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Etwas mehr als 40 Prozent der Reservisten in Hessen hatten bereits Schwierigkeiten, für eine Reservedienstleistung durch den Arbeitgeber freigestellt zu werden. Dabei scheiterten viele dieser Übungen an der Unkenntnis über deren Rahmenbedingungen, sowohl auf Seiten der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer. Das ist das Ergebnis einer – nicht repräsentativen – Umfrage des Landeskommandos Hessen. Diese Zahl soll nun schrittweise reduziert werden, um den Übungswilligen und -fähigen zu Beorderungen zu verhelfen. Da hilft nur eines: ansprechen, vernetzen, informieren.

Symbolbild: Präsentation der Bundeswehr-Community bei der Auftaktveranstaltung im Februar 2020 in Frankfurt.

Foto: Sören Peters

bundeswehrHessenwirtschaft

Die Personalwerbung für die Bundeswehr ist mühsam und aufwändig. Viele Stellen sind vakant. Dieses Leid plagt nicht nur die aktive Truppe, sondern auch ihre Reserve. In Hessen etwa ist jeder zweite Beorderungsdienstposten unbesetzt. Das Landeskommando hat sich im Auftrag des Kommandos Streitkräftebasis zu Beginn des Jahres daran gemacht diese Situation zu ändern. Ein Projektteam aus Berufssoldaten und Reservisten leistet dort Grundlagenarbeit, um die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Bundeswehr und Reservisten neu zu beleben. Ziel ist es, allen Beteiligten die Win-Win-Win-Situation zu verdeutlichen, die durch eine Reservistendienstleistung eintritt – wir berichteten. Nun liegen die Ergebnisse einer Umfrage unter Mitgliedern der Landesgruppe Hessen des Reservistenverbandes vor. Sie geben aufschlussreiche Informationen über Motivationslage, Erwartungen und Verhalten der Reservistinnen und Reservisten.

Die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 hat ihre Spuren hinterlassen – auf den Exceltabellen der Personaler der Bundeswehr und in den Köpfen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Längst kann man nicht mehr davon ausgehen, dass auf Arbeitgeberseite bekannt ist, was es bedeutet, eine Angestellte oder einen Angestellten für eine Reservistendienstleistung freizustellen – das gilt für formelle Erfordernisse, aber auch für den positiven Effekt für das eigene Unternehmen, den eine Freistellung mit sich bringt. Das Pilotprojekt des Landeskommandos Hessen setzt genau hier an. Das Team von Oberstleutnant Alexander Sauer versucht, die scheinbar bestehende Konkurrenzsituation zwischen Reservistendienst und ziviler Arbeit aufzubrechen und auf allen Seiten ein Bewusstsein für Synergieeffekte zu entwickeln.

Datenerhebung per Umfrage

Das Landeskommando verfolgt einen systematischen Ansatz, bei dem es zunächst darum geht, sich ein valides Lagebild zu verschaffen. Erster Schritt war es daher nun, sich über die Reservistinnen und Reservisten im Bundesland zu informieren. Im Zentrum habe dabei die Frage gestanden, „Wer sind denn eigentlich die Reservisten, die hier leben? Wo können wir angreifen?“, umreißt Oberstleutnant Tilman Engel, Marketingverantwortlicher der Projektgruppe, das Ziel. Seit Aussetzung der Wehrpflicht gebe es dazu keine aktuellen Daten mehr. Selbst die Zahl der Reservistinnen und Reservisten im Land kann er nur schätzen: 40.000 bis 50.000, tippt er über alle Altersgruppen verteilt.

Mit einer Umfrage hat die Projektgruppe nun etwas Abhilfe geschaffen. Bei der Durchführung habe das Landeskommando Hessen eng mit der Landesgruppe des Reservistenverbandes zusammengearbeitet, erzählt Sauer. Die Umfrage sei von der Projektgruppe des Landeskommandos entwickelt worden und daraufhin unter Einhaltung aller datenschutzrechtlichen Erfordernisse über die Landesgeschäftsstelle per Mail allen 2.740 ordentlichen Mitgliedern der Landesgruppe im Altersband 30 bis 55 Jahren zugeleitet worden. In der Zeit vom 20. Juli bis zum 20. August hatten sie Zeit, an der Umfrage teilzunehmen. 200 haben die Chance ergriffen.

Mitglieder des Reservistenverbandes stehen im Fokus

Sauer und Engel erheben nicht den Anspruch, ihre Umfrage sei repräsentativ. Engel, der selbst Reservist ist, betont: „Wir müssen die Ergebnisse immer in dem Wissen deuten, dass es sich um Antworten von Mitgliedern des Reservistenverbandes aus Hessen handelt.“ Die Teilnahmebereitschaft habe etwas unter der Erwartung von 10 Prozent in dieser eigentlich hoch-affinen Zielgruppe gelegen. Auch seien gemäß des Pilotauftrages nur in Hessen Wohnhafte befragt worden. Es ließen sich damit nur bedingte Schlüsse für alle Bundesländer und Regionen ziehen. Trotzdem zeichnen sich deutliche Trends ab, die der Projektgruppe weiterhelfen.

Zu den grundlegenden Erkenntnissen der Umfrage gehört die Feststellung, dass sich die Dienstgradgruppen Mannschaften bis Unteroffiziere mit Portepee gegenüber einer verstärkten Übungstätigkeit offener zeigten als Offiziere. Hier sei auch ein Land-Stadt-Gefälle zu identifizieren, bei dem sich die Befragten interessierter zeigten, wenn sie aus den ländlichen Regionen kamen. Zudem belegt die Umfrage, dass die Qualifikationen der zu den zuerst genannten Dienstgradgruppen gehörenden Personen vielfach deutlich über dem liege, was ihr Dienstgrad widerzuspiegeln scheint. Viele der vorliegenden zivilen Aus- und Fortbildungen könnten für weitergehende Verwendungen qualifizieren. Damit ist ein möglicher Motivationsfaktor für den Wiedereinstieg in die Reserve identifiziert. Engel sieht darin einen wichtigen Ansatzpunkt für die zukünftige Arbeit der Projektgruppe. Grundsätzlich gelte: Derzeit werde die Reservistenarbeit an vielen Stellen von Offizieren geprägt. Der Fokus müsse sich verschieben, denn Bedarf und Bereitschaft lägen eher bei den unteren Dienstgradgruppen.

Der Schlüssel zum Erfolg?

Auch der Ist-Zustand der gegenwärtigen Übungstätigkeit wurde abgefragt. 42 Prozent der Befragten gaben an, beordert zu sein. Bei den beorderten Reservistinnen und Reservisten gehören 70 Prozent zu den Unteroffizieren mit Portepee bis hin zu den Stabsoffizieren. Dagegen machen unter den unbeorderten Reservistinnen und Reservisten Mannschaften bis hin zu den Unteroffizieren ohne Portepee 84 Prozent aus. Wenn es darum geht, über die Hindernisse zu spekulieren, die einer Reservistendienstleistung entgegenstehen, werden gemeinhin die Bundeswehrbürokratie und die fehlende Freistellungsbereitschaft vieler Arbeitgeber als Gründe angeführt. Auch hier zeichnet die Umfrage ein differenzierteres Bild. Zwar führen die Befragten in 16 Prozent der Fälle tatsächlich das Scheitern einer Reservistendienstleistung auf die Bundeswehrverwaltung zurück, Überraschendes habe die Umfrage aber an anderer Stelle zu Tage befördert: so stellte sich heraus, dass sich in knapp 40 Prozent der Fälle eine nicht erfolgte Freistellung durch den Arbeitgeber auf fehlendes Wissen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zurückführen lasse. „Es war uns bekannt, dass viel Unkenntnis und Halbwissen herrschen. Dass jedoch nahezu die Hälfte der übungswilligen Kameraden am Nichtwissen auf beiden Seiten gescheitert ist, ist heftig“, sagt Engel. „Wenn man das reduzieren kann, bedeutet das deutlich mehr Kameraden, die deutlich mehr Übungen leisten können.“

Reservistinnen und Reservisten neu gewinnen

Die Projektgruppe muss also diese Informationen konkret an dienstbereite Frauen und Männer beziehungsweise ihre Arbeitgeber bringen. Damit hat sie einen ihrer zukünftigen Arbeitsschwerpunkte identifiziert. „Wir können Schwerpunkte setzen, wir können Themen präsentieren, wir können schauen, wo es gerade bei großen Unternehmen gelingt, die betriebliche Bereitschaft für Freistellungen neu zu befördern“, sagt Engel. Derartige Informationsgespräche mit Unternehmen führt die Projektgruppe bereits. Das sei jedoch aufgrund der hohen Anzahl von ca. 250.000 Unternehmen im Land nur schwerpunktmäßig leistbar. Engel hat eine größer angelegte Informationskampagne im Auge. „Das ist Informationsarbeit im neuen Gewand. Diese Informationsarbeit kann auch der Reservistenverband in dem dafür erforderlichen Umfang so nicht leisten. Es gibt aber auch seitens der Bundeswehr kaum Kampagnen- und Werbeetats, um dieses komplexe Thema umfassend zu betreiben.“

Mit Verweis auf die aufwändig produzierten Youtube-Serien der Bundeswehr betont er, dass es nicht der Auftrag der Projektgruppe sei, Personalrekrutierung zu betreiben. „Wir wollen Reservistinnen und Reservisten neu gewinnen! Menschen, die bei der Bundeswehr waren, die bereits über entsprechende Grundlagen verfügen und die wollen“, sagt Engel. Um diese besondere Gruppe zu erreichen, bedürfe es keines riesigen Millionenetats. „Mit überschaubaren Geldern für Direkt- und Social-Media-Marketing lassen sich fokussierte Online-Kampagnen für diese Zielgruppe entwickeln und gezielt Informationsdefizite überwinden. Wenn wir dahin kommen, ist schon eine Menge gewonnen.“ Um Informationen besser zu verbreiten, will die Projektgruppe künftig auch Reservistennetzwerke stärker aktivieren und einbinden. Die Umfrage ergab an dieser Stelle, dass Reservistinnen und Reservisten eher Zugang zu anderen Reservistinnen und Reservisten über ihre persönlichen Netzwerke finden als über ihr Arbeitsumfeld.

Erfolgsmodule definieren

Die nächsten Schritte sind somit von den Ergebnissen der Umfrage abgeleitet. Die Projektgruppe des Landeskommandos hat ihre Versuchsanordnung neu justiert. Allen Beteiligten ist klar, dass sich später nicht alle Erkenntnisse beliebig auf andere Bundesländer übertragen lassen. „Unser Ziel ist es „Erfolgsmodule“ herauszuarbeiten, die sich überregional einsetzen lassen. Deswegen probieren wir einige unterschiedliche Vorgehensweisen aus“, sagt Projektleiter Sauer. So könnten andere Stellen später Irrwege von vorneherein vermeiden. Es bleibt also spannend in Hessen. Mitte des nächsten Jahres wird das Projekt abschließend evaluiert – das ist dann vielleicht der Anfang einer bundesweiten Erfolgsgeschichte.

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