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„Freiwilligkeit muss man sich leisten können“




Podiumsdiskussion im Schloss Bellevue zu einer sozialen Pflichtzeit.

Foto: Screenshot

Dienstpflicht

Im Sommer hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Idee für eine soziale Pflichtzeit geäußert – hier nachlesen. „Mich haben in den letzten Wochen viele Zuschriften erreicht. Manche skeptisch, manche zustimmend. Besonders freut mich, dass sich auch ganz junge Menschen zu Wort gemeldet haben. Sie sind nicht alle einverstanden, aber bereit, zu diskutieren“, sagte Steinmeier später im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Genau eine solche Diskussion fand nun im Schloss Bellevue statt.

„In dieser Zeit des Gegenwinds und der Veränderungen müssen wir alles stärken, was uns verbindet! Denn nur gemeinsam können und werden wir unsere Freiheit und unsere Demokratie verteidigen“, sagte Steinmeier bei seiner Begrüßung. „Deshalb wünsche ich mir, dass noch mehr Menschen in unserem Land sich fragen, was sie für das Gemeinwesen tun können und tun wollen. Und deshalb wünsche ich mir eine breite und ernsthafte Debatte darüber, welche neuen Wege wir einschlagen können, um den Gemeinsinn und das Miteinander der Verschiedenen zu fördern, nicht nur in der Krise, sondern auf Dauer. Wie stärken wir, was uns verbindet?“

Gar nicht mal so leicht, wenn man aus seiner „Bubble“, also aus seiner eigenen Lebenswelt, kaum ausbricht. Steinmeier: „Man bleibt oft unter sich – im Wohnviertel, in den digitalen Netzwerken, in der Schule, am Arbeitsplatz oder im Urlaub. Man umgibt sich mit Menschen, die einen ähnlichen Lebensstil pflegen, ähnliche politische oder religiöse Überzeugungen haben, die gleichen Kulturveranstaltungen besuchen, die gleichen Medien nutzen, ähnlichen Inhalten oder den gleichen Influencern folgen.“

Wie kann der Freiwilligendienst attraktiver werden?

Ein Beispiel dafür ist das Freiwillige Soziale Jahr. 90 Prozent aller „FSJ’ler“ sind Abiturienten ohne Migrationshintergrund, deren Eltern es sich leisten können, den Nachwuchs auch über die Schulzeit hinaus finanziell zu unterstützen. „Diese Freiwilligkeit muss man sich leisten können“, sagte eine Gesprächsteilnehmerin. Die rund 350 Euro reichen gerade in großen Städten für ein WG-Zimmer, das war’s dann aber auch schon. „Ohne die Unterstützung meiner Eltern könnte ich das nicht machen.“ Als Ideen, wie man den Freiwilligendienst attraktiver gestalten könnte, wurden unter anderem freie Bahnfahrten wie bei der Bundeswehr ins Spiel gebracht oder eben auch eine bessere Vergütung.

Und außerhalb des FSJ? „Die Ehrenamtlichen werden weniger, aber die Aufträge bleiben gleich – wenn es nicht sogar mehr werden“, sagte Karl-Heinz Banse, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes. 1,3 Millionen Menschen engagieren sich nach seiner Aussage in den Freiwilligen Feuerwehren, davon 300.000 in den Kinder- und Jugendfeuerwehren. Auch er merke den demografischen Wandel deutlich. Zwar gelinge es nur selten, Menschen mit Migrationshintergrund anzusprechen, doch liege der Frauenanteil bei beachtlichen 30 Prozent. Er brachte die Idee ins Spiel, das gesellschaftliche Engagement mit Rentenpunkten zu vergüten. Wer sich 40 Jahre lang neben dem Beruf einbringt, kann früher in Rente. Ein Diskussionsteilnehmer äußerte die Idee, das gesellschaftliche Engagement in die Schulzeit zu integrieren und beispielsweise ein Halbjahr lang beim THW oder einer ähnlichen Einrichtung zu unterstützen.

Anstoß für weitere Debatte

Die Diskussion in Berlin sollte Anstoß geben für weitere Beiträge zum Thema Pflichtdienst. „Meine Idee lässt viel Raum für Debatten um ihre Ausgestaltung. Mir geht es dabei vor allem darum, offen zu sein. Es muss eben kein Jahr sein, das Männer und Frauen leisten für die Gesellschaft, es können auch ein paar Monate sein“, sagte Steinmeier der dpa. Wichtig sei ihm nur, dass die nun angestoßene Debatte nicht wieder im Sande verlaufe.

Einen Videomitschnitt der Diskussion gibt es auf der Seite des Bundespräsidenten.

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