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Inspekteur: „Am Ball bleiben, die Marine braucht die Reservisten!“




Die Marine befindet sich seit ihrer Aufstellung stetig in einem Veränderungsprozess. Immer sind die Soldaten der kleinsten Teilstreitkraft schwerer See ausgeliefert – sowohl bildlich auf See als auch am Standort oder familiär. Die Belastungen der Marineangehörigen sind enorm. Über die Herausforderungen an Marinereservisten sprach das sicherheitspolitische Magazin des Reservistenverbandes – die "loyal" – mit dem Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause.

loyal: Herr Admiral, wie wichtig sind Reservisten für die Marine?

Vizeadmiral Andreas Krause: Eine Marine ohne Reservisten kann ich mir nicht vorstellen. Wir profitieren als Marine stark von der Arbeit mit Reservisten! Reservisten stellen ein großes Potenzial an Multiplikatoren dar und können externe Qualifikationen in die Marine einbringen. Sie helfen, die Belastung für die aktiven Soldaten zu reduzieren. Auf der anderen Seite erleben sie in sehr konzentrierter Form unterschiedliche Führungsgrundgebiete und -prozesse und lernen andere Herangehensweisen und Betriebsverfahren kennen. Wir haben dies schon erfolgreich mit Reservisten im Bereich Controlling als auch im Presse- und Informationszentrum Marine durchgeführt. Die Zusammenarbeit stellt insofern eine "Win-win-Situation" für alle Beteiligten dar. Wir werden diese Zusammenarbeit weiter ausbauen!

loyal: Die technische Entwicklung sorgt dafür, dass ein ausgeschiedener Marinesoldat schon nach wenigen Jahren nicht mehr an seinem Waffensystem eingesetzt werden kann. Was kann die Marine tun, um Reservisten "up to date" zu halten – und das mit Rücksichtnahme auf die persönlichen Verhältnisse eines sich eigeninitiativ engagierenden Soldaten?

Krause: Wir passen unsere Marine jederzeit an die Erfordernisse der Einsätze an und bleiben damit auf dem aktuellen Stand der technischen Entwicklung. Auch als Reservist ist es möglich, durch regelmäßige Reservedienstleistungen an Bord oder auf Weiterbildungslehrgängen mit dieser Entwicklung Schritt zu halten und davon zu profitieren. Dazu sind die meisten Lehrgänge der Marine für Reservisten geöffnet. Mein Appell an die Reservistinnen und Reservisten der Marine lautet deshalb: "Bleiben Sie am Ball, die Marine braucht Sie!"

loyal: Die Belastung der seefahrenden Soldaten ist immens. Reservisten könnten Entlastung bringen. Doch viele sagen: "Reservisten an Bord eines Schiffes geht gar nicht. Wie soll ein Reservist für zwei oder drei Wochen an Bord eine Hilfe sein, wie soll das funktionieren, wenn ein Schiff am Horn von Afrika unterwegs ist?" Was sagen Sie als höchster Marinerepräsentant: Kann die Marine mehr Rücksicht auf berufstätige Reservisten nehmen, um von deren Potenzial zu profitieren?

Krause: Es gibt bereits Reservisten, die zur See mitfahren! Es kommt hier immer auf den Einzelfall an. Der Reservist muss natürlich Familie, Beruf und Dienst unter einen Hut bringen – wer jedoch vermehrt Zeit hat, kann natürlich auch längere Seefahrten mitmachen und wer kaum Zeit hat, kann zumindest im Hafen, aber auch auf kurzen Fahrten unterstützen. Wir führen deshalb auch einen intensiven Dialog mit den Arbeitgebern, um Verständnis dafür zu erzeugen, dass der Einsatz von Streitkräften eine gesamtstaatliche Aufgabe ist.

loyal: Viele Mannschaftssoldaten fühlen sich als Reservisten nicht mehr gebraucht. Es gibt kaum Beorderungsstellen für sie in der Bundeswehr. Anders beim Seebataillon in Eckernförde. Dort gibt es auch für Mannschaftsdienstgrade interessante Beorderungsmöglichkeiten. Diese Reservisten müssen auf jeden Fall mit den 25-jährigen aktiven Soldaten Schritt halten können. Deshalb tut sich das Bataillon schwer, geeignete Reservisten zu finden. Sind die Ansprüche der Berufs- und Zeitsoldaten an ältere Reservisten eventuell zu hoch?

Krause: Diesen Eindruck kann ich pauschal so nicht bestätigen, auch hier ist es jeweils eine Einzelfallbetrachtung. Wer schon früh nach Ausscheiden aus dem Dienst mit Reservistendienstleistungen beginnt, der kann natürlich "Schritt halten" und wird dadurch auch vorbehaltslos anerkannt. Wer sich jedoch erst nach vielen Jahren wieder meldet, den müssen wir behutsam wieder an die Anforderungen heranführen. Unser Ziel ist jedoch, die Gewinnung junger, ausscheidender Soldaten zu forcieren! Dazu halten wir den Kontakt mit den Ehemaligen und geben Informationen weiter. Seit 2013 betreiben wir eine Internetseite mit Kontaktdaten, zusätzlich geben wir seit diesem Jahr einen Newsletter heraus.

loyal: Konkret: Was kann die Marine tun, um den Reservisten Möglichkeiten zu bieten, sich fit halten zu können?

Krause: Zum einen bietet der Reservistenverband Möglichkeiten für die Beibehaltung der sogenannten Individuellen Grundfertigkeiten (IGF) für alle Reservisten an – dies jetzt auch bundesweit. Es ist bereits in der Vorschrift A1-1800/0-6570 verfügt, dass zumindest beorderte Reservisten auch außerhalb von Reservistendienstleistungen die Sportmöglichkeiten der Bundeswehr am Standort nutzen können. Diese Möglichkeiten kommunizieren wir aktiv in den Reservistentagungen der Marine!

loyal: Reservisten können in der Regel nicht mehrere Wochen lang auf einen Verwendungslehrgang gehen. Die Luftwaffe bietet deshalb inzwischen Feldwebellehrgänge im Fernstudium an. Unabdingbar notwendige Ausbildungsinhalte in Gruppen sowie Prüfungen finden an Wochenenden in Blöcken statt. Ist so etwas auch bei der Marine denkbar?

Krause: Dies wird an der Marineunteroffizierschule (MUS) schon seit Jahren praktiziert! Die allgemeinmilitärischen Lehrgänge für Unteroffiziere, Portepees und Offiziere sind auf Grundlage der Konzeption der Reserve von 2012 streitkräftegemeinsam ausgeplant worden und finden, zumindest was den Anteil Anwärterausbildung anbelangt, auch außerhalb des Wehrdienstes bereits mit Fernausbildungsanteilen statt.

loyal: Wird es in Zukunft noch Platz für Mannschaften in der Marine geben oder führt die Spezialisierung wie im gesamten öffentlichen Dienst eher in Richtung Mittlerer und Gehobener Dienst – oder gar wie bei der Polizei Richtung Gehobener Dienst?

Krause: Das ist eine sehr komplexe Frage, die nicht nur die Marine betrifft. Die Streitkräfte befinden sich derzeit in einer Umbruchphase: die "Kurzdiener" der Vergangenheit haben mit der Komplexität mehr zu kämpfen als die "Längerdiener" der Zukunft, die gegenwärtig ja schon Garanten für mehr Professionalität sind und häufig eine umfangreichere Ausbildung genossen haben.

loyal: Was hieße das für Reservisten, die nicht Feldwebel oder Offizier sind?

Krause: Wenn es denn eine solche Regelung für die aktive Truppe gäbe, dann gelten diese Vorgaben natürlich auch für Reservisten.

loyal: Unabhängig hiervon, was glauben Sie, wie sieht die Marine im Jahr 2025 aus?

Krause: Unsere Marine deckt heute das gesamte Spektrum vom humanitären Einsatz über Krisenbewältigung bis hin zu Kampfeinsätzen hoher Intensität ab. Mit dem Zulauf der Fregatten der Klasse 125 und der fortschreitenden Realisierung des Mehrzweckkampfschiffes MKS 180 wird die Marine auch zukünftig ihre Fähigkeiten erhalten und darüber hinaus weiter ausbauen können. Ein Fähigkeitsgewinn wird sich insbesondere in den Bereichen der Verbandsführung in See und der Fähigkeit in der Wirkung gegen Ziele an Land im Rahmen streitkräftegemeinsamer Operationen einstellen.

loyal: Wird sie bis 2025 eventuell europäisch?

Krause: Unsere Marine ist weltweit im Einsatz, und das rund um die Uhr. Multinationalität und internationale Kooperation sind unser täglich Brot. In der Zusammenarbeit mit anderen Nationen entstehen immer wieder Ideen, wie man ressourcenschonend die Kräfte bündeln kann. Dies ist besonders mit unseren europäischen Partnern nach dem Grundgedanken: "gemeinsam wo möglich, alleine wo nötig" der Fall. Insgesamt wird der Weg über verstärkte multinationale Zusammenarbeit bis hin zu multinationalen Strukturen der Weg in die Zukunft sein.


Das Interview führte Detlef Struckhof

Bild oben: Immer wieder in schwerer See: die Deutsche Marine
(Symbolfoto: Bundeswehr, Jan Pahl, flickr).

2. Bild: Vizeadmiral Andreas Krause (58) ist Inspekteur der
kleinsten Teilstreitkraft der Bundeswehr
(Foto: Presse- und Informationszentrum Marine).

3. Bild: Rückkehr nach einer langen Seefahrt. Begrüßung im Heimathafen.
Marinesoldaten und ihre Familien sind stark belastet
(Symbolfoto: Bundeswehr, Modes, flickr).

4. Bild: An der Marineunteroffizierschule (MUS) Plön wird der
Unteroffiziersnachwuchs der Marine ausgebildet, hier in der Gruppe
auf dem Truppenübungsplatz Boostedt
(Archivfoto: Detlef Struckhof, Deutsche Marine, Presseportal).

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