Einsatzveteran Alexander Sedlak: Marsch zum Wald der Erinnerung
Diagnose: Posttraumatische Belastungsstörung
Doch zunächst scheidet er 2012 nach vierjähriger Dienstzeit regulär aus der Bundeswehr aus. Er beginnt das Erlebte zu verarbeiten. „Eigentlich hat es unmittelbar nach dem Einsatz angefangen. Eingestanden habe ich es mir aber erst nach dreieinhalb Jahren. Da hatte ich meinen ersten Flashback. Mir ist da erst aufgefallen, worüber ich mich eigentlich mit anderen Kameraden nach der Heimkehr ausgetauscht habe“, sagt der gebürtige Freiburger heute. An diesem Punkt begibt er sich in ärztliche Behandlung. Fragt man ihn nach den Auslösern der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) wird er still. „Es gab mehrere Ereignisse. Wir hatten IEDs [Improvised Explosive Devices, zu Deutsch: unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen; Anm. d. Verf.] zu genüge. Raketenbeschuss. Einen Massenanfall von Verwundeten mit insgesamt 20 Verletzten, davon zwei Kinder“, fasst er zusammen. Konkreter wird er nicht.
Der Marsch: am Anfang eine Schnappsidee
Die Idee für den Marsch zum Wald der Erinnerung kam Sedlak per Zufall. „Der ursprüngliche Anlass war mein Wunsch, am Veteranentag im Wald der Erinnerungen am stillen Gedenken teilzunehmen und einen Kranz niederzulegen. Über Jahre hinweg habe ich das versäumt. Irgendwann habe ich gesagt, dann marschiere ich eben von Freiburg nach Berlin. Das muss weit im Voraus geplant werden, dann ziehe ich das auch durch. Eigentlich eine Schnapsidee, aber Freunde und Bekannte fanden sie gut. Über das letzte halbe Jahr ist das Projekt dann immer größer geworden.“ So groß, dass ihm mittlerweile sieben Freunde bei der Umsetzung seines Vorhabens helfen.
Einem größeren Zweck dienen
Das Projekt ist für Sedlak schon lange mehr als Eigennutz: Mit seinem Marsch möchte er auf einsatzgeschädigte Kameradinnen und Kameraden aufmerksam machen. Er will diejenigen unter ihnen unterstützen, die seine Erfahrungen teilen. Veteranen, die einsatzgeschädigt sind und nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können – sich mit der Bürokratie des Einsatzweiterverwendungsgesetzes konfrontiert sehen. „Ich marschiere, weil das Marschieren an sich viele Kameraden zusammengeschweißt hat! Kameradschaft ist das was für immer bleibt und was viele Kameraden mit ins Grab genommen haben! Ich möchte den gefallenen Kameraden gedenken und so viele Mitmenschen wie möglich zum Gedenken anregen!“ schreibt er dazu am 30. August 2015 seiner Facebook-Seite.
In den letzten sechs Monaten sind bereits Spenden in Höhe von knapp 2.500 Euro eingegangen. Der Betrag geht in voller Höhe an den Bund Deutscher EinsatzVeteranen und soll am Ziel in Berlin übergeben werden. Auch wenn der Marsch damit nun einem größeren Zweck dient, bleibt seine Motivation doch auch persönlicher Natur: „Mit dem Marsch zum Wald der Erinnerung habe ich seit langem wieder ein Ziel, auf das ich hinarbeite. Aufgrund meiner Erkrankung ist viel liegengeblieben.“
Marschroute
Sedlak marschiert vom Freiburger Hauptbahnhof quer durch Deutschland bis zum Brandenburger Tor. Der 726 Kilometer lange Marsch besteht aus 36 Etappen á 16 bis 28 Kilometer. Den größten Teil der Strecke möchte er unbegleitet zurücklegen: „Beim Laufen kriege ich den Kopf frei. Es ist in Ordnung, wenn man mich etappenweise begleitet.“
An vielen seiner Zielorte sucht Sedlak noch nach einer Unterkunft. Hilfsbereite Personen, die ihn auf seinem Marsch unterstützen möchten und über einen Schlafplatz verfügen, finden seine Etappenziele hier. Das Planungsteam ist über die E-Mailadresse spendenmarsch@gmx.de erreichbar.