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Umfangreiche Verbesserungen für die Reserve




Verbandspräsident Oberst d.R. Oswin Veith MdB spricht beim Parlamentarischen Abend des Reservistenverbandes.

Foto: H.C. Plambeck

Artikelgesetz

Das Bundeskabinett hat am 27. Februar das „Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr“ beschlossen. Doch was verbirgt sich hinter diesem sperrigen Begriff? Wer profitiert davon? Und wo gibt es noch Verbesserungsbedarf? Oberst der Reserve Oswin Veith, Präsident des Reservistenverbandes und als Bundestagsabgeordneter auch Mitglied im Verteidigungsausschuss, erklärt im Interview alles Wissenswerte für die Reserve.

Die Reserve: Herr Präsident, können Sie erklären, was es mit dem Artikelgesetz auf sich hat?

Innerhalb des Artikelgesetzes werden insgesamt 32 Gesetze und Verordnungen angepasst. Im Rahmen der Verbändebeteiligung konnten auch wir für unsere Reservistinnen und Reservisten umfangreiche Verbesserungen einbringen. Aktuell findet das Gesetzgebungsverfahren unter Beteiligung des Bundestags und des Bundesrats statt, d.h. das Gesetz wird breit diskutiert, an einigen Stellen verändert und nachgebessert werden. Dafür setze auch ich mich im Verteidigungsausschuss ein.

Die Reserve: Wenn Sie das Gesetz in einem Satz bewerten müssten, wie lautete ihr Fazit?

Veith: Die Neuerungen stellen in ihrer Gesamtheit eine deutliche Verbesserung der Attraktivität des Dienstes dar, sowohl für Aktive als auch für uns Reservisten.

Die Reserve: Im Jahresbericht des Wehrbeauftragten war bereits von einer neuen Wehrdienstart zu lesen, die mit dem Gesetz eingeführt werden soll. Was hat es damit auf sich?

Veith: Durch das Gesetz wird die seit Jahren in der Bundeswehr gelebte Praxis rechtlich fixiert und gleichzeitig erfährt der Reservistendienst eine Aufwertung. Der „Wehrdienst zur temporären Verbesserung der personellen Einsatzbereitschaft“ bildet die gesetzliche Grundlage dafür, dass Reservistinnen und Reservisten, aktive Soldatinnen und Soldaten bei längerer Abwesenheit (z.B. wegen Elternzeit oder Lehrgängen) bis zu zehn Monate vertreten können. Das ist zwar bereits Praxis, erforderte allerdings bisher stets eine Ausnahmegenehmigung. In meinen Augen sind diese ‚Dauerdienste‘ zwar nicht Kernaufgabe der Reserve, orientiert sich aber am derzeitigen Bedarf der Streitkräfte. Diese Zeit wird nicht auf die im Rahmen der Dienstleistungspflicht festgelegte Höchstdauer für Übungen im Frieden angerechnet.

Die Reserve: Bitte gehen Sie auch auf die Änderungen des Unterhaltssicherungsgesetzes (USG) und des Arbeitsplatzschutzgesetzes ein. Was tut sich hier?

Veith: Hier gibt es umfangreiche Verbesserungen! Durch eine Ergänzung des USG und des Arbeitsplatzschutzgesetzes werden zusätzliche Anreize für Reservisten und Arbeitgeber geschaffen. Konkret bedeutet das, dass die Änderung des §1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes für die Arbeitgeberseite zum einen die Erstattung des von ihm ausgezahlten, um die gesetzlichen Abzüge geminderten Arbeitsentgelts für den 15. bis 30. Wehrübungstag sowie zum anderen die Erstattung von Kosten für die Einstellung einer Ersatzkraft auf Grund einer Übung des Arbeitsnehmers in einem bestimmten Umfang vorsieht. Beide Leistungen setzen eine Antragstellung durch den Arbeitgeber voraus.

Weiterhin soll mit verbesserten Leistungen für Kurzübungen die territoriale Reserve gestärkt werden. Das Dienstgeld – etwa doppelt so hoch wie die Reservistendienstleistungsprämie-, welches unabhängig von einem Verlust des Einkommens gewährt wird, soll künftig nur bei Kurzübungen unter vier Tagen an Samstagen, Sonntagen oder gesetzlichen Feiertagen gewährt werden. An dieser Stelle greift das Gesetz noch zu kurz und muss deutlich angepasst werden.

Neufassung des Wehrsoldgesetzes und des USG führen zu einer Angleichung der Zulagen

Darüber hinaus wird nun ein Zuschlag ab dem 15. Tag Reservistendienst im Kalenderjahr eingeführt, da sich der Verpflichtungszuschlag für mindestens 19 Tage Reservistendienst in der Praxis nicht bewährt hat und kaum angenommen wurde.

Die Neufassung des Wehrsoldgesetzes und des USG führen zu einer Angleichung der Zulagen für Reservistendienstleistende an die Zulagen der Soldatinnen und Soldaten auf Zeit. Hierzu sind im USG die Kaufkraftanpassung (bei Einsatz im Ausland), der Zuschlag für herausgehobene Funktionen, der Zuschlag für besondere Erschwernisse, der Zuschlag für besondere zeitliche Belastungen, der Auslandsverwendungszuschlag sowie der Auslandszuschlag geregelt. Hier gibt es endlich gleiche Leistungen für Reservistinnen und Reservisten wie für aktive Soldatinnen und Soldaten.

Außerdem werden die Sachleistungen für Teilnehmerinnen oder Teilnehmer an Dienstlichen Veranstaltungen nach §81 Soldatengesetz aus dem Wehrsoldgesetz in das USG aufgenommen und ein Anreiz für mehr Reservistendienst an Wochenenden oder Feiertagen durch die Gewährung eines Zuschlags für die Verpflichtung zu längerem Dienst geschaffen. Zudem sollen Reservistendienstleistende zukünftig wählen können, ob für sie die Mindestleistung oder die Leistungen zum Ausgleich des Verlusts des Erwerbseinkommens günstiger sind.

Zusätzlich sind künftig 80 statt bisher 60 Prozent der Leistungen aus dem USG beitragspflichtig zur Rentenversicherung, das heißt die Bemessungsgrundlage wird größer. Der Dienstherr zahlt mehr in die Rentenkasse ein und der Reservist hat somit später eine entsprechend höhere Rente. Die Erhöhung der Mindestleistung gleicht die höheren, zu entrichtenden Beträge für Geringerverdiener zur Rentenversicherung aus und reduziert für diese Gruppe der Reservisten das Altersarmutsrisiko. Diese Reform war dringend notwendig.

In der Praxis hat sich darüber hinaus gezeigt, dass Selbstständige insbesondere bei einem Reservistendienst am Anfang eines Kalenderjahres weder den Einkommenssteuerbescheid des letzten noch den des vorletzten Veranlagungszeitraums erhalten haben. Durch Entbürokratisierung bzw. Vereinfachung der Antragsstellung nach dem USG soll die Vorlage des letzten erhaltenen Einkommensteuerbescheids ausreichend sein und man hat sechs statt drei Monate Zeit, um den Antrag nach Ende des geleisteten Dienstes zu stellen.

Die Reserve: Gibt es weitere Neuerungen, die das Artikelgesetz vorsieht?

Veith: Ja die gibt es durchaus, über eine freue ich mich ganz besonders: Die Abschaffung der sogenannten Reservistenkordel! Derzeit dürfen ehemalige Soldatinnen und Soldaten, außerhalb eines Wehrdienstverhältnisses mit entsprechender Erlaubnis ihre Uniform mit der besonderen Kennzeichnung, der schwarz rot goldenen Litze, tragen. Dieses Unterscheidungskennzeichen wird künftig wegfallen. Die Zusammengehörigkeit von Aktiven und Reservisten wird hierdurch endlich sichtbar unterstrichen.

Auch die Gültigkeit der Dienstfähigkeitsbegutachtung – die Gesundheitsüberprüfung – wird für Reservistinnen und Reservisten von zwei auf drei Jahre verlängert.

Die Reserve: An welchen Stellen des Gesetzes muss nach Ihrer Meinung nach noch nachgebessert werden?

Veith: Zunächst möchte ich ausdrücklich betonen, dass ich im Artikelgesetz vor allem viele Verbesserungen für die Reserve sehe. Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass sich das Gesetz aktuell noch im Gesetzgebungsverfahren befindet und dadurch noch entscheidende Änderungen eingebracht werden können. So beispielsweise bei der Besoldung von Kurzübungen. Hinsichtlich der Reserve werde ich im Verteidigungsausschuss entsprechende Verbesserungen einbringen, um das bestmögliche herauszuholen, damit ein größtmöglicher Personenkreis vom neuen Gesetz profitiert.

Die Reserve: Wann werden die Änderungen in Kraft treten?

Veith: Die Neuerungen sollen mit Verkündung des Gesetzes Mitte 2019 in Kraft treten. Einige Anteile werden jedoch erst Anfang nächsten Jahres oder später wirksam.

Die Reserve: Herr Abgeordneter Veith, ich danke Ihnen für das Gespräch!

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