Für Menschlichkeit einstehen – damals wie heute
Der 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. An einem Stolperstein in Berlin-Mitte hat Verbandspräsident Patrick Sensburg stellvertretend für alle Opfer eine Kerze angezündet.
In Berliner Häusern wird ein anonymes Hetzblatt gegen die Juden verbreitet. Darin wird behauptet, dass jeder Deutsche, der aus angeblicher falscher Sentimentalität die Juden irgendwie unterstützt und sei es auch nur durch ein freundliches Entgegenkommen, Verrat an seinem Volke übt. Lasst Euch durch diese unchristliche Gesinnung nicht beirren, sondern handelt nach dem strengen Gebote Jesu Christi: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.‘
Diese Worte stammen von Bernhard Lichtenberg. Er hatte diese Kanzelabkündigung für Sonntag, 26. Oktober 1941, vorbereitet. Verlesen hat er sie jedoch nie. Drei Tage vorher wurde er von der Gestapo verhaftet.
Seit 1938 bis zu seiner Verhaftung war Lichtenberg Propst am Dom St. Hedwig in Berlin-Mitte. Er wandte sich in seinen Predigten gegen den Terror in den Konzentrationslagern und betete nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 öffentlich für die verfolgten Juden. Nach seiner Verhaftung wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt, während dieser Zeit verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends. Bernhard Lichtenberg starb am 5. November 1943 während seiner Überführung von Berlin ins KZ Dachau. Stellvertretend für alle Opfer des Nationalsozialismus hat der Präsident des Reservistenverbandes, Oberst d.R. Prof. Dr. Patrick Sensburg, seiner gedacht.
Werte, die unsere Grundordnung tragen
Nächstenliebe, gegenseitige Rücksichtnahme, Toleranz, und Solidarität sind Werte, die unsere demokratische Grundordnung tragen. Heute erinnert ein Stolperstein an Bernhard Lichtenberg, vor allem auch an sein Einstehen für Menschlichkeit, über Konfessions- und Glaubensgrenzen hinweg. Sensburg legte dort eine Blume nieder und zündete eine Kerze an. „Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus ist Teil unseres Geschichtsbewusstseins. Wir dürfen nie vergessen und müssen weiter fragen, was damals passierte und warum sich dieser Hass Bahn brechen konnte“, sagte Sensburg. „Auch wir Reservistinnen und Reservisten, als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Uniform, erinnern an die vielen Opfer dieses menschenfeindlichen Regimes – es ist uns Pflicht und Aufgabe zugleich.“
Denn die Erinnerung wach zu halten, ist ein wichtiges Instrument zum Schutz unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Als Parlamentsarmee ist es Wesenskern der Bundeswehr und damit auch der Reserve, für ihren Schutz einzustehen. Deshalb hat der Reservistenverband die Kampagne „Reserve und Demokratie – Wir gegen Extremismus“ ins Leben gerufen und führt seit 2020 regelmäßig Veranstaltungen wie Seminare und Podiumsdiskussionen rund um dieses Thema durch.
An der digitalen „IRemember Wall“ der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gedenkt der Reservistenverband – ebenfalls stellvertretend für alle Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft – Salo Cahn. Cahn wurde 1940 in Bad Godesberg, dem heutigen Sitz der Bundesgeschäftsstelle des Reservistenverbandes in Bonn, geboren und fand im polnischen Łódź den Tod.
Hintergund
Seit 1996 ist der heutige Tag als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus gesetzlich verankert. Anlass ist die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau vor genau 77 Jahren am 27. Januar 1945.