Wirklich attraktiv ist die Reserve nur dann, wenn Ausstattung und Ausbildung stimmen. Immer wieder beklagen sich Reservedienstleistende über fehlende persönliche Ausstattung, insbesondere fehlende Stiefel, und über das mangelnde Angebot an Lehrgangsplätzen. Das geht aus dem Jahresbericht des Wehrbeauftragten hervor.
Dr. Hans-Peter Bartels hat den Jahresbericht für 2019 am (heutigen) Dienstag in Berlin vorgestellt. Auf 118 Seiten beschreibt er, wo den Soldatinnen und Soldaten der sprichwörtliche Schuh drückt, etwa zu wenig Personal, zu viel Bürokratie, Materialmängel. Auf zwei Seiten geht es ausschließlich um die Reserve.
Immer wieder ist zu betonen, dass die Reserve nach Aussetzung der Wehrpflicht eine Brücke in die Gesellschaft bildet, schreibt Bartels. Sie trägt dazu bei, dass die Bundeswehr in deren Mitte verankert bleibt. Umso bedauerlicher sei es, wenn Reservisten von Misstrauen sowie fehlender Anerkennung und Wertschätzung berichten. Das trifft vor allem auf die Beorderten in den Kreisverbindungskommandos zu. „Sie empfanden es als bürokratisch und demütigend, dass sie nach jeder Reservedienstleistung ihren Truppenausweis zurückgeben und bei der nächsten Reservedienstleistung wieder abholen mussten. Hierzu hätten sie sich zunächst mit Personalausweis und Heranziehungsbescheid vor der Wache auszuweisen. Eine Verfahrensänderung sollte hier möglich sein“, so Bartels.
Positiv: Rechtliche Verbesserungen
Als positive Neuerungen beschreibt Bartels in seinem Bericht die im vergangenen Herbst vorgestellte Strategie der Reserve und das Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. „Zum 1. Januar 2020 traten für die Reservistinnen und Reservisten mit diesem Gesetz weitere Verbesserungen der sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Kraft, darunter ist vieles, was den Anregungen des Wehrbeauftragten aus den vergangenen Jahresberichten entspricht. Reservisten bekommen nun die gleichen Zuschläge wie Soldaten auf Zeit oder Berufssoldaten, und die Anpassung der Rentenbemessungsgrundlage sichert ihnen eine bessere Versorgung im Alter.“
Negativ: Kurzfristige Aus- und Umplanungen
Klagen über kurzfristige Aus- und Umplanungen mit großem Bürokratieaufwand sind laut dem Jahresbericht ebenfalls nicht selten. Wie so häufig in der Bundeswehr seien auch hier zu viele Stellen mit der Bearbeitung der gleichen Angelegenheit befasst. „Sinnvoller wäre eine Zuständigkeit auf regionaler Verbandsebene, Wehrübungen sollten direkt dort beantragt und bearbeitet werden. Auch wenn die Werbung der Bundeswehr suggeriert, dass einer raschen Einplanung von Reservisten nichts entgegenstehe, müssen Bewerber selbstverständlich über die erforderlichen Qualifikationen für die zu besetzenden Stellen verfügen“, schreibt Bartels.
Ungerecht scheint es auch, wenn die Bundeswehr bei der Einstellung in die Reserveoffizierlaufbahn ausgeschiedene Soldaten und Seiteneinsteiger unterschiedlich behandelt: Ehemalige Soldaten auf Zeit mit zwischenzeitlich erworbener zivilberuflicher Ausbildung, zum Beispiel einem Studienabschluss, sahen sich gegenüber Seiteneinsteigern benachteiligt. Während die Ehemaligen zunächst ihren letzten Dienstgrad aus der aktiven Zeit erhielten, wurden Seiteneinsteiger mit gleichem Abschluss bereits mit einem vorläufig höheren Dienstgrad beordert.
Bartels dazu: „Die Verleihung eines vorläufig höheren Dienstgrades für Seiteneinsteiger soll einen besonderen Anreiz für den Einstieg in die Soldatenlaufbahn setzen. Dies ist nach gängiger Rechtsprechung keine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung. Aber auch wenn gute Gründe dafür sprechen, kann die gefühlte Ungleichbehandlung dazu führen, manche ehemaligen Zeitsoldaten als Reservisten zu verlieren. Die Bundeswehr sollte eine Regelung finden, die beiden Seiten gerecht wird.“
Den kompletten Bericht können Sie hier herunterladen. Die Passagen zur Reserve finden Sie ab Seite 41.