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Die Reserve

Das Heimatschutzregiment 4 – ein Verband der Territorialen Reserve

Ab dem 1. April 2024 will die Bundeswehr das Heimatschutzregiment Mecklenburg-Vorpommern aufstellen. Der Kommandeur des Landeskommandos, Brigadegeneral Uwe Nerger, wirbt in diesem Namensbeitrag für mehr Engagement im Heimatschutz. Er fordert hinsichtlich des Heimatschutzes ein Umdenken in der Reserve, aber auch innerhalb der Bundeswehr.

Gelöbnis von Rekruten: Das Landeskommando Mecklenburg-Vorpommern sucht Reservistinnen und Reservisten für das Heimatschutzregiment 4.

Foto: Bundeswehr/Lkdo MV

heimatschutzMecklenburg-Vorpommern

Mit der nur drei Tage nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 postulierten Zeitenwende des Bundeskanzlers ging unter anderem die Aufstellung des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr (TerrFüKdoBw) als eigenständiger Organisationsbereich (OrgBer) und der Ausbau der Heimatschutzregimenter (HSchRgt) bis 2025 einher. Zwei Jahre später stellt sich die Frage, ob die Bedeutung des Heimatschutzes – auch und gerade für die Bundesländer – in der deutschen Gesellschaft angekommen ist. Das Landeskommando Mecklenburg-Vorpommern hat den Auftrag, das Heimatschutzregiment 4 ab dem 1. April 2024 aufzustellen.

Die Strategie der Reserve aus dem Jahr 2019 nennt drei Kategorien der Reserve: Truppenreserve, Territoriale Reserve und Allgemeine Reserve. Das Heimatschutzregiment 4 ist ein teilaktiver Verband, ein Ergänzungstruppenteil Typ 1, organisatorisch mit mehr als 40 Dienstposten für aktive Soldatinnen und Soldaten (ohne Verstärkungsreserve) und mehr als 600 Dienstposten für Reservistendienstleistende (Dienstposten der Verstärkungsreserve) hinterlegt.

Ergänzungstruppenteile sind in der Strategie der Reserve noch der Truppenreserve zugeordnet. Die Aufstellung des Territorialen Führungskommandos mit seinen Heimatschutzregimentern führt dazu, dass mit Regimentern nunmehr klassische Verbände der Truppenreserve in die Territoriale Reserve integriert werden, die Feldersatztruppenteile jedoch ausgegliedert ausschließlich in die Truppenreserve rücküberführt wurden. Feldersatz findet somit im Heimatschutz nicht statt. Die Aufstellung von Heimatschutzkräften wird zu erkennbaren Konsequenzen für die anderen Organisationsbereiche bezüglich ihrer Reserve führen müssen, die meines Erachtens noch nicht an allen Stellen gesehen werden – und zu Ende zu denken sind.

Grundbeorderung eine streitkräftegemeinsame Aufgabe

Brigadegeneral Uwe Nerger. (Foto: Bundeswehr)

Unser Bundesverteidigungsminister fordert von uns allen, ehrlich zu sein. Um dem Heimatschutz dienen zu können, gehören neben Ehrlichsein in der Lagefeststellung auch Grundkenntnisse über die Reserve und Systemverständnis für die Streitkräfte und für die Möglichkeiten des Handelns. Mit den Kategorien der Reserve lassen sich auch – organisationsbereichseigene – Interessen ableiten. Hat beispielsweise ein Organisationsbereich in seiner Struktur eine starke Truppenreserve mit Ergänzungstruppenteilen und dienstpostenstarke Feldersatztruppenteile ausgeplant, um diese mit grundbeorderten Soldatinnen und Soldaten füllen zu können, so wird er grundsätzlich keine Soldaten „fremd beordert“ wissen wollen. Er wird alle Ausscheidenden für die Befüllung seiner Reservistendienstposten selbst benötigen. Im Ergebnis stehen diese Soldaten somit für unser Heimatschutzregiment 4 nicht zur Verfügung.

Sind die Feinstrukturen dieses Organisationsbereichs noch nicht gebilligt, werden die Ausscheidenden zum Zwecke der Ziel-Beorderung in dafür geschaffene Organisationshüllen zwischenbeordert, damit sie dem eigenen Organisationsbereich nicht verloren gehen oder in die Territoriale Reserve abwandern. Unser Heimatschutzregiment 4 ist aber auf diese Ausscheidenden dringend angewiesen, da das Landeskommando Mecklenburg-Vorpommern wie das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr im Vergleich zu den Organisationsbereichen mit Truppenstrukturen auf nahezu null eigene potenziell Grundzubeordernde zurückgreifen kann. Die Grundbeorderung ist daher als eine streitkräftegemeinsame Angelegenheit anzuerkennen, ministeriell über Organisationsbereichs-Grenzen anzuweisen, vorerst zentral zu steuern und dienststellenübergreifend bedarfsdeckend zu wirken.

Um das für unser Heimatschutzregiment 4 notwendige Personal der Verstärkungsreserve zu rekrutieren, verbleiben über die Nutzung des Potenzials aus der Grundbeorderung hinaus dann noch grundsätzlich weitere drei – quantitativ nachrangigere – Rekrutierungsoptionen, die ich einem Schnelltest unterziehen möchte:

Dein Jahr für Deutschland

Dieses Programm hat seit der Einführung in 2021 bis dato einen Soldaten für Heimatschutzkräfte in Mecklenburg-Vorpommern hervorgebracht. Die Ursachen sind vielschichtig: Erstens die Resonanz für das Programm fehlt in Mecklenburg-Vorpommern, zweitens: die fehlende Bereitschaft, an die drei Standorte der Heimatschutzkompanien in Mecklenburg-Vorpommern zu wechseln, drittens: der Status-Wechsel in den aktiven Dienst als Soldat auf Zeit – ein positiver Effekt für die aktive Truppe und viertens die vermeintliche Auffassung, sich für fünf weitere Jahre jeweils einen Monat binden zu müssen. Eine abschließende Evaluation für einen Gesamtzeitraum von sechs Jahren bis 2026 konnte logischerweise noch nicht erfolgen.

Ausbildung Ungedienter

Die Ausbildung Ungedienter stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt als unsere verlässlichste Quelle für die Gewinnung von Reservistinnen und Reservisten dar. Wir bewerben diesen Ausbildungsgang unter dem Motto „Die beste Reserve für Mecklenburg-Vorpommern“. Es handelt sich um eine Ausbildung im eigenen Kommando. Wir werben rund um die Uhr. Keine Situation wird ausgelassen – Vorträge, Gelöbnisreden, Veranstaltungen in der Öffentlichkeit, Pressegespräche, Schwerin in Grün, Mecklenburg-Vorpommern-Tag, Gründungstag der Bundeswehr etc. – um diese interessante Ausbildung öffentlichkeitswirksam darzustellen.

Die durch uns gewonnenen Bewerberinnen und Bewerber werden nach Feststellung der wehrrechtlichen Verfügbarkeit von uns in Modulform berufsbegleitend ausgebildet. Nach knapp 200 Stunden wird dieser Soldat Streitkräfte in weiteren Modulen zum Soldat Heimatschutz ausgebildet. Mit abgeschlossener Ausbildung stehen uns die Soldatinnen und Soldaten für einen Einsatz im Heimatschutzregiment 4 zur Verfügung. Auch wenn die Gewinnung von 20 Reservistinnen und Reservisten für den Heimatschutz in Mecklenburg-Vorpommern quantitativ gering anmutet, so handelt es sich um Überzeugungstäter aus der Mitte der Gesellschaft, die in der Folge als Multiplikatoren in ihrem jeweiligen beruflichen und privaten Umfeld wirken können und werden.

Allgemeine Reserve

„Wir im Reservistenverband haben den Fokus auf den Strukturen der Reserve. Der Aufbau des neuen Heimatschutzes ist gut und folgerichtig. Doch die Bemühungen greifen noch zu kurz. Wir müssen Reserve zu Ende denken: Das schließt den Feldersatz mit ein, die zweite und dritte Welle, also eine echte strategische Reserve für die kämpfende Truppe“, heißt es in einem Zitat von Oberst d.R. Professor Dr. Patrick Sensburg.

Der Hinweis des Präsidenten des Reservistenverbandes kann grundsätzlich nachvollzogen werden – auch wenn ich Feldersatztruppenteile aus genannten Gründen nicht als strategische Reserve sehe, birgt diese indirekte Werbung für die kämpfende Truppe auch eine Gefahr für den Heimatschutz dahingehend, dass dessen Bedeutung verkannt werden könnte und weiterhin wenige bis keine Beorderungen von der Allgemeinen Reserve für unser Heimatschutzregiment 4 zu erwarten sind. Heimatschutz ist Territoriale Reserve und bildet keine zweite oder dritte Welle. Die Landeskommandos kämpfen immer noch dafür, die ausgebrachten Dienstposten in den Heimatschutzregimentern überhaupt besetzt zu bekommen. Dazu brauchen wir die Allgemeine Reserve, dafür muss auch der Reservistenverband werben. Der Heimatschutz braucht jetzt das Potenzial der unbeorderten Reservisten, um jetzt die Kompanien aufstellen zu können, um jetzt mit der Ausbildung beginnen zu können, um jetzt durch deren erweiterte Präsenz die Gesellschaft für den Heimatschutz mitzunehmen, um jetzt kriegstüchtig werden zu können und um jetzt den Auftrag zu erfüllen. Wir müssen alle dafür werben, dass die ausgeplanten Dienstposten der Verstärkungsreserve in der Territorialen Reserve besetzt werden und die Ideen weiterer Kräfte und Wellen hintenanstellen.

Ich möchte an dieser Stelle die avisierte Zielvereinbarung zwischen Streitkräften und Reservistenverband nachhaltig unterstützen. Wie sagt der Stellvertreter des Generalinspekteurs treffend: „Ohne wird es nicht gehen.“ Das inkludiert den wichtigen Baustein Heimatschutz.

Veränderungen müssen im Kopf beginnen

Die Struktur des Heimatschutzes basiert auf Verstärkungskräften. Heimatschutz stützt sich zu 100 Prozent auf Reservistinnen und Reservisten ab. Die Besetzung der Reservedienstposten im Heimatschutz hat eine höhere, eine höchste Priorität. „Ohne wird es nicht gehen“ – ohne Reservistinnen und Reservisten geht nichts im Heimatschutz. Die Umsetzung des Operationsplans Deutschland einschließlich des reibungslosen Funktionierens der Drehscheibe Deutschland wird mit unbesetzten Dienstposten in den Verbänden des Heimatschutzes nicht leistbar sein.

Die Heimatschutzkräfte sind die Gewehrträger in dem komplexen Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung. Ohne Gewehrträger kein Schutz. Heimatschutzkräfte werden im gesamten Spektrum ihrer Einsetzbarkeit zu Kräften der ersten Stunde. Wie sagt der Präsident des Reservistenverbandes doch so treffend: „Nur wenn es genügend (beorderte – Anmerkung des Verfassers) Reservistinnen und Reservisten gibt, ist eine wirksame Landes- und Bündnisverteidigung gewährleistet. Heimatschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die zu Ende gedacht gehört.“


Fachbegriffe aus der Reserve

Allgemeine Reserve bezeichnet die Gesamtheit aller nicht beorderten Reservistinnen und Reservisten. Die wehrrechtlichen Verfügbaren stellen das Aufwuchspotenzial der Streitkräfte.

Ergänzungstruppenteile dienen der Verstärkung der aktiven Verbände und Großverbände und sind grundsätzlich wie vergleichbare aktive Truppenteile gegliedert und ausgerüstet. Sie bilden damit eine Grundlage für den kurzfristigen Aufwuchs von Fähigkeiten.

Feldersatztruppenteile halten Reservistinnen und Reservisten zur schnellen personellen Ergänzung bereit.

Organisationsbereich ist eine Untergliederung innerhalb des nachgeordneten Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung. Militärische Organisationsbereiche sind zum Beispiel die Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis, Cyber- und Informationsraum und das Territoriale Führungskommando mit seinen Landeskommandos.

Personalreserve umfasst die Gesamtheit der nicht strukturgebundenen Dienstposten. Sie ist eine planerische Vorsorge zur Kompensation fehlenden Personals und zur Deckung vor allem eines temporär erhöhten Bedarfs und zum Erhalt oder zur Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft.

Territoriale Reserve wird zu territorialen Verbindungs-, Unterstützungs- und Sicherungsaufgaben eingesetzt.

Truppenreserve dient der personellen Unterstützung in allen Organisationsbereichen. Sie umfasst Ergänzungs- sowie Feldersatztruppenteile und Einzeldienstposten in der Verstärkungsreserve und der Personalreserve.

Verstärkungsreserve umfasst die Gesamtheit aller Beorderten auf strukturgebundenen Dienstposten. Sie dient dem Herstellen der vollen Einsatzbereitschaft.

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