zu ihrem sechsmonatigen Grundwehrdienst einrückten.

Vorgesetzter war auch Grundwehrdienstleistender
Erst vor knapp zwei Wochen hat der Bundestag diesen Pflichtdienst von neun auf sechs Monate verkürzt. Kritiker sprechen deshalb von einem Kurzzeitpraktikum bei der Bundeswehr. Dem kann der Kompaniefeldwebel, Jörg Zirwes, nicht zustimmen: "Wir bilden die Soldaten wie bisher drei Monate lang intensiv aus." Hierfür stehen dem 42-jährigen Stabsfeldwebel erfahrene Gruppenführer und Zugführer zur Seite. "Alles Männer und Frauen der Infanterie", sagt er. Einer davon ist Stabsunteroffizier Cebula, stellvertretender Gruppenführer der zweiten Gruppe des dritten Zuges der siebten Kompanie. Er ist seit drei Jahren bei der Bundeswehr – im März kommenden Jahres will er Feldwebel sein. Dann ist er für zwölf Jahre an die Bundeswehr gebunden. "Ich war selbst erst Grundwehrdienstleistender in Wesel, habe mich dann verpflichtet, als ich feststellte, dass es mir bei der Bundeswehr gefällt", berichtet er von seiner Bundeswehrlaufbahn.

Zulagen für freiwillig längere Dienstzeit
So hat die Bundeswehr jahrzehntelang ihren Führungsnachwuchs rekrutiert – über den Einstieg als Wehrpflichtige. So will es auch Kevin Hechemer aus Köln machen. "Ich habe mich für 23 Monate verpflichtet." Der Obergefreite ist seit sieben Monaten beim Bund. Heute sitzt er an der Station "Rechnungsführer" und teilt Vordrucke an die Neuankömmlinge aus. Hechemer arbeitet im Geschäftszimmer – also in der Personalstelle der Kompanie direkt mit dem Kompaniefeldwebel – auch Spieß genannt – und dem Chef zusammen. Der gelernte Einzelhandelskaufmann sagt: "Mir macht es hier Spaß. Sonst hätte ich nicht verlängert." Finanziell zahlt sich das Engagement bald aus. Die Bundeswehr gewährt ihm ab dem 10. Dienstmonat einen Zuschlag auf den Wehrsold von täglich 20,45 Euro, ab dem 13. Monat: 22,50 Euro und ab dem 19. Monat: 24,54 Euro je Tag. Er hofft noch länger bei der Bundeswehr bleiben zu können. "Wenn es den Grundwehrdienst nicht gäbe, ich würde heute auf Stellensuche sein und praktisch immer um meinen Job bangen."

Bereit, auch fürs Ausland
Auch unter den neuen Rekruten ist einer, der sich mehr vom Grundwehrdienst verspricht. Daniel Holzer ist gelernter Bäcker. Er kommt aus Hostenbach bei Saarlouis. Er hat sich vor dem ersten Tag beim Bund bereits auf zehn Monate als freiwillig längerdienender Grundwehrdienstleistender (FWDL) verpflichtet. Dafür verspricht ihm die Bundeswehr einen Lkw-Führerschein und eine heimatnahe Verwendung in Saarlouis. Nach der dreimonatigen Grundausbildung wird der Saarländer dorthin kommen. "Es war immer ein Traum von mir, zur Bundeswehr zu gehen", sagt der 22-Jährige. Deshalb findet es auch sein Vater gut, dass er das so macht. Holzer: "Und ich würde auch ins Ausland gehen – auch nach Afghanistan, wenn ich müsste!"

Raue Männerwelt
Ganz anders kam alles für den 19-jährigen Sergej Kraft aus Worms. "Ich wollte eigentlich direkt nach meinem Abitur Mathematik studieren. Jetzt verliere ich wohl eineinhalb Jahre, weil ich nicht zum Wintersemester anfangen kann. Deshalb erwarte ich nichts von der Bundeswehr." Nachdem er den notwendigen Papierkram erledigt hat, geht er mit acht anderen Männern in einer Reihe hinter seinem neuen Vorgesetzten Cebula her. Je drei Mann kommen auf eine Stube. Es gibt zu jedem der kargen Räume mit verschlissenen Möbeln aus den 1980er Jahren nur einen Schlüssel. An den lange nicht gestrichenen Wänden hängen Werbeposter der Bundeswehrnachwuchsgewinnung. Kraft sagt in einer ersten Pause zu seinen neuen Kameraden: "Ich schnarche manchmal." Einer kontert sofort: "Dann stelle ich dein Bett auf den Flur." Die jungen Leute sind in der rauen Männerwelt angekommen.

Stückchen Heimatersatz in der Kaserne
Doch das Mannschaftsheim – eine zivil betriebene Betreuungseinrichtung in der Hunsrück-Kaserne wird versuchen, ihnen drei Monate lang ein wenig Ersatzheimat zu sein. Carina Liebert arbeitet dort seit über einem Jahr. "Wir werden allen neuen Soldaten in der kommenden Woche ein Rekrutenpaket aushändigen." Sie zeigt den Inhalt: Rasierer, Deo, Zigaretten, ein Energy-Getränk und andere nützliche und weniger nützliche Verbrauchsgegenstände. Die 26 Jährige weiß genau, was Männer  bei der Bundeswehr wollen: Ein paar nette Worte und ein Lächeln.


Detlef Struckhof

Bild oben: Nach dem Eintreffen
an der Kompanie. Erste Einweisung
(Foto: Eckhard Schwabe)

Bild 2 von oben: Erst der Papierkram.
Links: Sergej Kraft neben seinen neuen Kameraden
im Kompanielehrsaal (Foto: Eckhard Schwabe)

Bild 3 von oben: Bettenbau.
Stabsunteroffizier Mateusz Cebula
zeigt seiner Gruppe, wie es richtig geht
(Foto: Eckhard Schwabe)

Bild unten: Carina Liebert vom
Mannschaftsheim erwartet die Rekruten
mit einem Willkommenspäckchen
(Foto: Eckhard Schwabe)

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