Iran – Der IAEA-Bericht 2010
Am 18. Februar 2010 veröffentlichte das "Board of Governors" (BoG) der IAEA einen weiteren Bericht zur Lage in Iran. Er listet Irans Verhalten zur Urananreicherung seit November 2003 auf und enthält zahlreiche kritische Anmerkungen zur Nichteinhaltung geforderter Berichte und Unterlagen. Seit November 2003 will Iran alle Aktivitäten zur Urananreicherung ausgesetzt haben. Jeweils im Februar 2006 und 2007 nahm es diese Aktivität in der Pilotanlage und der Aufbereitungsanlage in Natanz wieder auf. Von Februar 2007 bis zum 22. November 2009 produzierte Iran 1808 Kilogramm gering angereichertes Uranhexafluorid (UF6). Am 10. Februar 2010 hatte Iran, noch bevor die erforderlichen Prozeduren gemäß Artikel 45 des "Safeguards Agreement" installiert werden konnten, mit der weiteren Anreicherung auf 20 Prozent begonnen und dies als für seinen Forschungsreaktor erforderlich begründet. Die IAEA stellte ferner fest, dass von März 2004 bis Februar 2010 in Isfahan 371 Tonnen UF6 produziert wurden, wovon ein Teil nach Natanz verbracht wurde.
Am 21. September 2009 hatte Iran die IAEA darüber informiert, dass in Fordow bei Qom eine weitere, seit 2007 geplante Pilotanlage zur Urananreicherung gebaut werde. Die IAEA kritisierte, gestützt auf externe Quellen, die nur spärlich beantworteten Fragen zur Chronologie und die bis heute unerfüllte Forderung des Zugangs zu den daran beteiligten Unternehmen.
Gemäß Resolution 1737 (2006) des UN-Sicherheitsrats (UNSR) hatte Iran jegliche Aktivitäten an Schwerwasserprojekten inklusive eines Forschungsreaktors einzustellen. Am 25. Oktober 2009 fanden Prüfer der IAEA in Isfahan zahlreiche Fässer mit Schwerwasser. Sie zählten dort am 17. Januar 2010 756 50-Literfässer mit Schwerwasser, durften aber entgegen allen Bestimmungen keine Proben entnehmen. Auch wurde ihnen der Zutritt zur Schwerwasserproduktionsanlage (HWPP) in Arak verweigert.
Aus Aufnahmen von Satelliten ging am 8. Februar 2010 hervor, dass entgegen den Resolutionen von BoG und UNSR der dortige Reaktor IR-40 weitergebaut wurde und die HWPP erneut den Betrieb aufgenommen hatte. Am 15. Februar 2010 wurde erneut Zutritt zur HWPP, zur Anlage in Isfahan und zu anderen Einrichtungen mit Schwerwasserprojekten gefordert. Eine Zustimmung steht immer noch aus.
Nachdem Iran den Bau von weiteren zehn Urananreicherungsanlagen bekannt gemacht hatte, verlangte die IAEA Auskunft über Struktur und Zeitplan der Anlagen. Iran antwortete, es würde der Agentur Informationen, sofern überhaupt notwendig, mitteilen. Gemäß dem von Iran 2003 akzeptierten, aber bisher nicht implementierten modifizierten "Code 3.1" hätte es unmittelbar Auskunft über neu geplante Projekte geben müssen. So konnte Iran rechtzeitige Sicherheitsmaßnahmen seitens der IAEA verhindern, untergrub aber zugleich die Vertrauensbildung. Schließlich bestätigten Satellitenaufnahmen nicht angekündigte Aktivitäten in der Uranproduktionsanlage bei Bandar Abbas.
Die IAEA zeigt sich hinsichtlich einer militärischen Ausrichtung des iranischen Atomprogramms besorgt. Zur Sicherstellung, dass Irans Nuklearmaterial ausschließlich zu friedlichen Zwecken verwendet wird, muss die IAEA von der Abwesenheit einer militärischen Dimension des Atomprogramms überzeugt sein.
Dies sieht sie anhand ihrer auf unterschiedlichen Quellen basierenden, konsistenten und glaubwürdigen Informationen als nicht gegeben. Daraus resultiert die Besorgnis über die mögliche Existenz unentdeckter Aktivitäten zur Entwicklung nuklearer Sprengköpfe für Raketen, die von nicht kontrollierbaren militärischen Organisationen getätigt werden.
Iran verweigert den Zutritt zu suspekten Einrichtungen wie auch Interviews mit Personen, verschweigt technische Details wie zur Entwicklung von Zündern und lehnt die Übergabe bestimmter Dokumente ab. Generaldirektor Amano bekräftigte am 1. März 2010 erneut, es gebe keine Garantie, dass Irans Nuklearmaterial ausschließlich für friedliche Zwecke genutzt werde, denn seine Kooperation sei unzureichend. (bw)